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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt
Autoren: Len Deighton
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erforderlich, um tödliche Wirkung zu tun. Die Einschläge dieser kleinen mittelschnellen Geschosse warfen Thurkettle nicht zu Boden, er stolperte nur ein paar Schritte rückwärts, wobei er noch immer den Koffer mit beiden Händen hielt und Werner in verständnislosem Unglauben anstarrte. Thurkettles ruckartige Bewegungen lockerten die Geldstapel im Koffer, und ein Stoß regennassen Windes nahm nach und nach die Scheine mit. Thurkettle blickte seinem weggeblasenen Geld nach. Er griff nach den Scheinen, zuckte aber vor Schmerz zurück. Das durfte nicht wahr sein. Er war erschossen. Thurkettle war ein professioneller Killer, und dieser Sack war ein Nichts …
    Während er rückwärts stolperte, flatterte mehr und mehr Geld weg, und er schmeckte das ihm in den Mund sprudelnde Blut und wußte, daß er erledigt war. Dabei drückte er den

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    Koffer mit beiden Armen an die Brust, als könnte er ihm Schutz bieten gegen weitere Schüsse oder ihn in seinen letzten Augenblicken trösten, und er umarmte ihn fest wie eine Geliebte, und das blutgetränkte Geld fiel ihm vor die Füße.
    Kurz bevor er stürzte, begriff Deuce Thurkettle, wie man ihn zum Besten gehabt hatte. Seine Augen wurden groß vor Zorn. Deuce Thurkettle war der einzige, der mit Sicherheit wußte, daß Fiona Samson noch lebte. Selbst dieser Hampelmann, der ihn abgeknallt hatte, dachte, daß Samson mit Tessa abgehauen wäre.
    Na, er würde es der Welt verraten. Er öffnete den Mund, um die Wahrheit zu sagen, aber es quoll nur Blut heraus. Eine Menge. Dann taumelte er zu Boden.
    Werner warf seinen kleinen »Einwegartikel« weg. Das war das Praktische an diesen Dingern. Er sah Thurkettle beim Sterben zu, denn er wußte, daß London eine unzweideutige Vollzugsmeldung wollte. Werner hatte kein Mitleid mit Thurkettle. Er war ein gedungener Mörder, und der Tod solcher Leute ist immer ein Gewinn für die menschliche Gesellschaft. Den letzten Anspruch auf Mitgefühl hatte Thurkettle verscherzt, als Werner hörte, daß Fiona tot war. Er hatte Thurkettle gesagt, daß es vor allem anderen darauf ankam, Bernard und Fiona in Sicherheit zu bringen. Und dabei hatte Thurkettle versagt. Werner stieß die Leiche mit der Schuhspitze an und beförderte sie dann mit einem Fußtritt in den Straßengraben. Er hatte den Ort wegen dieses tiefen Grabens ausgewählt. Er brachte auch das Motorrad weg.
    Irgendwann würde es gefunden werden – irgend jemand würde auf den Feldern herumflatternde Dollarscheine bemerken –, aber dennoch war es besser, das Rad außer Sicht zu bringen. Er drückte den Aktenkoffer ins Gras, und der Rest des Geldes fiel heraus. Er hob nichts davon auf. Die Scheine waren wahrscheinlich markiert oder gefälscht. Die Londoner Zentrale hatte das Geld geliefert, und in Geldsachen waren die Briten

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    sehr genau, das war eine der Sachen, die ihm schon bald, nachdem er angefangen hatte, für sie zu arbeiten, aufgegangen war.

    Bret Rensselaer war in La Buona Nuova, einem auf den Bergen von Ventura County in Kalifornien gelegenen Anwesen. Er saß eben zu früher Stunde am Swimmingpool beim Frühstück, als eine verschlüsselte Botschaft ihn davon unterrichtete, daß Fiona und Bernard Samson unterwegs nach Kalifornien waren.
    Es war ein wirklich schöner Morgen. Bret trank seinen Orangensaft und goß sich die erste Tasse Kaffee des Tages ein.
    Er saß gern hier draußen, wo man die klare, kühle Luft atmete, die vom Meer hereinkam. Rings um das Schwimmbecken waren weißgetünchte Wände, vor denen Jasmin, Rosen und Bougainvillea fast das ganze Jahr über zu blühen schienen. Es gab Bäume voller Zitronen, Bäume voll von Orangen und Bäume, von denen man Maja-Früchte pflückte, die seine Gastgeberin »Brets« nannte. Die Frucht sah aus wie eine Zitrone und schmeckte wie eine Orange, und vielleicht wollte sie mit dieser Benennung andeuten, daß Bret wie diese Früchte süß und sauer war. Bret wußte nicht, wie es gemeint war, ließ sich aber den Scherz gefallen. Sie kannten einander schon lange.
    Leute, die Bret schon lange kannten, pflegten zu sagen, daß er seit seiner schweren Verletzung bei der Schießerei in Berlin sehr gealtert war, aber für den flüchtigen Beobachter war er so gut getrimmt und fit und rüstig, wie einem älteren Menschen anstand. Er schwamm, lief Ski und turnte täglich. Er wollte gut aussehen, wenn sein Besuch kam.
    Er konnte ein befriedigtes Lächeln nicht unterdrücken. Sie kamen also. Sein Plan, einen Agenten in den Kreml zu
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