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Geheime Versuchung

Geheime Versuchung

Titel: Geheime Versuchung
Autoren: Nalini Singh
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Wolf. »Zukünftige Dominante, nehme ich mal an. Es ist hart für sie, sich beschützen zu lassen, wenn ihre Gefährten sich in Gefahr begeben.«
    Walker verstand das besser, als die Kinder je begreifen würden. Es war schrecklich für ihn gewesen, die Höhle und damit Lara, Sienna und Judd zu verlassen. Doch es war seine Aufgabe, die Verletzlichen im Rudel schützen. »Willst du mit ihnen reden?«
    »Du bist verantwortlich, entscheide du.«
    »Überlass es mir.« Walker würde sich jeden einzeln vornehmen.
    Hawke nickte, die hellen Haare glänzten im Sonnenlicht. »Du bist nicht der Einzige, der Probleme hat. Am schlimmsten sind die älteren Jugendlichen auf der Schwelle zum Erwachsensein.«
    »Hast du ihnen Vernunft gepredigt?«
    »Nein.« Ein Lächeln, bei dem der Wolf die Zähne zeigte. »Das habe ich Sienna und den anderen Rekruten überlassen. Nichts ist schlimmer, als von denen zurechtgestutzt zu werden, denen man nacheifern will.«
    Walker rief zwei übenden Jungen etwas zu. »Ich glaube nicht, dass es etwas Ernstes ist«, sagte er und deutete mit dem Kinn auf die drei Kinder. »Mit ein wenig Disziplin und durch die Stabilität des Rudels werden sie sich schon beruhigen.«
    »Wie läuft es mit Marlee und Toby? Haben sie Probleme?«
    Walker hatte das Gefühl, im Augenblick nicht den Mann, sondern den Leitwolf vor sich zu haben, der sich um sein Rudel kümmerte, obwohl es nichts in Hawkes Verhalten gab, an dem er das hätte festmachen können. Vom ersten Augenblick an hatte der Leitwolf trotz des Misstrauens, mit dem er den Erwachsenen ihrer Familie am Anfang begegnet war, ein Auge auf die Lauren-Kinder gehabt. Und das hatte ihm den Respekt Walkers eingebracht.
    »Marlee ist jung genug, um Sorgen abschütteln zu können.« Obwohl sie alles tiefer und feiner wahrnahm, als die meisten vermuteten. »Aber für Toby ist es schwierig.« Lara hatte bemerkt, dass sein Neffe manchmal eigenartig niedergedrückt wirkte. »Ich habe mit ihm darüber gesprochen, er wird es hinkriegen.«
    »So viele Gefühle schießen hoch«, hatte der Junge gesagt. »Glück und Erleichterung, Sorgen darüber, was die Zukunft bringt. Es ist schwer, sie von mir abzuhalten, aber meine Schutzschilde werden immer besser.«
    »Sienna ist glücklich«, sagte Walker und wechselte damit das Thema. Er hatte seine Nichte am Morgen getroffen und festgestellt, dass sie immer stabiler wirkte.
    Und sofort sprach er wieder mit dem Mann, nicht mit dem Leitwolf. »Ich bin ihr Gefährte«, knurrte Hawke. »Ich würde sie nie unglücklich machen. Das weißt du hoffentlich.«
    Natürlich wusste Walker das, und dennoch … »Du weißt sicher, dass Vernunft hier überhaupt keine Rolle spielt.« Sienna stand unter seinem Schutz, daran änderte ihr neuer Status nichts. Und das würde auch immer so bleiben.
    »Schon gut«, murrte Hawke. »Ich bin nicht beleidigt, der Beschützerinstinkt hält sich nicht an vernünftige Überlegungen.«
    Nein, wirklich nicht. Das hatte er noch nie getan.
    »Es gibt noch mehr wie mich.« Das hatte Walker begriffen, als er zum ersten Mal gesehen hatte, wie ein Elternteil einem Kind die Tränen abwischte. »Im Medialnet findet man viele, deren Silentium nach außen hin perfekt ist, die aber dennoch für ihre Kinder sterben würden.« Und zwar nicht, weil diese Kinder das genetische Erbe trugen, sondern weil es den Eltern ein instinktives Bedürfnis war.
    »Das weiß ich.« Der Leitwolf, der die schlimmste Seite der Medialen als Kind erlebt hatte, verschränkte die Arme. Die blassblauen Wolfsaugen sahen in eine Zukunft, die mit jeder Minute näher rückte. »Die Morgenröte naht. Kannst du es spüren?«
    »Ja.« Mediale mit gebrochenem Silentium zog es nach San Francisco, ungebrochene Gardisten sprachen von Veränderung, und die korrupten Führer versuchten immer verzweifelter, an der Macht festzuhalten.
    Unaufhaltsam veränderte sich die Welt.
    Für einige würden die Konsequenzen verheerend sein, für andere bedeuteten sie die ersehnte Freiheit. Manche würden dagegen kämpfen, manche das Neue mit offenen Armen willkommen heißen, aber niemand würde der Veränderung entkommen können. Walker hatte niemals damit gerechnet, dass er so viel Freude darüber empfinden würde, doch jetzt würde er sie mit eisernem Griff festhalten.
    In den folgenden Wochen wurde Lara immer zufriedener. Walker lächelte immer öfter, das Band zwischen ihnen wurde vielschichtiger und enger. Ganz vertraut war ihr nun die ruhige Stimme des Gefährten, wenn sie
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