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Geheimauftrag Phantom

Geheimauftrag Phantom

Titel: Geheimauftrag Phantom
Autoren: Jason Dark
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hätte so gehandelt, Angel tat es nicht. Sie konnte nicht aufgeben, denn sie drehte sich auf der Stufe herum und hetzte mit langen Sätzen die Treppe hoch.
    Für mich war es nach wie vor ein Rätsel, woher sie die Kraft nahm, das alles zu überstehen.
    Angel nahm drei, manchmal vier Stufen auf einmal. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen und dabei noch schneller zu sein als sie. Sehr hoch war die Treppe nicht mehr. Sie endete vor einer schräg in den Berg gebauten Tür, die so aussah, als würde sie dem Ankömmling entgegenkippen.
    Auch diese Tür war nicht verschlossen. Die Fluchtwege mußten freigehalten werden.
    Angel stürmte als erste ins Freie — und auch hinein in das helle, blendende Licht des Tages. Wir befanden uns inmitten der Berge, eingebettet in eine schmale Senke, die von einem schmalen Pfad durchzogen wurde. Zur linken Hand kippte eine Felswand ab. Sie endete dort, wo sich Cletscherwasser als wilder Gebirgsbach einen Weg durch die Tiefe der Schlucht bahnte, bin alles Holzgeländer sicherte den Pfad an der Steilwand nur notdürftig ab.
    Angel Torham stand vor dem Geländer und schaute mir entgegen. Den Zeichenstift und das Papier hielt sie auch jetzt noch fest. Diesmal wirkte es so, als wären beide Dinge für sie Fremdkörper. Sie sah so aus, als wüßte sie nichts damit anzufangen. Ich ging auf Angel zu, hätte nun mit einem Angriff ihrerseits rechnen müssen, doch sie tat nichts.
    Stumm schaute sie mir entgegen. Nicht einmal ein Lächeln glitt über ihre Lippen.
    In diesem Augenblick fiel es mir ein. Angel selbst hatte von der Dunkelheit erzählt, die so gefährlich war. Nur in der Finsternis kehrte die Kraft des Bösen zurück. Da wurde ihre normale Existenz von der dämonischen verdrängt.
    »Hallo, John«, sagte sie und lächelte, wobei sie sich eine Haarsträhne aus dem verschwitzten Gesicht zurückstrich.
    Ich blieb stehen und hob den Arm. »Angel — du weißt, was geschehen ist?«
    »Nein, ich…« Sie räusperte sich. »Da war die Dunkelheit, die alles zunichte machte. Ich… ich komme mir vor, als wäre ich aus einem tiefen Tunnel aufgetaucht.«
    »Ja, der Tunnel. Wir fuhren hinein. Du wolltest ihn brennen sehen. Du wolltest das Grauen, den Tod und das Chaos, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Nein, nicht. Es ist alles vorbei. Es ist so tief vergraben, verstehst du?«
    »Natürlich, Angel. Doch weißt du auch, wer du wirklich bist? Weißt du das?«
    »Ich kenne meinen Namen.«
    »Dein Schicksal ebenfalls?«
    »Wie meinst du das, John?«
    »Ich will ehrlich zu dir sein, Angel. Du bist ein Mensch mit einer gespaltenen Persönlichkeit. In deiner Brust existieren zwei Seelen, die eine davon positiv, die andere nicht. Das Gute und das Böse vereinigen sich. In der Nacht oder der Dunkelheit kommt deine zweite Seele hervor; dann schafft es das Böse, die Uberhand zu bekommen. Es erdrückt dich. Du weißt nicht, wer deine richtigen Eltern sind, hast du mir gesagt. Die Torhams haben dich als Findelkind bekommen. Deine Geschichte klingt wie ein Märchen, das in meinen Augen leider keines ist, sondern eine böse Legende, eine dämonische Urkraft, die es immer wieder schafft, dich zu beherrschen. Wenn die Nacht den Tag verdrängt hat, ist auch die Zeit des Bösen gekommen, das ist leider so. Und du bist zu einem Opfer geworden, Angel.«
    Sie hatte mir zugehört und einen staunenden Gesichtsausdruck bekommen, als hätte ich ihr etwas völlig Neues berichtet. Angel drehte den Kopf und schaute über das Holzgatter hinweg in die Schlucht, als könnte sie dort unten eine Antwort finden.
    »Du solltest über meine Worte nachdenken«, sagte ich leise.
    »Ja, natürlich, aber ich suche nach einer Lösung. Verstehst du das? Was kann ich machen? Wer bin ich wirklich? Bin ich denn eine Mörderin, wenn das andere über mich kommt?«
    »Zumindest eine indirekte. Du sitzt und zeichnest deine grausamen Phantasien auf, für die du nichts kannst. Was du auf deinem Zeichenblock entwirfst nimmt leider eine grausame Realität an. Deine Monstren werden lebendig. Deine furchtbare, dämonische Phantasie füllt sie mit Leben aus. Ob du nun das Mordphantom gezeichnet hast, das Feuer oder das Monstrum aus dem Lago, immer wieder bist du diejenige Person gewesen, die den Anstoß für das Grauen gab. Vielleicht hast du es bewußt nicht erlebt, du wirst auch nicht die gesamte Nacht über in deiner zweiten Existenz gefangen gewesen sein, sondern nur etappenweise, aber ich will dir eines sagen, daß du zu den
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