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Ganz oder gar nicht (German Edition)

Ganz oder gar nicht (German Edition)

Titel: Ganz oder gar nicht (German Edition)
Autoren: Martin Häusler , Lothar Matthäus
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gehört. Heintje war der Lieblingssänger meiner Mutter. Internationale Musik hingegen, englische Songs, kamen nicht auf den Plattenteller meiner Eltern. Für Uriah Heep, Deep Purple oder die Rolling Stones musste ich dann schon in die Disco gehen. Erst später, als ich in Mönchengladbach meine erste Kompaktanlage hatte, begann ich, mir eigene Platten von Elvis, den Beatles, Sweet und Santana zu kaufen. Sie reisen heute noch mit mir.

DER MISSACHTETE TORJÄGER
    Mein Leben veränderte sich in dieser Zeit nicht nur durch den Hausbau. Meine Leidenschaft für den Fußball wuchs und wuchs und wuchs. Möglicherweise auch als Fluchtreflex auf den heimischen Druck. Nachdem ich bisher auf sämtlichen Straßen und Wegen Herzogenaurachs gekickt hatte, war ich mit neun dem FC Herzogenaurach beigetreten, dem von Puma unterstützten Club, und schoss im ersten Spiel mein erstes Tor. Ich traf zum 3:0 beim 3:2-Sieg gegen die zweite C-Jugend-Mannschaft des Erzrivalen ASV Herzogenaurach, der von Adidas ausgerüstet wurde. Und weil ich so gut war, durfte ich beim anschließenden Spiel der ersten C-Jugend-Mannschaften auf der Bank sitzen – und wurde am Ende sogar eingewechselt. Es war das einzige Mal, dass ich bei einem offiziellen Spiel mit meinem Bruder zusammen auf dem Platz gestanden habe.
    Dabei war mein Bruder doch vier Jahre älter! Wie konnte ich in einer Mannschaft mit ihm spielen? Früher gingen die Jugendteams nur bis zur C-Jugend. Wer jünger war, dem blieb nichts anderes übrig, als mit und gegen die Älteren zu spielen. So musste ich es als Neunjähriger immer auch mit den 13- und 14-Jährigen aufnehmen. Gegen Gleichaltrige hatte ich eigentlich nur in der Schule gespielt, ansonsten war es gegen meinen Bruder und seine Freunde gegangen. Das hat mich wahrscheinlich darauf vorbereitet, mich später in Mönchengladbach als 18-Jähriger schnell gegen gestandene Profis durchzusetzen.
    Mit zehn Jahren fing ich an, in der ersten C-Jugend-Mannschaft zu spielen, und avancierte schon da zum Torjäger. Ich lief als Mittelstürmer auf, trug die Nummer 9 auf dem Rücken, aber auf dem Fußballplatz war ich immer der Kleinste. Mein Vorteil aber war: Ich bewegte mich sehr wendig und flink, auch mit dem Ball. Außerdem hatte ich einen guten Schuss; ich konnte nicht nur mithalten, ich war einfach besser. Selbst habe ich das gar nicht so wahrgenommen. Ich hatte einfach nur Spaß am Fußballspielen, wollte gewinnen, mich durchsetzen, es allen zeigen! Das war meine einzige Motivation.
    Ich wurde besser und besser, zuletzt spielte ich mit den Senioren in der Landesliga. Mit dieser Mannschaft stiegen wir in die höchste Amateurklasse auf, die dritte Liga. Ich war als 17-Jähriger der Top-Torjäger dieses Teams. Samstagnachmittags lief ich für die Senioren auf, sonntagmorgens ging es mit der Jugend-Mannschaft in der Bayernliga ran. Die beiden Trainer stritten sich häufig um mein Talent. Denn wenn beide Spiele am gleichen Tag waren, musste ich mich für ein Team entscheiden.
    In manchen Spielzeiten schoss ich hundert Tore pro Saison. Unser Nachwuchs war wirklich gut. Wir gewannen häufiger mit 12, 15 oder 18 zu null. Mein höchster Sieg war ein 25:0 (zur Halbzeit stand es 12:0, davon hatte ich zehn Tore geschossen). In der zweiten Hälfte wurde ich dann als Libero eingesetzt, weil die anderen auch mal treffen wollten.
    Ich habe schon als Kind gelernt, dass Erfolge nicht satt machen, sondern man sie sich immer wieder neu erarbeiten muss. Ich bin daher gerne zum Training gegangen, um mich zu quälen. Ich war hungrig nach guten Ergebnissen, habe jeden Tag daran gearbeitet und war nie zufrieden mit dem, was ich erreicht hatte. Trotz dieser Entwicklung wurde ich nicht auf offiziellem Wege entdeckt. Was jetzt kommt, ist für einen ehrgeizigen Jungen eine grausame Geschichte.
    Eltern, die ihre Kinder in einen Fußballverein gesteckt haben, wissen, dass die Besten über das Vereinstraining hinaus in Nachwuchsmannschaften gefördert werden. In Bayern gab es dafür die Kreis-, die Bezirks- und die Bayernauswahl. Ich habe es aber nie weiter als bis zur Bezirksauswahl geschafft.
    Bei den Sichtungsturnieren in Grünwald spielten Teams aus den sieben bayerischen Regionen plus die bisherige Bayernauswahl in zwei Vierergruppen gegeneinander. Die drei, vier Spiele, die man bestreiten musste, zogen sich über ein verlängertes Wochenende hin. An der Seitenlinie saßen die Trainer des Verbandes, beobachteten uns und machten sich Notizen. Am Ende versammelten
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