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Gestaendnis unter suedlicher Sonne

Gestaendnis unter suedlicher Sonne

Titel: Gestaendnis unter suedlicher Sonne
Autoren: Marion Lennox
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in ihr tobenden Schmerz zu lösen und durch ihn hindurchzuschauen.
    Ramón hatte seine Familie verloren und war zum Einzelgänger geworden. Nun sah er sich gezwungen, sich um sein Land zu kümmern und um diesen Fünfjährigen. Cepheus brauchte ihn, und Philippe ebenfalls. Aber diese Verantwortung allein zu tragen …
    Klassenunterschiede stellen Barrieren dar, überlegte sie, genauso wie Trauer und Leid. Und Barrieren konnte man niederreißen. War sie stark genug, um sie aus dem Weg zu räumen? Wollte Ramón es überhaupt?
    Wenn ich sie um unseretwillen bezwungen habe, fragte sie sich als Nächstes, denn ihre Gedanken gingen wild durcheinander, kann ich auch Philippe lieben? Konnte sie erneut ein Kind ins Herz schließen?
    Tränen versperrten ihr immer mehr die Sicht. Trotzdem bemerkte sie, dass Ramón zu ihr blickte und winkte. Es wirkte, als wollte er sie auffordern, sich zu ihnen zu gesellen.
    Jenny winkte zurück. Dann wandte sie sich ab, scheinbar um etwas abseits vom Wasser ihre Kleidung abzustreifen. In Wirklichkeit wollte sie aber ihr Gesicht erst in Ordnung bringen – und ergründen, ob sie mutig genug war, die Probe aufs Exempel zu machen.
    Vielleicht wollten die beiden sie nicht? Vielleicht waren ihre spontanen Gefühle für Philippe falsch? Vielleicht waren Ramóns Empfindungen nur kurzlebig und oberflächlich? Ihr Herz sagte ihr etwas anderes. Doch konnte sie ihm vertrauen?
    Wenn du dich irrst, überlegte sie, kannst du immer noch gehen. Aber versuch zuerst dein Glück. Und was Matty betraf … Wieder zu lieben konnte kein Verrat an ihm sein, oder?
    Du bist verrückt, rief sie sich zur Vernunft, während sie ihre Sachen auszog und sich bemühte, ihre Gedanken zu ordnen. Sie stellte sich Dinge vor, die nie Realität werden konnten. Sollte sie das Ganze lieber bleiben lassen?
    Sie blickte zu Ramón und Philippe hin, die sich im Seichten vergnügten. Und im nächsten Moment spürte sie mit fast schon überwältigender Macht den Wunsch, dass sie zu ihr gehören sollten. Meine beiden Männer, dachte sie versonnen. Eventuell war es ja doch möglich, dass sie es wurden.
    Cepheus konnte von Ramón haben, was es benötigte. Aber sie würde darum kämpfen, ebenfalls einen Teil abzubekommen. Wenn sie den Mut aufbrachte. Jenny putzte sich die Nase. Wenn sie erst ein wenig schwamm, bevor sie sich zu den beiden gesellte, dürfte sie wieder respektabel aussehen.
    Und wenn nicht? Dann ist es auch egal, entschied sie, während sie aufs Wasser zuschlenderte. Sie wollte mit all ihren Fehlern und Schwächen akzeptiert werden. Außerdem hatten sie alle ein Päckchen zu tragen.
    Zweifellos riskierte sie es, zurückgewiesen zu werden. Was, wenn sie sich täuschte, Ramón sie nicht wollte und Philippe sie nicht brauchte? „Mach jetzt bloß nicht kehrt“, forderte sie sich leise auf.
    Vielleicht irrte sie sich nicht und besaß obendrein den Mut, den zumindest Consuela ihr zutraute. Vielleicht galt es, nicht um Ruhe und Gelassenheit zu kämpfen, sondern um ihrer aller Glück.
    Sie schwammen, vergnügten sich am Strand und ließen sich das vom Palastkoch zubereitete Picknick schmecken. Als sie schließlich aufbrachen, war Philippe so müde, dass er im Wagen einschlief.
    Vorsichtig hob Ramón ihn auf dem Bauernhof aus dem Auto. Der Kleine wachte trotzdem auf, begann zu weinen und klammerte sich an ihn. Ramón trug ihn ins Haus, während Jenny stur geradeaus sah und sich wie schon auf der ganzen Fahrt fragte, ob sie es wagen würde.
    Zwei Minuten später kehrte Ramón zurück. Er stieg ein und saß dann mit grimmiger Miene reglos und stumm hinterm Steuer. Jetzt oder nie, dachte Jenny. Sie atmete tief ein und legte ihre Hand auf seine.
    â€žEr liebt dich.“
    Ramón blickte auf ihre Hände. „Das kann er nicht. Wenn meine Besuche ihn traurig machen, sollte ich sie einstellen.“
    â€žMöchtest du es?“
    â€žNein.“
    â€žWarum nimmst du ihn nicht mit in den Palast? Warum bringst du ihn nicht nach Hause?“
    Er schwieg einen Moment. „Ich soll ihn mit in den Palast nehmen, wo ich am Tag nur ein paar Minuten für ihn habe? Was ist mit der restlichen Zeit?“
    â€žLass ihn bei Leuten, die ihn lieben.“
    â€žBei wem zum Beispiel?“
    â€žBei Consuela und Ernesto.“ Jenny drückte seine Hand fester. „Ramón, du akzeptierst die
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