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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Der Page und die Herzogin
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goldenen Tressen.
Seine hohen Reitstiefel waren staubig, seine Hand hielt neben der langen
Peitsche die Handschuhe umfaßt. Von Saumur kommend, ritt er in den Marktplatz
ein und zügelte das Pferd, als das holprige Katzenkopfpflaster begann. Die
Dorfbewohner und die Bäuerinnen, die zum Markt nach Bassincourt gekommen waren,
glotzten ihn an, wie sie ihn beim erstenmal angeglotzt hatten, und flüsterten
miteinander.
    Das Pferd
bahnte sich seinen Weg zum Pfarrhaus und blieb dort stehen. Seine Gnaden
blickte sich um, winkte dann einen kleinen Jungen, der in der Nähe stand, zu
sich heran und schwang sich leicht aus dem Sattel.
    Der Knabe
kam herbeigeeilt.
    «Sei so
gut, mein Pferd zum Wirtshaus zu führen und dafür zu sorgen, daß es ordentlich
untergebracht und getränkt werde», sagte Seine Gnaden und
warf ihm einen Louis zu. «Du kannst dem Wirt sagen, daß ich später die Rechnung
bezahlen werde.»
    «Ja,
Milor'! Danke, Milor'!» stammelte der Junge, seinen Louis fest umklammernd.
    Seine
Gnaden öffnete die schmale Pforte, die in des Pfarrers Garten führte, und
schritt den gepflegten Pfad zur Eingangstür entlang. Wie beim erstenmal ließ
ihn die rotbäckige Haushälterin ein. Sie erkannte ihn und machte einen Knicks.
    «Bonjour,
M'sieur! Der Herr
Pfarrer ist in seinem Zimmer.»
    «Danke»,
sagte Seine Gnaden. Er folgte ihr durch den Flur zu de Beauprés Arbeitszimmer
und verhielt, den Dreispitz in der Hand, einen Augenblick auf der Schwelle.
    Der Pfarrer
erhob sich, um ihn höflich zu begrüßen.
    «M'sieur?»
Als Avon lächelte, eilte er ihm entgegen. «Eh, mon fils!» Avon ergriff
seine Hand.
    «Mein
Mündel, Vater?»
    Der Pfarrer
strahlte über das ganze Gesicht.
    «Die arme
Kleine! ja, mein Sohn, sie ist in meiner Obhut.»
    Avon gab
einen unhörbaren Seufzer von sich.
    «Sie haben
meine Seele von einer Last befreit, die – sie fast nicht mehr zu tragen
vermochte», sagte er.
    Der Pfarrer
lächelte. «Mein Sohn, binnen kurzem hätte ich, glaube ich, das Versprechen, das
ich ihr gegeben, gebrochen und Ihnen eine Botschaft zukommen lassen. Sie
leidet – ach, wie sehr sie leidet! Und dieser Bösewicht – dieser Saint-Vire?»
    «Er ist
tot, mon pèse, durch eigene Hand.»
    De Beaupré
schlug das Kreuzeszeichen.
    «Durch
eigene Hand, sagen Sie, mein Sohn?»
    «Und meine
Findigkeit», verbeugte sich Seine Gnaden, «ich komme nun – Mademoiselle de Saint-Vire
holen.»
    «Wahrhaftig?»
fragte de Beaupré ängstlich. «Sind Sie dessen sicher, Herzog?»
    «Ja. Ganz
Paris weiß es. Dafür habe ich gesorgt.»
    De Beaupré
haschte nach seinen Händen und drückte sie.
    «M'sieur,
Sie bringen also dem Kind das Glück. Gott wird Ihnen vieles vergeben um das,
was Sie ihr Gutes getan. Sie hat mir alles erzählt.» Er lächelte gütig. «Ich
sehe, daß ich keine Ursache habe, mein Bündnis mit – mit Satanas zu bereuen.
Sie haben ihr das Leben, und mehr als das, gegeben.»
    «Mein
Vater, ich rate Ihnen, nicht allem Glauben zu schenken, was mein Kind von mir
erzählt», sagte Avon trocken. «Es hat ihr beliebt, mich auf ein Piedestal zu
erheben. Und ich sitze nicht gut darauf.»
    De Beaupré
öffnete die Tür.
    «Nein, mein
Sohn, sie weiß, wie 'Monseigneurs' Leben verlaufen ist», sagte er. «Aber nun
kommen Sie zu ihr.» Er führte ihn zum sonnigen Wohnzimmer
an der Hinterseite des Hauses, öffnete die Tür und rief vergnügt hinein: «Petite, ich bringe dir Besuch.» Dann trat er zurück, um Avon den Weg freizugeben,
schritt still hinaus und schloß still die Tür.
    «Gott ist
wahrhaftig gütig», sagte er weise und kehrte in sein Arbeitszimmer zurück.
    Léonie saß
beim Fenster, in ihrem Schoß lag ein geöffnetes Buch. Und da sie eben geweint
hatte, wandte sie nicht sogleich den Kopf. Sie hörte einen leichten, festen
Schritt und dann eine geliebte Stimme.
    «Ma
fille, was soll das
alles heißen?»
    Da sprang
sie von ihrem Stuhl auf und brach in einen freudvoll überraschten Schrei aus.
    «Monseigneur!»
Schon lag sie, weinend und lachend zugleich, zu seinen Füßen und führte seine
Hand an ihre Lippen. «Sie sind gekommen! Sie sind zu mir gekommen!»
    Er neigte
sich über sie, ihr über die Locken streichend.
    «Ich sagte
dir doch, ma fille, daß ich dich nicht so leicht verlieren würde. Du
hättest mir vertrauen sollen, Kind. Es tat nicht not, zu fliehen.» Sie erhob
sich, mühsam ein Schluchzen unterdrückend.
    «Monseigneur,
ich – ich weiß es! Ich konnte nicht – das verstehen Sie nicht! Es war
nicht
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