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Geheimnisvoll und unwiderstehlich

Geheimnisvoll und unwiderstehlich

Titel: Geheimnisvoll und unwiderstehlich
Autoren: Nina Harrington
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jetzt, dass sie total eingeschüchtert sein würde. Nicht nur wegen der wunderschönen Models, die ihre Kleider vorführen würden. Nein, damit konnte sie leben. Es ging vor allem um die Branche, um die Modeschöpfer, ihre Assistentin und die Stylisten – Menschen, die ihr Leben lang im Zentrum der Modewelt gestanden hatten. Und sie – wer war sie denn schon? Welche Qualifikation konnte sie nachweisen?
    Sie konnte sich schon jetzt die Gespräche vorstellen.
    Wo haben Sie Ihr Atelier, Miss Ryan?
    Oh, ich habe einen kleinen Strickladen im Norden von London. Kennen Sie die Gegend zufällig?
    Mimi stöhnte auf.
    Was konnte sie nur tun?
    Zweifelnd betrachtete sie das blaue Cocktailkleid, das sie extra für diesen Abend entworfen und auch selbst genäht hatte. Viele Stunden und Tage Arbeit waren in den Entwurf geflossen, bis sie endlich damit zufrieden gewesen war.
    Doch jetzt sah sie das Kleid mit den Augen eines Außenstehenden.
    Und wenn sie es mit den Roben der großen Designer verglich, musste sie zugeben, dass es dem Vergleich in keiner Weise standhielt. Es kam ihr plötzlich provinziell und bieder vor, ohne jeden Chic oder Schwung.
    Mit diesem Kleid würde sie sich zum Spott der Leute machen. Wie ein Mädchen vom Lande, das versuchte, die Leute aus der Stadt nachzuahmen. Genau wie ihre Cousins sie genannt hatten. Und das Perlencollier würde den himmelweiten Qualitätsunterschied noch mehr hervorheben.
    Sie würde Hal und Poppy enttäuschen, das wusste sie jetzt schon. Hal hatte so hart gearbeitet, um ihren Traum wahr zu machen, und nun würde sie alles ruinieren.
    Oh Mum, wo habe ich mich da nur hineingeritten? Was soll ich jetzt tun?
    Hal humpelte langsam die Treppen zu Mimis Apartment hoch. Anstelle der Krücke hatte er sich einen Spazierstock besorgt, der ein wenig eleganter war. Er zog noch einmal an seiner Fliege und hoffte, dass sie jetzt richtig saß.
    Insgesamt war er sehr mit sich zufrieden. Er wusste, dass er im Smoking eine gute Figur machte und sich hinter Poppy und Mimi nicht verstecken musste.
    Gerade wollte er an der Tür klingeln, da traf ihn ein Gedanke, der ihn die Hand zurückziehen ließ.
    Plötzlich wurde ihm klar, wie viel die Arbeit mit Mimi ihm gegeben hatte. Er hatte wieder einen Sinn in seinem Leben gespürt, und dafür würde er ihr immer dankbar sein. Aber das war noch längst nicht alles. Es ging um mehr – um sehr viel mehr.
    Mimi war ein wichtiger Teil seines Lebens geworden. Das ließ sich nicht leugnen, obwohl es ihn sehr überraschte. Denn er hatte nie die Absicht gehabt, sie in den Armen zu halten und sich mit ihr über die Vergangenheit auszutauschen.
    Es war schon sehr lange her, dass er sich einer Frau so nahe gefühlt hatte.
    Erneut musste er daran denken, was sie ihm vor ein paar Stunden anvertraut hatte. Mimi hatte ihn in ihre Seele schauen lassen, und er war tatsächlich kurz davor gewesen, ihr als einzigem Menschen das Geheimnis um Toms Tod anzuvertrauen. Aber im letzten Moment hatte dann doch die Angst überwogen. Außerdem hatte er ihren Schmerz mit seinen Geschichten nicht noch vergrößern wollen.
    Das Ganze ließ sich auch gar nicht vergleichen – Mimi hatte jahrelang ihre Mutter begleitet, die immer schwächer geworden war. Toms Leben hingegen war im Bruchteil von Sekunden zerstört worden – in dem Moment, wo sein Körper auf die Felsen aufgeprallt war. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde lang daran denken, meinen Schmerz mit Mimis zu vergleichen? fragte sich Hal.
    Seine Bewunderung und sein Respekt für sie waren durch ihr Geständnis noch stärker geworden. Er musste sich eingestehen, dass er sehr tiefe Gefühle für sie hegte. Und er hatte keine Ahnung, wohin das alles noch führen würde.
    Schließlich war dies hier ihr Leben – in London hatte sie ihren Laden, ihr Atelier, von hier aus wollte sie ihre Karriere aufbauen. Hal wagte zu hoffen, dass sich darin vielleicht auch ein Platz für ihn finden würde. Ein Platz, an dem er endlich zur Ruhe kommen, an dem sein jahrelanges Herumziehen beendet sein würde.
    Aber bis dahin bestand seine Aufgabe vor allem darin, Mimi zu ihrem wohlverdienten Triumph zu verhelfen und dafür zu sorgen, dass Toms Arbeit weitergeführt werden konnte.
    Entschlossen drückte er auf die Klingel. Nach ein paar Minuten hörte er ein Geräusch aus der Wohnung, das von schlurfenden Schritten.
    Die Tür wurde geöffnet – und der Anblick, der sich ihm bot, verschlug ihm den Atem.
    Es war nicht die strahlende Mimi im Abendkleid,
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