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Fuehrungs-Spiel

Fuehrungs-Spiel

Titel: Fuehrungs-Spiel
Autoren: Bernhard Peters , Hans-Dieter Hermann , Moritz Mueller-Wirth
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Präsidium abwarten. Wer weiß, was passiert wäre, hätte ich die Einladungen, in nahezu allen Sport- und Talksendungen als neuer Sportdirektor des DFB aufzutreten, angenommen? Als Nächstes lud mich der DFB-Präsident zu einem weiteren Gespräch unter vier Augen nach Frankfurt ein. Er wiederholte seine diplomatischen Sätze, wonach ich wertvolle Impulse in den Fußball einbringen könne, dass aber auch Matthias Sammer als Kandidat gehandelt würde. Ich werde seine Wort nie vergessen: »Herr Peters, Fußball ist öffentlich«, sprach der Präsident, »ich bekomme den Namen Sammer nicht mehr aus der Zeitung heraus. Wenn es nach mir geht, würde ich Sie gerne beide für den deutschen Fußball gewinnen. Wir werden sehen, wie das Präsidium entscheidet.« Die »Zeitung« – das war gleichbedeutend mit der Springerpresse, insbesondere mit der Bild -Zeitung, die mich seit Tagen als »Klinsis Hockeytrainer« durch den Kakao zog. Vermutlich wusste er bereits, dass die Doppellösung für Jürgen ganz und gar unvorstellbar und damit der Weg frei war für Matthias Sammer. Doch noch war es nicht so weit.
    Es kam der Tag der Entscheidung, die Sitzung des DFB-Präsidiums. Oliver Bierhoff unterbrach extra seinen Malediven-Urlaub, Jürgen kam aus den USA. Es half alles nichts. Das Präsidium entschied sich für Matthias Sammer. Für mich war das allerdings keine Überraschung, denn Zwanziger hatte mich am Tag vorher darüber informiert, dass er von einem Votum des Präsidiums für Sammer ausgehe. Der Verweis auf die Mehrheitsverhältnisse war und ist bis heute die einzige inhaltliche Begründung für die Entscheidung gegen mich. Im Nachhinein rechne ich dem Präsidenten diese Vorab information hoch an. Am Ende des Telefonats erklärte er mir, dass er sich wünsche und vorstellen könne, zu einem späteren Zeitpunkt mit mir beim DFB zusammenzuarbeiten. Damals empfand ich dies als überaus schwachen Trost, heute weiß ich, dass er das ehrlich meinte. Und in der Tat wird mir als Teil des von Oliver Bierhoff eingerichteten »Kompetenzteams« viel Respekt entgegengebracht.
    Nachdem klar war, dass es zunächst nichts werden würde mit dem Fußball, war ich enttäuscht und traurig, ich hätte diesen Job zu dem Zeitpunkt als meine optimale nächste berufliche Herausforderung nach der Hockey-WM angesehen. Gleichzeitig fiel aber auch ein ungeheurer Druck von mir ab.
    Auf der Heimfahrt von Mönchengladbach, wo ich zum Zeitpunkt der entscheidenden Sitzung des DFB gerade einen Lehrgang abgehalten hatte, wurde mir diese für mein Leben so wichtige Entscheidung noch mehrfach von den Medien live und in Farbe überbracht: »Sammer wird Sportdirektor des DFB und nicht der von Bundestrainer Klinsmann vorgeschlagene Bundestrainer der Hockey n ationalmannschaft Peters!« Am Abend klingelte das Telefon, es meldete sich Matthias Sammer. Mir war nicht wirklich klar, was er wollte, vielleicht sollte es einfach eine sportliche Geste sein, was ich gut fand. Wir verabredeten uns, um uns in nächster Zeit einmal persönlich kennenzulernen. Am Abend nahm ich, schon im Halbschlaf, mein Foto in den Tagesthemen wahr, dort zeigten sie mich als Unterlegenen der Sportdirektorenwahl. Am Ende dieses Tages war ich einfach nur noch erschöpft, die Niederlage schmerzte. Aber nicht zuletzt Klinsmanns couragiertes Eintreten für seinen Plan, auch nach der Entscheidung, machte es in den nächsten Tagen leichter, dies alles zu verarbeiten. Am besten zusammengefasst hat es einer, dem man oft Gefühlskälte und mangelnde emotionale Tiefe unterstellt hat. Er schrieb mir eine Mail aus dem Flugzeug, auf dem Weg in seine Heimat, eine Nachricht voller Klarheit und Wärme, die Botschaft eines großen Kämpfers, der, wie ich, so ungern verliert: »Never think about yesterday, but always of tomorrow. Dein Jürgen«
    Leben lernen (2): Als Weltmeister in der Provinz
    Ohne Zweifel, ich hatte an dieser Entscheidung in den nächsten Wochen heftig zu knabbern, aber meine bevorstehenden großen Aufgaben erlaubten mir keinen Durchhänger. Ich wollte jetzt natürlich ganz sicher einen guten Abgang beim Hockey, ich fühlte mich total herausgefordert. Meine Affäre mit dem Fußball allerdings, das spürte ich, war durch die Entscheidung des DFB-Präsidiums nicht zu Ende.
    Es war kurz vor der Abreise der Hockey n ationalmannschaft zum Trainingslager nach Südafrika im März 2006, als das Telefon klingelte. Es meldete sich Ralf Rangnick, der ein paar Wochen zuvor bei Schalke 04 aufgehört hatte.
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