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Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Titel: Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)
Autoren: Miriam Pharo
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den Kommunikator aufsetzen, als ein daran haftender Geruch mich stutzen lässt. Er ist nicht mehr als eine Ahnung, dennoch ist er da. Diese ekelhafte Note würde ich überall wieder erkennen. Bemerkt habe ich sie zum ersten Mal in Ivy Füchtjohanns Büro. Interessant. Vielleicht gründet ihr tränendes, stinkendes Auge doch nicht von einer schiefgelaufenen Augapfel-Politur, sondern von etwas, das mit Lionel zusammenhängt. Ich spinne den Gedanken weiter. Möglicherweise hatte Ivy Füchtjohann den Kommunikator in ihren Besitz gebracht und 493k beauftragt, Jimmy zu erpressen. Möglicherweise hat sie ihren Chefparfumeur sogar getötet, weil er zu gierig geworden ist und sie befürchten musste, dass er sich ihr Lebenswerk unter den Nagel reißt. Kurz überlege ich, der Sache nachzugehen, doch dann entscheide ich mich dagegen. Meine Aufgabe besteht darin, den Kommunikator aufzutreiben. Nicht mehr und nicht weniger. Ich werde Inspektor Brügell allerdings einen Hinweis zukommen lassen. Ein Polizist, der in meiner Schuld steht, kann nicht schaden.
      Nach einem kurzen Zögern, das sicher nicht mehr als eine Zehntelsekunde anhält, aktiviere ich den Kommunikator auf meiner Nase. Ich muss nicht lange suchen. 493k hat die relevanten Informationen in einen Unterordner gepackt, der mit einem Smiley versehen ist. Ich öffne den Ordner und während ich die Informationen durchgehe, mutiert mein Gesicht immer mehr zu eben jenem Emoticon. Einige Minuten später deaktiviere ich den Virtuellen Kommunikator, bevor ich ihn in der Innentasche meiner Jacke verstaue. Erstklassiger Stoff. Ich werde in Ruhe überlegen, wie ich dieses Wissen nutzen kann. Eines ist aber gewiss: Ich habe Jimmy bei den Eiern.
      Mit einem stolzen Lächeln händige ich ihm kurz danach den Kommunikator aus. Natürlich fragt er mich, ob ich einen Blick riskiert habe. Was soll ich sagen? Ich bin ein begnadeter Lügner.
      Der Rest ist schnell erzählt. Mittlerweile hat die Forensik in München City festgestellt, dass sich eine Substanz durch Lionels Stirnlappen nach außen gefressen hat, die letztlich zu seinem Tod geführt hat. Offenbar ist das Loch in seiner Stirn im Nachhinein durch äußere Gewalteinwirkung vergrößert worden. Bei der Analyse ist erneut dieser eigenartige Geruch aufgetaucht und als Absonderung eines Pflanzenhybrids mit dem Namen Cymbidium Devonanum Purpureum identifiziert worden.
      Schneller als man „Riechschleimhaut“ sagen kann, steht die Polizei bei Ivy Füchtjohann auf der Matte. Inspektor Brügell, ein Vernehmungskünstler, setzt die alte Frau unter Druck, bis sie alles zugibt. Ausschlaggebend für ihre Kapitulation ist letztlich die schockierende Erkenntnis, dass der Junge noch gelebt hat, als ihm Nase und Ohren abgeschnitten wurden.
      Lionel und sie experimentieren mit einer genetisch veränderten Orchidee, als der Unfall passiert. Einige der gefährlichen Pollen entweichen aus dem Glaszylinder und Ivy Füchtjohann, die etwas abseits steht, kommt mit einer zerstörten Bindehaut des linken Auges davon. Lionel hat weniger Glück. Innerhalb weniger Minuten gelangen die Pollen durch die Nase in seine Stirnhöhlen, wo sie ihr gefräßiges Werk verrichten. Ivy, die um den guten Ruf ihres Unternehmens fürchtet, nimmt daraufhin Rupert und dessen Vater in die Pflicht.
      Nachdem das Trio annehmen muss, dass Lionel tot ist, geht es ans Werk: Der Vater schabt das faulige Fleisch aus der Wunde, der Sohn schneidet Nase und Ohren ab und am Ende greift Ivy Füchtjohann, die Kricket-Vizemeisterin von 2015, 2016 und 2019, nach ihrem Spazierstock und donnert den schweren Knauf schwungvoll gegen Lionels Stirn, wo er ein golfballgroßes Loch hinterlässt.
      Von Natur aus misstrauisch hat Ivy Füchtjohann ihr Büro gecheckt, nachdem ich es verlassen habe, und die Wanze entdeckt. Ab da war es für sie ein Leichtes, mich und damit auch die Polizei auf ihre falsche Fährte zu locken.
      Als sie von Inspektor Brügell abgeführt wird, steht die halbe Biosphäre Spalier. Schön zu wissen, dass es Dinge gibt, die sich niemals ändern. Beim Vorbeigehen nickt mir das knittrige Rosinengesicht fast unmerklich zu und ich nicke ebenso dezent zurück. Die Schüchternheit können wir uns sparen, denn niemand achtet auf uns. Alle Blicke sind auf die desolate Erscheinung an seiner Seite gerichtet: Die silberne Haarpracht hat sich aus dem Knoten gelöst und hängt in einzelnen Strähnen herunter; die verrutschte Sonnenbrille entblößt ein rotstichiges Auge,
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