Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
»So viele, daß ich sie nicht zählen kann!«
    Bolitho senkte sein Glas in dem Augenblick, als an den Rahen der
Lookout
eine neue Reihe von Signalen hochging. Er brauchte sie nicht abzulesen. Zwischen den beiden auf sie zukommenden Schiffen war eine ansehnliche Flottille von rudergetriebenen Fahrzeugen zu erkennen. Wie rote Flügel hoben und senkten sich die Blätter der Riemen in gleichmäßigem Takt, und über die verdeckt sitzenden Ruderer und die schwere Kanone, die jedes Fahrzeug am Bug trug, wehte bei dem achterlichen Wind eine riesige Flagge nach vorn aus.
    »Lassen Sie laden und ausrennen, Kapitän Herrick!« Bolithos betonte Förmlichkeit beendete das plötzliche Nachlassen der allgemeinen Spannung. »Das obere Batteriedeck mit Schrapnells und Stangenkugeln laden!«
    Er wandte sich an die Offiziere der Seesoldaten. »Major Clinton, es gibt heute Arbeit für Ihre Scharfschützen.«
    Die beiden Offiziere machten eine knappe Ehrenbezeigung und eilten zu ihren Männern.
    Bolitho sprach seine Gedanken laut aus. »Sie werden versuchen, uns voneinander zu trennen. Signalisieren Sie
Styx
und
Lookout,
daß sie den Feind im Rücken angreifen, sobald wir im Gefecht stehen.«
    Der junge Midshipman, der den Platz des toten Penels eingenommen hatte, schrieb kratzend auf seiner Schiefertafel und wartete dann mit halboffenem Mund, als bekäme er nicht genug Luft.
    Bolitho sah ihn gedankenverloren an und erfaßte in diesen wenigen Sekunden, wie jung, wie voller Hoffnung und Vertrauen er war.
    »Jetzt können Sie Signal Nummer sechzehn setzen, Mr. Keys! Und sorgen Sie dafür, daß es wehen bleibt.«
    Ein Ruck ging durch den Jungen, und dann rannte er zurück zu seinen Signalgasten. »Los, Steward!« hörte man ihn brüllen, »Setzen Sie das Signal ›Ran an den Feind‹!«
    Keys war schätzungsweise vierzehn. Wenn er den heutigen Tag überlebte, würde er sich dieses Augenblicks zeitlebens erinnern, dachte Bolitho.
    Langsam und unerbittlich kamen sich die beiden Formationen näher. Es war, als würden sie von irgendeiner übermächtigen Kraft gezogen, und als seien ihre Befehlshaber der wachsenden Gefahr gegenüber blind oder ahnungslos.
    Herrick fragte: »Sollen wir die Schlachtlinie bilden, Sir?«
    Bolitho antwortete nicht sofort. Er richtete sein Glas nacheinander sorgsam auf jedes seiner Schiffe und registrierte, daß alle ihre Geschütze ausgefahren hatten, die nun wie drohende Gebisse aussahen, während ihre Rahen und Segel unverändert standen.
    Die Nacht über hatte sich Bolithos Geschwader genau an den sorgfältig bedachten Plan gehalten. Nachdem sie sich von Kopenhagen abgesetzt hatten, hatte das Geschwader langsam Kurs geändert und dabei von der Windänderung profitiert, die es ihnen erlaubte, wieder näher an die Küste heranzugehen. Wie es schien, hatte sich ihr Plan glänzend bewährt. Hier waren die Galeeren, die mit nördlichem Kurs auf Kopenhagen zuhielten, um ihre mächtige Unterstützung anzubieten, sobald der britische Admiral Anstalten zum Angriff machte. Bolitho konnte sich jetzt entweder in einen Nahkampf mit ihnen einlassen, oder er konnte in gebührendem Abstand folgen und ihnen auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel möglichst großen Schaden zufügen.
    Die Anwesenheit der beiden Linienschiffe dritten Ranges irritierte ihn. Größere Kriegsschiffe waren im Zusammenwirken mit schnellen Ruderbooten meist nutzlos. Ihre unterschiedliche Beweglichkeit und Feuerkraft hatten sich bisher eher als hinderlich denn als nützlich erwiesen.
    Vielleicht wollten die Dänen diese Schiffe auch nur als Verstärkung nach Kopenhagen schicken und benützten den Schwarm der Galeeren als Begleitschutz dorthin.
    Er sagte: »Nein. Wir bleiben in zwei Kolonnen. Ich bin mir über die Absichten des Feindes noch nicht sicher. In einer festen Schlachtlinie wären wir noch gefährdeter.«
    Herrick schien überrascht. »Sie werden doch nicht wagen, uns anzugreifen, Sir! Ich würde es mit der
Benbow
allein gegen diesen Haufen aufnehmen.«
    Bolitho senkte sein Fernrohr und wischte sich das Auge. »Haben Sie jemals erlebt, wie Galeeren angreifen?«
    »Nein, ich selber habe damit keine Erfahrung, aber…« Bolitho nickte. »Aye, Thomas, aber.«
    Er dachte an das Bild, das er gerade durch sein Fernrohr gesehen hatte: zwei, möglicherweise drei Reihen von Galeeren, die zwischen den beiden großen Kriegsschiffen vorwärts marschierten. Es hatte etwas Entnervendes, dieses unaufhaltsame Vordringen. So ähnlich mußte es in alten Zeiten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher