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Gefährliche Begierde

Gefährliche Begierde

Titel: Gefährliche Begierde
Autoren: Tess Gerritsen
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ihren Blick auf die Bucht gerichtet. »Wirklich«, sagte sie sanft, »es wird schon gut gehen …«
    Dr. Steiner murmelte etwas vor sich hin. Es war ein Monolog über ungehorsame Patienten und wie schwierig es doch war, in diesen Tagen Arzt zu sein. Miranda hörte ihm kaum zu. Ihr gingen zu viele andere Dinge durch den Kopf.
    Ein ruhiger Abgang, einige Zeit allein zu sein – ja, alles in allem wäre es so am besten. Chase wiederzusehen wäre zu verwirrend. Sie brauchte eine Fluchtmöglichkeit, Zeit zum Analysieren, was sie wirklich für Chase empfand. Liebe? Das glaubte sie. Ja, sie war sich sicher. Doch damit hatte sie schon beim letzten Mal falsch gelegen, schrecklich falsch.
    Und dennoch …
    Sie umklammerte die Reling und blickte verdrossen auf die Insel. Wind kam auf strich über das Wasser, blies ihr seinen kalten, salzigen Atem ins Gesicht.
    Ich liebe ihn, dachte sie. Ich weiß, dass ich ihn liebe. Doch das reicht nicht für eine Zukunft. Es gab zu viele Hindernisse. Richards Gespenst. Der Schatten des Misstrauens. Und immer, immer wieder diese metaphorischen Hinweise auf ihre Herkunft. Es sollte keinen Unterschied machen, aber ein Tremain mochte das anders sehen.
    »Die Bugleine ist los!« rief die Deckshand.
    Die Motoren der Jenny B. wurden gedrosselt. Sie drehte langsam nach Steuerbord, bis der Bug auf den weiten, grünen Hügel zeigte, der Shephard’s Island war. Die Deckshand schritt an der Längsseite des Bootes entlang und löste die Heckleine. Gerade, als das Tau frei kam, ertönte ein Ruf von der Pier.
    »Warten Sie! Halten Sie das Boot an!«
    »Wir sind voll!« brüllte die Deckshand. »Nehmen Sie das nächste.«
    »Ich sagte anhalten!«
    »Zu spät!« bellte die Deckshand. Die Jenny B. entfernte sich bereits von der Pier.
    Es war der plötzlich scharf geäußerte Fluch der Deckshand, der Miranda veranlasste, sich umzusehen. Weit hinten lief eine Person auf das Ende der Pier zu. Sie machte einen riesigen Satz über den größer werdenden Wassergraben, den sie um nur wenige Zentimeter verfehlte, und landete auf dem Deck der Jenny B.
    »Scheißkerl«, staunte die Deckshand. »Sind Sie verrückt geworden?«
    Chase rappelte sich auf. »Ich muss mit jemandem reden – einem Ihrer Passagiere …«
    »Mensch, Sie müssen wirklich Dringendes zu besprechen haben.«
    Chase holte tief Luft, um sich zu beruhigen und schaute sich auf dem Deck um. Sein Blick blieb an Miranda hängen. »Ja«, sagte er sanft. »Wirklich Dringendes.«
    Miranda, die gefangen an der Reling stand, blieb nichts anderes übrig, als Chase überrascht anzustarren, während er auf sie zukam. Die anderen Passagiere beobachteten sie und warteten darauf, was als Nächstes geschehen würde.
    »Junger Mann«, bellte Dr. Steiner. »Falls Sie sich den Knöchel verstaucht haben, erwarten Sie nicht von mir, dass ich ihn richte. Sie beide und ihre verdammten, dummen Kunststückchen.«
    »Meinem Knöchel geht es gut«, sagte Chase, seinen Blick auf Miranda gerichtet. »Ich möchte lediglich mit ihrer Patientin sprechen, wenn sie damit einverstanden ist.«
    Miranda stieß ein ungläubiges Lachen aus. »Wie könnte ich das ablehnen, nach so einem Sprung?«
    »Lass uns nach vorne gehen.« Chase griff nach ihrer Hand. »Dafür brauche ich keine Zuschauer.«
    Sie gingen zum Bug und standen an der Reling, wo der salzige Wind unablässig auf sie einpeitschte. Über ihnen kreisten Möwen, die fliegenden Begleiter der stampfenden Jenny B.
    »Sie haben mir erzählt, dass du früher entlassen werden wolltest. Du hättest im Krankenhaus bleiben sollen.«
    Miranda schlug die Arme um sich, um sich vor dem Wind zu schützen, und starrte auf das Wasser hinunter.
    »Ich konnte nicht noch länger in diesem Bett liegen. Nicht während so viele Dinge über mir schweben.«
    »Aber es ist vorbei, Miranda.«
    »Noch nicht. Da ist immer noch die Polizei, und ich muss mich mit meinem Anwalt arrangieren.«
    »Das kann warten.«
    »Aber ich kann nicht warten.« Sie erhob ihren Kopf und reckte ihn dem Wind entgegen. »Ich möchte diesen Ort verlassen, sobald ich kann.«
    »Wo wirst du hingehen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich dachte darüber nach, nach Westen zu ziehen. Jill Vickery hat ihre Vergangenheit hinter sich gelassen. Vielleicht kann ich das auch.«
    Darauf herrschte lange Zeit Stille zwischen ihnen. »Du bleibst also nicht auf der Insel«, sagte er.
    »Nein. Dort gibt es nichts mehr für mich zu tun. Ich werde die Versicherungssumme für das Haus bekommen. Das wird
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