Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt
Autoren: Len Deighton
Vom Netzwerk:
unter dem Sitz liegen. Bei den Schlüsseln wird ein Personalausweis liegen. Benutzen Sie diesen nur bis zur Autobahn, dort werfen Sie ihn irgendwo in einen Graben, wo man ihn nicht findet. Sie fahren dann die Autobahn entlang, lassen den Wagen stehen und steigen in einen anderen mit britischem Kennzeichen. Der Fahrer wird einen Diplomatenpaß des Vereinigten Königreichs für Sie haben.«
    »Sie stellen das als so einfach dar, Werner.« London tat immer so, als wäre alles ganz einfach. Man glaubte, das gäbe den Agenten Zuversicht.
    Er lächelte und ließ den Hut um einen erhobenen Finger kreisen. »London will, daß Sie Ihre Kontakte hier auflisten, Fiona.«

    - 392 -
    Jahrelang hatte sie Werner für ein weiches, verworrenes Geschöpf gehalten, einen armen Kerl, an dem ständig die furchtbare Frau herumkritisierte, die ihn unter dem Pantoffel hatte. Seitdem sie ihn als Kontaktmann zur Londoner Zentrale benutzte, hatte sie entdeckt, daß der wahre Werner hart wie Kruppstahl war und weitaus rücksichtsloser als Bernard. »Ich habe keine«, sagte sie.
    »Kontakte: gute und schlechte. Ich würde die schlechten sorgfältig berücksichtigen. Büropersonal? Hausmeister? Hat irgend jemand was zu Ihnen gesagt, und sei es aus Spaß?« Er kniff sich die Nase zwischen Daumen und Zeigefinger und sah sie dabei bekümmert an. »Was denn?«
    »Scherze, daß Sie für die Briten arbeiten … Scherze, daß Sie Spionin sind.«
    »Nichts Ernstzunehmendes.«
    »Wir können uns bei dieser Sache kein Risiko leisten, Fiona. Es wäre besser, wenn Sie mir sagten, woran Sie denken.« Er legte seinen Hut auf den Boden, so daß er sich die Mantelschöße über die Knie legen konnte.
    »Harry Kennedy … ein Arzt, der manchmal nach Berlin kommt.«
    »Ich weiß.«
    »Sie wissen?«
    »Er wird von London aus überwacht, seit dem Tag Ihrer Ankunft hier.«
    »Mein Gott, Werner! Warum haben Sie mir das nie erzählt?«
    »Ich hatte nichts zu erzählen.«
    »Ich war heute mit ihm zusammen. Wissen Sie das auch?«
    »Ja, London unterrichtet mich über seine Bewegungen. Da er an einem Krankenhaus arbeitet, muß er langfristig planen.«
    »Ich bin sicher, er ist nicht …«
    »… hier, um Sie zu überwachen? Aber ja. Er muß KGB-Angehöriger und auf Sie angesetzt sein. Das erste Treffen mit

    - 393 -
    Ihnen in London hat Kennedy arrangiert. Bret ist sich sicher.«
    »Haben Sie mit Bret gesprochen? Ich dachte, Bret ist in Kalifornien.«
    »Kalifornien ist durch Linienflüge, Telefon und Telefax erreichbar.«
    »Wer weiß noch Bescheid?« fragte sie ängstlich. Darauf gab er keine Antwort.
    »Kennedy ist schon seit langem Parteigenosse. Sagen Sie nicht, Sie hätten seine Vergangenheit nicht überprüfen lassen, Fiona.«
    Sie sah Werner an. »Doch, das habe ich getan.«
    »Natürlich haben Sie. Ich habe Bret gesagt, daß er sich darauf verlassen kann. Welche Frau könnte einer solchen Gelegenheit widerstehen?«
    »Das klingt aber sehr herablassend, Werner.«
    »Wirklich? Entschuldigen Sie. Aber warum sagen Sie nicht lieber gleich von Anfang an die Wahrheit?«
    »Heute hat er gesagt, wie wundervoll es wäre, wenn ich Mata Hari wäre, die mit ihm in den Westen flieht. Oder irgendeinen Quatsch in der Richtung.«
    Werner zog an seiner Nase, stand auf und ging ans Fenster.
    Es war dunkel, und bei Flutlicht dekorierten Arbeiter die Frankfurter Allee mit den bunten Bannern und Flaggen eines afrikanischen Staats. Alle Staatsbesucher wurden diese jeweils in den Farben ihrer Staaten geschmückte Straße
    entlanggefahren. Das war fester Bestandteil des Protokolls für Staatsbesuche. In der entgegengesetzten Richtung war der ganze Himmel rosa vom Neonglanz des Westens. Wie nah er lag, so nahe und zugänglich wie der Mond. Werner wandte sich ihr wieder zu. Fiona war noch immer so schön wie je, aber sie war vorzeitig gealtert. Ihr Gesicht war blaß und angespannt, als versuchte sie, in ein helles Licht zu sehen.
    Werner sagte: »Wäre Kennedy gerade hier, wenn wir Sie rausholen, müßte er neutralisiert werden, Fiona.«

    - 394 -
    »Aber weshalb sollte er gerade in dem Augenblick hiersein?«
    »Richtig, weshalb?« sagte Werner. Er nahm seinen Hut auf, schnippte ein Stäubchen von der Krempe und setzte ihn auf den Kopf. Fiona kletterte auf den Stuhl, um das Mikrophon wieder einzuschalten.

    - 395 -

25
    Berlin, Juni 1987
    Seinem lockigen Haar hatte »Deuce« Thurkettle es zu danken, daß er jünger aussah, als er war. Er war einundsechzig Jahre alt, aber dank
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher