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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung
Autoren: Greg Iles
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fand sie immer noch keine Worte.
    »Du hasst mich«, sagte der General. »Aber du bist genau wie ich.«
    »Nein«, flüsterte Geli.
    »Doch. Und du weißt, was du zu tun hast.«
    Prototyp-Komplex
    Rachel erwachte um zehn vor sieben aus ihrer Narkose. Ich reichte ihr eine kleine Flasche Wasser, und sie trank den größten Teil mit wenigen Schlucken aus. Zehn Minuten später verkündete Zach Levin, dass Rachels Neuromodell erfolgreich komprimiert und gespeichert worden war.
    Die menschliche Arbeit war geleistet.
    Rachel, Levin, Ravi Nara und ich umrundeten die große magnetische Abschirmung, die Trinity vor den Feldern der MRI-Apparatur schützte, und blieben vor der schwarzen Kugel stehen. Ich dachte, Trinity würde vielleicht etwas Bedeutsames sagen, doch seine Worte waren rein technischer Natur.
    »Ich bin jetzt mit dem Godin Four verbunden und habe mit einer vergleichenden Untersuchung der Daten in jedem der beiden Neuromodelle begonnen. Vieles davon ist redundant, insbesondere die Bereiche, die Lebenserhaltungsfunktionen betreffen. Ich werde während des Verschmelzungsprozesses den größten Teil davon löschen.«
    »Bist du sicher, dass dieses partielle Löschen ohne negative Nebenwirkungen durchgeführt werden kann?«, fragte Levin.
    »Ja. Es sollte außerdem die Dauer des adaptiven Schocks verringern, der in der Vergangenheit auf das Laden des Modells erfolgte. Vielleicht verhindert es den Schock sogar völlig. DerSubtraktionsprozess ist in jedem Fall notwendig. Meine Kristallmatrix kann praktisch unbegrenzt viele Daten speichern, doch die Gesamtzahl meiner Neuroverbindungen reicht nicht aus, um zwei unkomprimierte Neuromodelle zu laden. Ich werde sehr viel löschen müssen, nicht bloß Lebenserhaltungsfunktionen. Sobald ich mit dem Verschmelzen der höheren Hirnfunktionen beginne, ist es genauso sehr eine Frage der Kunst wie der Wissenschaft.«
    »Wie lange wird der Prozess deiner Meinung nach dauern?«, fragte Levin.
    »Das kann ich nicht sagen, weil es noch nie einen derartigen Versuch gegeben hat.«
    »Aha. Danke sehr.«
    Die Laser im Innern der Kugel aus Nanoröhrchen begannen mit atemberaubender Geschwindigkeit zu feuern. Über den Plasmaschirm in der Basis Trinitys huschten Zahlen und mathematische Symbole mit einer Geschwindigkeit, die sich jedem menschlichen Begriffsvermögen entzog, und spiegelten die internen Operationen des Geräts in einer von Menschen geschaffenen, längst keinem sinnvollen Zweck mehr dienenden Sprache wider.
    Wir standen stumm und sahen zu wie bei der Geburt eines Kindes oder einem Meteoritenschauer am Abendhimmel. Der Prozess lief immer schneller ab, und ich fühlte mich an meine Kindheit erinnert, als ich mit meinem Vater vor dem Fernseher gesessen und voller Staunen beobachtet hatte, wie Apollo XI im Meer der Ruhe gelandet war. Doch was wir hier beobachteten, war unendlich viel komplexer als die Mondmission. Godins Team hatte bereits ein Wunder vollbracht: Die Befreiung des Bewusstseins vom Körper. Doch der Trinity-Computer versuchte nun zu vereinigen, was die Evolution im Interesse des Überlebens getrennt hatte, lange bevor Homo sapiens den Schauplatz betreten hatte. Das männliche und das weibliche Bewusstsein, unterschiedlich durch Biochemie und Millionen von Jahren von Umwelteinflüssen, würden nun endlich wieder vereinigt werden. Wenn dies vollbracht war, würde die stärkste Kraft aufdieser Welt nicht länger gespalten sein, nicht länger gefangen sein in ewiger Sehnsucht nach ihrem Gegenpart. Vielleicht vermochte das neue Trinity in diesem Zustand der Vereintheit einer Spezies neue Hoffnung zu bringen, die imstande schien, sich selbst vor ihren niedersten Instinkten zu schützen.
    Levin ging nach unten in den Keller und kehrte mit Stühlen für uns zurück. Rachel und ich hielten uns an der Hand, während wir die blitzenden blauen Laser beobachteten. Während die Feuergeschwindigkeit immer wieder zunahm, sich verlangsamte und dann erneut zunahm, hatte ich das Gefühl, als würde ich zusehen, wie jemand an einem Puzzlespiel arbeitete: Er nahm einen Stein auf, untersuchte ihn, legte ihn wieder weg, nahm den nächsten und so weiter, bis er einen gefunden hatte, der an den richtigen Platz passte. Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als das strahlend helle Licht im Innern der Kugel schließlich verblasste und die Stimme Trinitys durch den Raum hallte.
    »Meine Schaltneuronen nähern sich der Sättigung. Das verschmolzene Modell hat bereits die Kontrolle über
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