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German für Deutsche

German für Deutsche

Titel: German für Deutsche
Autoren: Jo Wueller
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lade ich zum Mitspielen ein. Das Spiel wird auf dem Feld der Sprache getrieben. Je mehr Spielsteine ins Feld kommen, desto anregender kann es werden. Spielsteine sind Wörter, gleich aus welcher Sprache.
    Mich beunruhigen Wörter nicht, gleich ob sie deutschen, englischen, griechischen oder lateinischen Wurzeln entstammen. Unbekannte Wörter sind für mich reizvoll. Es ist anregend, den Wurzeln, aber auch dem Wissen und den Absichten (oder den unabsichtlichen Dummheiten) ihrer Sprecher und Schreiber auf die Spur zu kommen. Der gängigen Kritik am so genannten » Denglisch« schließe ich mich deshalb nicht an.
    Sprachkultur entsteht nicht durch den Versuch, Wörter als Schwarze Schafe auszusondern, sondern durch bewussten, aneignenden Umgang. Der sollte aber nicht streng, sondern spielerisch sein. Spielen kann nur, wer eine gewisse Sicherheit mit dem Spielmaterial entwickelt hat. Die Texte in diesem Buch sind also auch kleine Übungen oder Trainingsstationen. (Sie waren es auch für den Autor, der auch nicht alles vorher wusste, was hier steht. Er hat es sich mit Spaß und Mühe erarbeitet.)
    Brauchen wir Wörter aus anderen Sprachen?
    Die Frage ist falsch gestellt. Es geht nicht darum, ob wir englische Wörter brauchen. Es gibt überhaupt keine moderne, offene Sprache, die ohne Wörter aus anderen Sprachen auskommt. (Womit Grenzfälle, wie isolierte Stammessprachen in unzugänglichen Weltgegenden, ausgeklammert sind.) Die » reine«, von fremdsprachlichen Einflüssen unbefleckte Sprache ist ein weltfremder Traum von Sprachromantikern.
    Was hat das Englische selbst erdulden müssen? In drei Wellen hat die lateinische Sprache seit den Eroberungen der Römer das Englische massiv beeinflusst. Grund dafür, dass das Schullatein einem heutigen Deutschen beim Erlernen des Englischen sehr hilfreich sein kann und dass viele Anglizismen aus Wirtschaft und Technik, die genau besehen Latinismen mit englischer Aussprache sind, von einem Lateinkundigen sehr leicht verstanden werden. » Consultant«, » Destination« oder » Performer« sind Beispiele.
    Nach der normannischen Invasion von England 1066 nach Christus war das Inselreich für etwa 200 Jahre zweisprachig. Adel und Oberschicht sprachen normannisches Französisch, das Mittelenglische diente als Volkssprache. Ein versierter Sprecher des heutigen Englisch könnte daher Texte in drei Englischvarianten verfassen: einer germanisch-angelsächsischen, einer normannisch-französischen und einer lateinisch infizierten.
    Eroberungszüge, Nachbarschaft und Handel reicherten Sprachen über Jahrtausende mit fremdem Material an. Die Globalisierung seit dem 15. Jahrhundert (Renaissance und Fernreisen, Humanismus und Bankwesen) hat Kulturen gegeneinander durchlässig gemacht. Mit den Menschen wandern seither Produkte, Sitten und Spracheigenheiten von einem Land und Sprachgebiet zum anderen.
    Und in welchen Wellen wurde das Deutsche infiltriert?
    Schon die späte Antike bescherte uns mit » Kaiser«, » Kerze« oder » Tisch« gut abgeschliffene Lehnwörter aus dem Lateinischen (die wiederum wie bei lateinisch discus [ » Scheibe«; » Platte«] aus dem Griechischen – hier: diskos – entlehnt sind). Im frühen Mittelalter ist die Kirche verantwortlich für die Leitkultur und liefert » Papst« und » Ketzer«, » Pfarrer«, » Teufel« und » Engel« aus dem Griechischen. In der Neuzeit des 15. Jahrhunderts dominieren die italienischen Metropolen und infiltrieren uns gleichzeitig mit dem modernen Geldwesen wie den passenden Wörtern » Bank« oder » Konto«.
    Das 17. und 18. Jahrhundert ist in Mitteleuropa durch die französische Kultur geprägt. Folglich reden wir seither über die Frisuren und Brokatkleider von Kusinen auf unseren Terrassen, essen dazu Marmelade und planen unsere abendliche Ballettvisite. Gallizismen, also Entlehnungen aus dem Französischen, wie » Abonnement«, » Annonce« oder » Arrangement« haben sich aber auch mit ganz unverfälschter Schreibweise eingenistet; entsprechend anspruchsvoller wurden die Anforderungen an unsere Rechtschreibung.
    Aber wir kennen auch Russizismen ( » Kreml«, » Mammut«, Sputnik«, » Zobel«) und etliche Hispanismen im Deutschen. » Cafeteria« und » Embargo«, » Kannibale« und » Melasse«, » Quadrille« und » Vanille« sind Wörter spanischer oder lateinamerikanischer Herkunft. Warum benutzen wir diese Wörter, wiewohl doch für » Kannibale« der » Menschenfresser« zur Verfügung steht und » Melasse« etwas weniger
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