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Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Titel: Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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Berichte über nennenswerte Risiken und Nebenwirkungen.
    Es waren die Könige des Westens, die die Folgen des Zuckers spürten: als Erstes im Mund. Wie König Ludwig II. von Bayern (1845–1886), der bereits in jungen Jahren kaum noch Zähne hatte. Weil er sich weigerte, seine Zahnprothese zu tragen, musste sein Leibkoch und Haushofmeister Johann Rottenhöfer viele Speisen pürieren oder haschieren, damit sie der König überhaupt zu sich nehmen konnte. In seiner Jugend war Ludwig geradezu süchtig nach Süßigkeiten und Lakritze gewesen.

    Es war ein weiter Weg für den Zucker vom unscheinbaren Naturbestandteil zur Menschheitsgeißel. Den ersten Schritt unternahmen Perser und Araber. Und bei ihnen zeigten sich auch bald schon die Symptome. Um 600 nach Christus entdeckten persische Gelehrte das Verfahren zur Kristallisierung des Zuckers, sie erfanden den Zuckerhut, legten damit die Grundlage für die weltweite Karriere der süßen Kristalle. Als die Araber nach Europa vorstießen, legten sie auch in Spanien Zuckerrohrfelder an.
    Doch erst als sich die Europäer ein paar hundert Jahre später aus anderen Gründen persönlich ins Morgenland begaben, konnten sie sich bei dieser Gelegenheit einen Eindruck verschaffen von dem »Honigschilf, das sie dort Zucra nennen«, wie der Kreuzfahrer Albert von Aachen schrieb, ganz fasziniert von der Wirkung: »Die Leute saugten die Rohre mit Wonne aus, freuten sich über den wohltuenden Saft und konnten sich wegen dieser Süßigkeit an diesem Genusse gar nicht ersättigen.«
    Noch aber war der Zucker nur eine Angelegenheit von örtlicher Bedeutung, in den Zuckerzentren des Morgenlands. Erst als die Europäer die Sache in die Hand nahmen, sollte sich das ändern. Als diese sich anschickten, die Welt zu beherrschen, sollte der Zucker dabei von Beginn an eine tragende Rolle spielen. Sie mussten dafür allerdings erst die Kräfte freilegen, die im Zucker stecken und die bisher verborgen waren in der natürlichen Umhüllung. Erst damit war der wahre, der kultivierte, auch der massenhafte Genuss möglich. Erst damit waren aber auch die Nebenwirkungen möglich, die heute die Menschen massenhaft plagen. Es liegt nicht nur am Zucker, es liegt auch an seiner Verfügbarkeit, überall auf der Welt, an jedem Ort, zu jeder Stunde.
    Professor Lustig: »Die Natur hat es schwergemacht, Zucker zu bekommen. Der Mensch machte es einfach.« Er hielt seinen Vortrag an historischer Stelle. Lustig ist von San Francisco nach Boston gereist, zu diesem Kongress über Ernährung und Gesundheit im Westin Boston Waterfront Hotel. Das Publikum ist leger gekleidet, Polohemden, Sommerkleider. Draußen laufen ein paar Jogger vorbei.
    Es ist ein weitläufiges Gelände am ehemaligen Hafen mit riesigen Hotelkomplexen aus Glas, Stahl, Beton. Eine Brücke führt in die Stadt, ein paar Wolkenkratzer sind in der Ferne zu sehen, hier jedoch stehen viele Backsteinhäuser, Restaurants direkt am Wasser, und ganz in der Nähe liegt auch der geschichtsträchtigste Fleck in den Vereinigten Staaten von Amerika, jene Stelle am Hafen, an der am 16. Dezember 1773 einige als Indianer verkleidete Bürger Bostons die Boote enterten und 342 Teekisten von den dort ankernden Schiffen ins Hafenbecken warfen.
    Das Land war damals noch eine Kolonie Großbritanniens, der Aufstand gilt als frühe Demonstration der Unabhängigkeit und ging als »Boston Tea Party« in die Geschichte ein – ein Protest gegen die Steuerpolitik des Mutterlandes Großbritannien, wobei es, nach Auffassung mancher Historiker, nicht in erster Linie um Tee, sondern auch um den Zucker ging, der damals vor allem aus der Karibik kam und der mit verschiedenen Gesetzen (»Sugar Act«, »Molasses Act«) stärker besteuert werden sollte, zugunsten des britischen Königs. Es könnte also eigentlich auch »Boston Sugar Party« heißen.
    Es war jene Zeit, in der Zucker zum Massenprodukt wurde; auf den karibischen Inseln wurde er unter großem Aufwand, unter Einsatz von Sklaven, in jenes weiße Pulver verwandelt, das die Welt verändern sollte. Plötzlich war durch das süße Pulver auf einen Schlag Energie im Überfluss verfügbar. Das ist besonders verhängnisvoll, gerade bei einem lebensnotwendigen Stoff wie dem Zucker, den der Körper aus vielen Quellen gewinnen kann. Der Körper kann Fett in Zucker verwandeln und Zucker in Fett. Und so betreibt er auch seine Vorratswirtschaft. Wenn einmal zu viel Zucker ankommt, verwandelt er den einfach in Fett und lagert ihn ein für
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