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Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)

Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)

Titel: Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
Autoren: M. A. Pierce
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die Arme hoch; nicht, weil sie ihn fassen wollte, sondern um sich der kalten Finsternis dieser entschwebenden Schwingen zu erwehren. Dann verlor sie das Gleichgewicht. Der Engel der Nacht gewann über ihr an Höhe. Sie sah Eoduin noch immer in seinen Armen um sich schlagen, aber ihre Schreie waren schon längst verhallt.
    Aeriel fühlte, wie ihr Ellbogen und ihre Schulter auf die Erde schlugen und Dutzende scharfkantiger Steinchen in ihr Fleisch schnitten. Der Boden glitt und rutschte unter ihr weg. Der Ikarus war schon weit entfernt, nur noch ein schwarzer Fleck am Sternenhimmel. Die Umrisse seiner dunklen Flügel standen als winzige Silhouette vor Oceanus.
    »Eoduin! Eoduin!«, schrie sie noch, dann schlug ihr Kopf auf den Fels, und ihre Stimme erstarb. Halb benommen sah sie den Sternenhimmel für Momente in weiße Lichtschleier getaucht.
Sie spürte etwas warm und klebrig an ihrem Kopf. Dann schwand die gleißende Helligkeit. »Eoduin«, hörte sie sich noch einmal stöhnen, ehe gänzliche Schwärze sie umfing.
    Aeriel leckte über ihre Lippen. Sie verbrannte sich die Zunge an der Süße des Trichterblumennektars. Sie lag auf hartem, abschüssigem Grund. Scharfkantige Bruchsteine pressten sich schmerzhaft in ihren Rücken. Sie spürte den Schlauch aus Ziegenleder auf ihrer Brust und auf Wange und Hals die Wärme des ausgelaufenen und verspritzten Nektars. Sie lag mit dem Kopf hangabwärts, die Füße nach oben gerichtet. All das fühlte sie, ohne die Augen zu öffnen.
    Nur langsam hob sie die Lider und sah den sternenbedeckten Himmel hinter dem milden Glanz der sinkenden Sonne. Sie versuchte sich zu bewegen, es fiel ihr schwer. Allein den Kopf zu heben, war mühsam, und ein stechender Schmerz verursachte ihr Übelkeit. Sie stützte sich auf einen Ellbogen, stemmte sich hoch und blickte direkt auf Oceanus, der diesmal ohne Flügelschatten blau und riesig vor ihr am Himmel stand. Sie sagte: »Eoduin«, und weinte. Aber sie war zu erschöpft, um lange zu weinen.
    Ihre Hand war kalt von einem Schatten, der ihre linke Hand bedeckte, während ihr Körper im Sonnenlicht lag. Als sie aufblickte, sah sie, dass es der Schatten einer tiefer gelegenen Felsennase war. Das machte ihr Angst. Sie zog die Hand aus dem Schatten, richtete sich auf und drehte sich viel zu schnell um. Heftig pochte das Blut in ihren Schläfen, als es so plötzlich dem Kopf entströmte: Schwarze Schleier trübten ihren Blick.

    Der Sonnenstern neigte sich dem Horizont zu und würde längst untergegangen sein, ehe sie vom Gipfel abgestiegen war, vermutete Aeriel, während sich ihr Blick klärte. Sie drehte den Kopf zur anderen Seite, und auch diesmal empfand sie einen stechenden Schmerz. Schon sah sie die Schatten der Nacht über der im Westen gelegenen Wüste. Zwei Stunden, wenn nicht weniger, blieben ihr noch, um vor Anbruch der Dunkelheit das Dorf zu erreichen. Und wer würde schon zu Beginn der Hochzeitsfeierlichkeiten eine kleine Sklavin vermissen?
    Sie wärmte die kalte, starre Hand in ihrem Schoß. Taub und gefühllos hing sie herab. Dann griff sie nach der Flasche: Ja, ein wenig von dem kostbaren Nektar war noch übrig. Sie ließ die schimmernde Flüssigkeit auf ihre schlaffe, wächserne Hand tropfen und verzog vor Schmerz das Gesicht, als die Wärme bis ins Knochenmark drang. Farbe und Leben kehrten in ihre Hand zurück; sie konnte sie bewegen.
    Sie kniete, kam dann auf die Füße, machte einen Schritt, stolperte und fiel. Sie stand wieder auf und begann vorsichtig mit dem Abstieg. Im Kopf blieb ein dumpfes Gefühl zurück, das immer dann zu einem stechenden Schmerz wurde, wenn sie danebentrat oder stolperte. Sie presste sich eng an die Felsen der Bergflanke und hielt sich an Unkraut und Spalten fest. Sie riss sich den Arm an Dornengestrüpp auf und schürfte sich die Knöchel wund, wenn sie rutschte. Zweimal brach der gewundene Pfad unter ihren Füßen ein und stürzte den Steilhang hinab, gleich einer kleinen Lawine aus splitterndem Gestein. Doch unverdrossen stieg sie weiter den Berg hinab, während die Sonne immer tiefer sank und die Schatten länger und länger wurden.
Die Luft aber wurde wärmer und dichter. Sie konnte wieder besser atmen.
    Der Sonnenstern war schon zur Hälfte im Staubmeer versunken, als von den sanften Hügeln am Rande der Steppe die Hochzeitsgesänge zu ihr herüberwehten. Seltsam. Nach der Stille der Berge in schwindelnder Höhe und dünner Luft empfand sie es eigenartig, schon jetzt, eine Viertelmeile vom Dorf
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