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Geliebtes Landleben

Geliebtes Landleben

Titel: Geliebtes Landleben
Autoren: Mary Scott
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kannst du nicht.
Das ist ihre Schuld, nicht deine. Sie ist noch sehr jung und macht deshalb den
selben Fehler noch einmal.«
    »Was
meinst du damit? War sie schon einmal verliebt?«
    »Nein.
Ich glaube, sie hat es fast vergessen. Sie war noch ein Kind, aber ich glaube,
es hat sie damals zutiefst getroffen.« Ich fühlte mich als Verräter, aber ich
wollte ihm helfen und erzählte ihm daher von Tonys Liebe zu Norman Craig. »Ein
Mann, der doppelt so alt war wie sie und außerdem kriegsversehrt. Aber er war
ein Heiliger und dachte nur daran, für andere Menschen zu leben. Deshalb
glaubte sie, seinen Idealismus, nicht den Mann selbst, zu lieben. Ich fürchte,
daß sie denselben dummen Fehler noch einmal gemacht hat. Sie hat sich in den
Hinterlandarzt verliebt, nicht in Oliver Barrett.«
    »Aber
das ist doch unmöglich«, rief er leidenschaftlich. »Wenn man jemanden liebt,
dann liebt man ihn um seiner selbst willen und nicht wegen seiner Arbeit oder
wegen des Ortes, an dem er sie ausübt.«
    »Ich
glaube, das ist manchmal austauschbar. Jedenfalls ist es schwer zu trennen, und
Tony ist sehr starrköpfig. Sie hat dich zu einem Helden gemacht, völlig
selbstlos, bereit, deine Karriere und dich selbst zu opfern — und so sind nur
ganz wenige Menschen. Ich verstehe sehr gut, daß du nicht zu ihnen gehörst.
Warum solltest du? Du möchtest ein erstklassiger Arzt werden, kein rettender
Engel. Ich selbst mache dir keinen Vorwurf — aber Tony sicherlich.«
    Er
sah verwirrt aus. Ich warf ihm nicht seine Haltung vor sondern nur, daß er die
Dinge bis jetzt hatte treiben lassen. Aber das hatte ich schon gesagt, und es
half nichts, immer wieder darauf zurückzukommen.
    Plötzlich
sagte er: »Aber wenn ich ihr meine ganzen Pläne erzählt hätte, hätte sie sich
dann auch in mich verliebt?«
    Das
war die Schwierigkeit. Ich schwieg einen Moment und sagte dann: »Nein, das
glaube ich nicht. Sie wäre herzlich, mitfühlend und freundlich gewesen wie zu
jedem anderen auch, aber nicht mehr.«
    »Aber
ich wollte sie so gern haben.«
    Ich
versuchte, ihm alles begreiflich zu machen, aber er wollte keine Niederlage
hinnehmen. Er ging hinaus, um Paul zu suchen, und als sie zusammen zurückkamen,
hörte ich, wie Paul sagte: »Alles in allem glaube ich, bist du gut
davongekommen. Tony ist ein nettes Mädchen, aber sie würde nicht die richtige
Frau für einen erfolgreichen Stadtarzt abgeben. Einmal ist sie der geborene
Widerspruchsgeist. Und außerdem sammelt sie einfach arme Teufel. Wie würde es
dir gefallen, wenn du nach Hause kämst und dein Haus voller armer Mädchen, die
auf Abwege geraten sind, oder voller Männer, die zuviel getrunken haben,
fändest?«
    Ich
mußte beinahe lachen, aber Oliver sah leicht bestürzt aus. Trotzdem bestand er
darauf, daß er Tony schon auf seinen Weg bringen würde, wenn sie ihn nur
heiratete.
    »Daß
sie unkonventionell ist, macht einen Teil ihres Charmes aus.«
    »Bei
einem sehr hübschen Mädchen von zwanzig mag das charmant sein. Es wäre jedoch
nicht so reizvoll bei einer vertrockneten Frau von vierzig — und Tony wird sich
nicht ändern.«
    »Aber
du bist ungerecht. Er hat sie getäuscht. Es ist doch nicht nur ihre Schuld, daß
es den Mann, den sie liebte, nur in ihrer Phantasie gab.«
    »Sie
hat zuviel Phantasie und nicht genug gesunden Menschenverstand. Es ist an der
Zeit, daß sie erwachsen wird.«
    »Finde
ich auch, ich fürchte nur, daß sie zunächst schrecklich verletzt sein wird.«
    »Oh
ja, sie wird gelaufen kommen, um sich an deiner Schulter auszuweinen... Lieber
Himmel, warum können wir nie ein ruhiges Leben haben?«
    Samstag
morgen kam sie wie gewöhnlich zum Wochenende nach Hause geritten. Ich war
regelrecht auf die Folter gespannt, überlegte mir, wie ich sie begrüßen sollte,
was ich sagen würde, und sogar, um es naiv auszudrücken, welche Partei ich
ergreifen würde. Aber ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Abgesehen
davon, daß sie sehr blaß und eingefallen aussah, war Tony genau wie immer. Sie
sprang von ihrem Pferd, führte es auf die Koppel, kam herein, küßte mich
herzlich, sagte, wie sie sich über Tante Kate und die Kinder freue, erzählte
mir den letzten Klatsch aus Tiri, das war alles. Keine Spur einer Tragödie oder
von Tränen.
    Natürlich
war das eine Erleichterung, aber es war beunruhigend. Tony war immer so schnell
bereit gewesen, sich in meine Arme zu werfen und mir alle ihre Sorgen zu
erzählen, daß ich mich fast zurückgewiesen fühlte. Aber das
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