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Frettnapf: Roman

Frettnapf: Roman

Titel: Frettnapf: Roman
Autoren: Murmel Clausen
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ihr ein Jahreseinkommen verspricht, von dem ich nur träumen kann. Klar, meine Mutter hat drei Jahre nicht unterrichtet, sondern ist bei mir geblieben, bis ich alt genug für den Kindergarten war. Krippen und Kindertagesstätten waren zu der Zeit eben noch unpopulär, der Generation meiner Eltern ging es schließlich verdammt gut, besser als es je einer gegangen ist und jemals einer gehen wird. Unter anderem ein exzellenter Grund, unfassbar alt zu werden.
    Die andere Frage ist, ob ich es gerne sähe, wenn Matilda in eine Krippe geht, ob Jessi das befürworten würde, oder ob ich nicht gleich meine kommenden drei Jahre als Vater planen sollte. Immerhin bin ich dafür, ein Kind mindestens die ersten zwei Lebensjahre nicht dem Stress auszusetzen, den der Alltag in einer entsprechenden Einrichtung mit sich bringt. Und wenn wir uns das leisten können, würde ich mir auch zutrauen, Vollzeitvater zu werden.
    » Ich könnte die Kleine jeden Tag mit in Svens Wohnung nehmen, mit ihr die Frettchen füttern, kontrollieren, ob die Fahrraddeppen nichts kaputt gemacht haben, hey, ich hätte immer was zu tun.«
    Jessi schmiegt sich an mich.
    » Was ich an dir liebe, ist deine Blauäugigkeit. Ich meine, ich glaube dir, dass du alles tun würdest, um nicht arbeiten zu müssen, aber nach dem, was ich weiß, wünscht sich jede normale Mutter spätestens nach achtzehn Monaten nichts sehnlicher, als endlich mal wieder alleine das Haus verlassen zu können.«
    » Echt?«
    » Vierundzwanzig Stunden am Tag auf ein Kind aufpassen soll ganz schön krass sein.«
    » Krass krass?«
    » Krasser.«
    » Krass.«
    » Und bevor du jetzt weiterredest, habe ich noch eine Frage. Eine wichtige.«
    Bevor sie diese stellen kann, beantworte ich schon mal die naheliegendsten: Nein, ich bin nicht in Leo veliebt, da muss sie sich keine Sorgen machen. Nein, ich habe nicht wieder vor, durchzudrehen und mich als Gesamtpaket infrage zu stellen, da ist einfach nichts, was sich infrage stellen lässt. Und, ja, ich würde ihr sofort noch ein Kind machen, wäre ich dazu in der Lage und sie nicht momentan schwanger. Ich lobe sie noch, die extrem gute und wirksame Verhütungsmethode Schwangerschaft gewählt zu haben, dann gehen mir die doofen Witzchen aus, und ich muss mich der schweren Frage stellen.
    » Warum willst du mich heiraten?«

Pferdemesse
    »Von den über 250 Ausstellern der Pferd-International München werden auch ausgefallene Wünsche erfüllt.«
    Am ersten April stehe ich im Standesamt Mandlstraße und warte auf die Braut. Ein besseres Hochzeitsdatum gibt es nicht, allein schon, um später immer eine Möglichkeit zu haben, das Vergessen des Jahrestages mit einem » April, April« vertuschen zu können. Um dann möglichst fix Blumen zu kaufen und einen Tisch im Blauen Bock zu reservieren. Neben mir hibbelt Hondo, der in seinem Armanianzug wirklich was hermacht. Trotzdem– so nervös wie heute habe ich ihn noch nie erlebt. Was eine äußerst dämliche Aussage ist, denn ich war bis heute überzeugt, dass Hondo alle Eigenschaften eines guten Betablockers in sich vereint und so etwas wie Nervosität nicht mal in seinem Wortschatz hat.
    Endlich erscheint auch Jessi, die aussieht, als würde sie bald platzen, begleitet von ihren Eltern. Es sind nur noch knapp zwei Wochen bis zu unserem Geburtstermin, und ich begreife langsam, was für seine Strafe es sein muss, als Frau in ihrem Stadium vor den Standesbeamten treten zu müssen. Eine alkoholfreie Feier im kleinen familiären Rahmen, die Aussicht auf eine große Party in einem halben, vermutlich aber eher ein oder zwei Jahren, nein, das wäre nichts gewesen. Und die Hürden, die einem der Staat in den Weg legt, wenn man nach der Geburt doch plötzlich fühlt, dass man seinen Partner ehelichen will, sind auch nicht so hoch wie angenommen.
    Wir haben das alles in den verbleibenden Tagen vor dem heutigen Termin ausführlich diskutiert und sind nun extrem glücklich mit dem Ergebnis. Es war die richtige Entscheidung, unseren Standesamtstermin Hondo und Aylin zu schenken. Und sehr nett von den Beamten, bei dem Tausch mitzuspielen. Dafür bin ich nun Trauzeuge.
    » Ein bisschen schade ist es ja schon«, begrüßt mich die Frau, die in circa dreißig Minuten um ein Haar meine erste und hoffentlich letzte Schwiegermutter geworden wäre.
    » Aber ihr schafft das auch ohne Trauschein«, fügt ihr Mann hinzu und reicht mir die Hand.
    » Davon bin ich überzeugt«, erwidere ich und nehme ihre Tochter in den Arm.
    »
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