Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geraubte Seele

Geraubte Seele

Titel: Geraubte Seele
Autoren: Zoe Zander
Vom Netzwerk:
zu erkennen. Ich seufzte innerlich und das nicht nur, weil seine Uhr falsch ging.
    „Ich hoffe, mein Mann erwartet mich vor dem Eingang mit einem Regenschirm“, bemühte ich mich um einen ganzen Satz und fügte noch hinzu: „Ich habe keine Lust, nass zu werden.“ Das Grinsen verschwand ihm daraufhin aus dem Gesicht und er stieg bei der nächsten Gelegenheit aus.
    Ich stellte die Aktentasche ab und betrachtete mich nochmals in der Edelstahlplatte der Bedienkonsole. Ich sah aus wie eine der Businessschlampen aus einer besseren Pornoproduktion und das, obwohl mein Outfit nicht von der Stange, sondern aus einem Designerladen stammte. Während meiner Praktika in renommierten Anwaltskanzleien habe ich noch keine Frau gesehen, die tagsüber auf fünfzehn Zentimeter hohen Absätzen herumlief, oder deren Kostümrock gerade mal die Pobacken verdeckte. Mein Dutt erinnerte zudem eher an eine alte Bibliothekarin, aber – das alles sollte so sein.
    Ich nahm die Sonnenbrille ab, verstaute sie in der Tasche, wo sich meine anderen Klamotten befanden. Dann setzte ich mir eine Brille mit normalen Gläsern auf, die mir noch ein viel strengeres Erscheinungsbild verlieh.
    Ich trug selten Schmuck, obwohl ich als Kind Ohrringe liebte. Heutzutage verzichtete ich auf diese, genauso auf Ringe, Armbänder und Ketten. Bei Terminen wie diesem legte ich sogar die Uhr ab.
    Ich machte die Tasche zu, und als der Aufzug in der untersten Ebene der Garage ankam, stieg ich aus.
    Parkhäuser hatten eine ganz spezielle Atmosphäre. Sie waren weder dreckig, noch sauber und trotz der Lüftungsanlage hing der Geruch der Abgase und der Ölflecken in der Luft. Meine Absätze klopften bei jedem meiner Schritte, passend zum Takt der Wassertropfen aus dem kaputten Rohr des Abwassersystems, die auf das Dach eines giftgrün lackierten BMWs trommelten.
    Irgendwo quietschte ein lockerer Keilriemen, anderswo schlug jemand eine Autotür zu. Dann piepte die Fernbedienung, ehe einige Zeit später der Aufzug mit einem Glockenton seine Ankunft signalisierte.
    Ich ging an den Frauenparkplätzen vorbei, bog bei der Säule mit einem Feuerlöscher nach links und blickte zu der Kamera rüber, die sich zwischen den Lüftungsschächten in der Deckenkonstruktion befand. Jemand hatte sie in einen schwarzen Plastiksack eingewickelt. Ich nahm die Aktentasche in meine linke Hand und griff mit meiner rechten in die leere Jackentasche, als würde ich dort den Autoschlüssel vermuten.
    Hinter mir quietschten Reifen und als ich mich umdrehte, raste ein dunkler Lieferwagen geradewegs auf mich zu. Hinter der Heckscheibe erkannte ich zwei Männer in dunklen Anzügen. Auf den Köpfen trugen sie schwarze Masken, die jedermann sofort mit Bankraub in Verbindung bringen würde.
     
    Der Wagen blieb abrupt stehen. Die zwei vorderen und die seitliche Schiebetür gingen auf, vier Männer stiegen aus. Ich flüchtete mich zwischen zwei Autos. In diesen Schuhen war ich nicht besonders schnell und so holten sie mich rasch ein.
     
    „Fuck!“, fluchte einer von ihnen. Mir war klar, dass ich später dafür büßen werde, auch wenn auf dem Zettel deutlich stand: So real wie möglich und keine Rücksicht nehmen. Ich schlug also mit der Tasche wie wild um mich, bevor sie mir aus der Hand gerissen wurde. Im weiteren Gerangel rutschte mir die Brille von der Nase und eines der Gläser ging zu Bruch. Meine Strümpfe bestanden binnen weniger Sekunden aus lauter Laufmaschen.
    Trotz ihrer Überzahl gelang es mir schließlich, mich loszureißen. Ich rannte sofort davon. Besser gesagt – ich hinkte. Meine Schuhe drückten wie verrückt, da sie viel zu eng waren. Das war wichtig, denn ich durfte sie auf keinen Fall verlieren.
    Bevor ich den Abschnitt der nächsten funktionierenden Kamera erreichte, holten sie mich erneut ein. Während mich zwei von ihnen an den Armen packten, stülpte mir der Dritte einen schwarzen Leinensack über den Kopf und zog die Kordel am unteren Ende zusammen, sodass ich nicht mehr sehen konnte, wohin mich meine Beine führten.
    Ich hab von Anfang an geschrien, gequietscht und gekreischt wie ein hysterisches Weib. Nun lag es an ihnen, mich hier wegzubringen, ehe irgendjemand ungewollt zum Zeugen werden sollte.
    Zuerst landete meine Aktentasche mit einem lauten Knall auf der Ladefläche des Lieferwagens, dann folgte ich. Sie warfen mich hinein, als wäre ich auch nur ein Stück aus Leder mit ein paar Knöpfen und Schnallen. Mit dem Sack am Kopf war es wortwörtlich ein Blindflug. Bei der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher