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Frühlings Erwachen (German Edition)

Frühlings Erwachen (German Edition)

Titel: Frühlings Erwachen (German Edition)
Autoren: Frank Wedekind
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– Nicht möglich! –
    Wendla zugleich Eine Bettlade hält er unterm Kinn, fiedelt die Wacht am Rhein drauf – – eben biegt er um die Ecke...
    Frau Bergmann Du bist und bleibst doch ein Kindskopf! – Deine alte einfältige Mutter so in Schrecken jagen! – Geh, nimm deinen Hut. Nimmt mich wunder, wann bei dir einmal der Verstand kommt. – Ich habe die Hoffnung aufgegeben.
    Wendla Ich auch, Mütterchen, ich auch. – Um meinen Verstand ist es ein traurig Ding. – Hab' ich nun eine Schwester, die seit zwei und einem halben Jahr verheiratet, und ich selber bin zum dritten Male Tante geworden, und habe gar keinen Begriff, wie das alles zugeht... Nicht böse werden, Mütterchen; nicht böse werden! Wen in der Welt soll ich denn fragen als dich! Bitte, liebe Mutter, sag es mir! Sag's mir, geliebtes Mütterchen! Ich schäme mich vor mir selber. Ich bitte dich, Mutter, sprich! Schilt mich nicht, daß ich so etwas frage. Gib mir Antwort – wie geht es zu? – wie kommt das alles? – Du kannst doch im Ernst nicht verlangen, daß ich bei meinen vierzehn Jahren noch an den Storch glaube.
    Frau Bergmann Aber du großer Gott, Kind, wie bist du sonderbar! – Was du für Einfälle hast! – Das kann ich ja doch wahrhaftig nicht!
    Wendla Warum denn nicht, Mutter! – Warum denn nicht! – Es kann ja doch nichts Häßliches sein, wenn sich alles darüber freut!
    Frau Bergmann O – o Gott behüte mich! – Ich verdiente ja... Geh, zieh dich an, Mädchen; zieh dich an!
    Wendla Ich gehe... Und wenn dein Kind nun hingeht und fragt den Schornsteinfeger?
    Frau Bergmann Aber das ist ja zum Närrischwerden! – Komm, Kind, komm her, ich sage es dir! Ich sage dir alles... O du grundgütige Allmacht! – nur heute nicht, Wendla! – Morgen, übermorgen, kommende Woche... wann du nur immer willst, liebes Herz...
    Wendla Sag es mir heute, Mutter; sag es mir jetzt! Jetzt gleich! – Nun ich dich so entsetzt gesehen, kann ich erst recht nicht eher wieder ruhig werden.
    Frau Bergmann Ich kann nicht, Wendla.
    Wendla Oh, warum kannst du nicht, Mütterchen! – Hier knie ich zu deinen Füßen und lege dir meinen Kopf in den Schoß. Du deckst mir deine Schürze über den Kopf und erzählst und erzählst, als wärst du mutterseelenallein im Zimmer. Ich will nicht zucken; ich will nicht schreien; ich will geduldig ausharren, was immer kommen mag.
    Frau Bergmann Der Himmel weiß, Wendla, daß ich nicht die Schuld trage! Der Himmel kennt mich! – Komm in Gottes Namen! – Ich will dir erzählen, Mädchen, wie du in diese Welt hineingekommen. – So hör mich an, Wendla...
    Wendla unter ihrer Schürze Ich höre.
    Frau Bergmann ekstatisch Aber es geht ja nicht, Kind! – Ich kann es ja nicht verantworten. – Ich verdiene ja, daß man mich ins Gefängnis setzt – daß man dich von mir nimmt...
    Wendla unter ihrer Schürze Faß dir ein Herz, Mutter!
    Frau Bergmann So höre denn...!
    Wendla unter ihrer Schürze, zitternd O Gott, o Gott!
    Frau Bergmann Um ein Kind zu bekommen – du verstehst mich, Wendla?
    Wendla Rasch, Mutter – ich halt's nicht mehr aus.
    Frau Bergmann Um ein Kind zu bekommen – muß man den Mann – mit dem man verheiratet ist... lieben – lieben sag' ich dir – wie man nur einen Mann lieben kann! Man muß ihn so sehr von ganzem Herzen lieben, – wie sich's nicht sagen läßt! Man muß ihn lieben , Wendla, wie du in deinen Jahren noch gar nicht lieben kannst... Jetzt weißt du's.
    Wendla sich erhebend Großer – Gott – im Himmel!
    Frau Bergmann Jetzt weißt du, welche Prüfungen dir bevorstehen!
    Wendla Und das ist alles?
    Frau Bergmann So wahr mir Gott helfe! – – Nimm nun den Korb da und geh zu Ina hinunter. Du bekommst dort Schokolade und Kuchen dazu. – Komm, laß dich noch einmal betrachten – die Schnürstiefel, die seidenen Handschuhe, die Matrosentaille, die Rosen im Haar... dein Röckchen wird dir aber wahrhaftig nachgerade zu kurz, Wendla!
    Wendla Hast du für Mittag schon Fleisch gebracht, Mütterchen?
    Frau Bergmann Der liebe Gott behüte dich und segne dich – Ich werde dir gelegentlich eine Handbreit Volants unten ansetzen.

Dritte Szene
    Hänschen Rilow ein Licht in der Hand, verriegelt die Tür hinter sich und öffnet den Deckel Hast du zu Nacht gebetet, Desdemona? Er zieht eine Reproduktion der Venus von Palma Vecchio aus dem Busen – Du siehst mir nicht nach Vaterunser aus, Holde – kontemplativ des Kommenden gewärtig, wie in dem süßen Augenblick aufkeimender Glückseligkeit, als ich
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