Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte Hessens

Geschichte Hessens

Titel: Geschichte Hessens
Autoren: Frank-Lothar Kroll
Vom Netzwerk:
(1224–1275) – die Tochter der Heiligen Elisabeth. Nicht zuletzt unter Berufung auf ihre allseits verehrte Mutter gelang es Sophie von Brabant, den Thronstreit für sich zu entscheiden, indem sie ihren erst 1244 geborenen Sohn Heinrich 1247 von der Ritterschaft und den Bürgern der Städte Hessens in Marburg kurzerhand zum neuen Landgrafen Heinrich I. ausrufen ließ. Dieser kühne Schritt der mutigen und machtbewußten Frau begründete die territoriale Selbständigkeit des Landes Hessen. Zwar wurde der hessisch-thüringische Erbfolgekrieg vertraglich erst 1263/64 endgültig beendet. Doch Landgraf Heinrich I., «das Kind von Hessen» († 1308), behauptete sich in seinem ihm von der Mutter erstrittenen Besitz. 1292 wurde er durch den 1298 zum deutschen König gewählten Adolf von Nassau in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben, 1373 erfolgte die Anerkennung des Territoriums als Reichslehen. Das Haus Brabant regierte in Teilen Hessen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs.
     
    Nassau
. Mit alledem war das Landgrafenhaus endgültig als führende Macht vor allen anderen gräflichen Geschlechtern in Hessen etabliert. Denn der einzige ernsthafte Konkurrent, die im Raum zwischen Sieg, Lahn, Rhein und Main, im Westerwald und im Taunus begüterten Grafen von Nassau (seit 1160), versank zunehmend in politische Bedeutungslosigkeit, weil das nassauische Herrschaftsgebiet seit 1255 in immer neue Nebenlinien erbrechtlich aufgeteilt wurde. Die walramische Linie südlich der Lahn zerfiel in die Linien Nassau-Ottweiler, Nassau-Saarbrücken, Nassau-Usingen, Nassau-Weilburg und Nassau-Idstein-Wiesbaden. Die ottonische Linie nördlich der Lahn bestand aus den Linien Nassau-Siegen, Nassau-Herborn, Nassau-Hadamar, Nassau-Dillenburg und Nassau-Beilstein, später kamen nochdie Linien Nassau-Oranien und Nassau-Diez hinzu. Zeitweise, im 17. Jahrhundert, existierten nicht weniger als zehn nassauische Grafschaften nebeneinander.
     
    Konsolidierung der Landgrafschaft
. Sinnfälliger Ausdruck der neu errungenen Machtstellung des Hauses Hessen wurden in den folgenden Jahrzehnten der Ausbau der Marburger Burg zum landgräflichen Schloß sowie die dortige Elisabethkirche, die der Deutsche Orden in fast 50jähriger Bauzeit, zwischen 1235 und 1283, über dem Grab der Heiligen Elisabeth errichten ließ. Die Elisabethkirche kann für sich den Ruhm des ersten frühgotischen Gotteshauses rechts des Rheins beanspruchen. Mit ihren jeweils gleich hoch konstruierten Mittel- und Seitenschiffen fand das System der Hallenkirche weit über Hessen hinaus Verbreitung. Marburg war damit eine zeitlang das politische und ideelle Zentrum des Landes, bevor dann (ab 1277) der Aufstieg Kassels zur fürstlichen Residenz der alten Stadt an der Lahn den Rang ablief.
    Entscheidende Schritte zur gebietsmäßigen Konsolidierung und Abrundung der Landgrafschaft Hessen bildeten die Erwerbung der Grafschaft Ziegenhain (durch Erbschaft) 1450, welche eine Landverbindung zwischen den bis dahin räumlich voneinander getrennten Gebietsteilen Niederhessen (Kassel) und Oberhessen (Marburg) schuf, sowie die Übernahme der Grafschaft Katzenelnbogen (durch Heirat) 1479. Die Grafen von Katzenelnbogen (nachweisbar seit 1060, Grafentitel seit 1138) hatten ihre umfänglichen Besitzungen zwischen Taunus, Lahn und Rhein durch Etablierung einer gut funktionierenden Verwaltung und durch herausragende kulturelle Aktivitäten ihres Hofes (Burgenbau, Förderung des Minnesangs, Turnierspiele) zu einer der angesehensten Territorialmächte des spätmittelalterlichen Deutschen Reiches ausgebaut. Der Anfall der Grafschaft Katzenelnbogen verlieh der Landgrafschaft eine neue territorialpolitische Entwicklungsrichtung nach Südwesten, zum Mittelrhein hin, welche die Geschichte Hessens seitdem entscheidend mitbestimmen sollte. Mit den bisher katzenelnbogischen Gebieten um St. Goar, Darmstadt, Rüsselsheim und Groß-Gerau gewannendie hessischen Landgrafen nicht nur bevölkerungsreiche Außenposten nahe der Freien Reichsstadt Frankfurt am Main und unmittelbar vor den Toren des alten machtpolitischen Rivalen Mainz, wo übrigens wenige Jahre zuvor (1445) der rheinhessische Goldschmied Johannes Gutenberg (1397–1468) durch die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern die Revolutionierung des Leseverhaltens eingeleitet hatte. Die Katzenelnbogener Erbschaft brachte darüber hinaus auch Reichtum und Wohlstand nach Hessen, denn die Grafen von Katzenelnbogen verwalteten exklusiv den Rheinzoll südlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher