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Gefaehrliche Schatten

Gefaehrliche Schatten

Titel: Gefaehrliche Schatten
Autoren: Bryan Chick
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einen Arm sinken und streckte den anderen aus, während sie sich gleichzeitig um die eigene Achse drehte. Als der dritte Schimpanse nach Megans Handgelenk griff, packte sie zu. Ihre Arme verschränkten sich wie bei zwei Trapezkünstlern, und gemeinsam schwangen sie ihr Gewicht vorwärts. Der Affe schleuderte Megan zum nächsten, und so segelte sie voran.
    Noah blickte Ella und Richie an. «Jetzt versteht ihr, was sie meint, oder?»
    «Ja», sagte Ella. Sie schob einen Schimpansen weg, der ihr auf die Zehen getreten war, und fügte hinzu: «Ich fürchte nur, bei Megan sieht es leichter aus, als es ist.»
    «Wir schaffen das», sagte Noah. «Schließlich haben wir so was schon tausendmal gemacht. Wie oft haben wir uns in unserem Clubhaus schon von Ast zu Ast gehangelt?»
    Mit diesen Worten trat Noah zehn Schritte rückwärts und lief dann zum Rand der Plattform. Mit einem Schrei warf er sich in die Luft, streckte den Arm aus und ließ sich vom ersten Affen weiterschleudern.
    «Ich bin als Nächste dran», sagte Ella. Sie schob sich an Richie vorbei und ging tiefer in die Menge hinein. «Es gibt offenbar nur einen Weg rüber, also bringe ich es lieber hinter mich.» Und damit rannte sie mit wehendem Pferdeschwanz los. Sie sprang ab und segelte auf den ausgestreckten Arm des Orang-Utans zu.
    Richie trat vorsichtig an den Rand der Plattform. Der Orang-Utan starrte ihn aus dem Baum heraus an. Er legte den Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite und grunzte. Dann schlug er eine Faust gegen seine Brust, streckte die Hand nach Richie aus und winkte ihn mit den Fingern zu sich.
    Richie blickte über seine Schulter. «Meinst du mich?» Er trat noch einen Zentimeter vor, dann legte er die Hände um den Mund und rief: «Seid ihr sicher, dass ihr noch genug Kraft habt?»
    Der Orang-Utan legte den Kopf schief und brüllte, wobei er seine gelben Zähne zeigte. Dann schüttelte er den Ast, an dem er hing, sodass die Blätter raschelten.
    «Okay, okay …» Richie stand noch einen Augenblick still da. Dann wich er etwa fünf Meter zurück. «Ich komme.»
    Er lief los – aber kurz vor dem Ende der Plattform blieb er so abrupt stehen, dass ihm die Brille beinahe von der Nase rutschte. Seine Zehen ragten schon über den Rand, und er starrte in den Abgrund, der sich vor ihm auftat. Die Ebene unter ihm war übersät mit Gorillas.
    Das Kreischen eines Schimpansen brachte ihn wieder zur Besinnung. Plötzlich spürte er, wie jemand an seinem Jackenkragen zupfte. Er drehte sich um und stand Nase an Nase vor dem dunklen Gesicht des kreischenden Schimpansen, aus dessen riesigem Maul sich ein fauliger Nebel über seine Brille legte.
    «Hi-hilfe!», stotterte Richie.
    Nun passierten zwei Dinge auf einmal: Richies Beine wurden von hinten in die Höhe gerissen, und sein Kopf kippte nach vorn. Der Schimpanse hielt ihn hoch, sodass seine Arme nach unten baumelten.
    Die Welt begann vor und zurück zu schaukeln – der Affe bereitete sich darauf vor, Richie dem Orang-Utan im Baum zuzuwerfen.
    «Äh … braver Affe!», stotterte Richie. «Äh … ganz ruhig! Nicht über den Rand werfen! Nein, neeeeeeiiiiiiiinnnnn!!!»
    Seine Worte verwandelten sich in einen langen Schrei, als der Affen ihn nach vorne warf.
    Er flog wie in Zeitlupe. Aus den Augenwinkeln sah er weit unter sich die Ebene voller Gorillas. Dann erblickte er den ersten Orang-Utan, der seinen langen, haarigen Arm nach ihm ausstreckte. Richie fokussierte sich auf die Hand des Affen, die größer und größer wurde, bis er seine Finger deutlich sehen konnte: lange, haarige, dicke Finger, die kräftig genug waren, um Knochen zu zerbrechen. Die Hand des Affen befand sich nur noch Zentimeter von seiner entfernt, als etwas Schreckliches passierte: Richie flog nicht weiter.
    Eine Sekunde lang hing er bewegungslos in der Luft. Dann fiel er nach unten.
    Als die Welt vor ihm herumwirbelte, packte etwas Raues sein Handgelenk. Richies Körper wurde in die Höhe gerissen, und sein Magen fiel. Der Orang-Utan war heruntergesprungen und hatte Richie aus der Luft gefangen. Richie versuchte, sich zu bedanken, doch er war zu erschrocken, um auch nur ein einziges verständliches Wort hervorzubringen. Es kam nur ein kehliges Quietschen heraus, das beinahe klang wie ein Affe: «Diiiieeeaaaannnaahh!»
    Der Orang-Utan zog die Augenbrauen hoch und betrachtete Richie neugierig. Dann hob er den Jungen hinter sich auf den Rücken und kletterte mit ihm in die Bäume zurück.
    Richie versuchte «Nein!» zu
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