Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
entschuldigte sich für einen Augenblick.
    Marshall Trueblood interessierte sich aus irgendeinem Grund viel mehr dafür, wie Melrose Plant vor dem Kamin herumstrich, als für das, was Jury ihm gerade erzählte. Melrose setzte sich auf den Stuhl, den Jury dort verlassen hatte, und schien sich die Schuhe neu zu binden.
    Mrs. Withersby verließ den Tresen mit einem Pappteller voll Würstchen und Blätterteigpasteten und begab sich zurück zu ihrem Stuhl, nicht ohne einen Umweg zu machen. Jury befürchtete schon, sie werde zu einer Verbalattacke auf ihn und Marshall ansetzen, merkte aber im nächsten Augenblick, daß die Schimpfkanonade jemandem im Fenster hinter Trueblood galt. In den kahlen Ranken des Rosenbusches zeigte sich das Gesicht Lady Ardrys. Es verschwand. Agatha war in Mrs. Withersbys Gunst gesunken, denn sie schrieb wieder einmal Briefe an den Herausgeber des Bald Eagle und machte einen Riesenaufstand vor der Gemeindeverwaltung, weil sie versuchte, den »Schandfleck« (wie sie es nannte) Long Piddletons zu tilgen. Dabei handelte es sich um eine Reihe Cottages, ehemaliger Armenhäuser am anderen Ufer des Piddle. Sie beherbergten den Withersby-Clan, und der Withersby-Clan war groß und (wie Melrose oft sagte) so altehrwürdig, daß er Anspruch auf sein eigenes Karomuster hätte anmelden können.
    Mrs. Withersby hatte Ihrer Ladyschaft ihre Zuneigung entzogen und diese Seiner Lordschaft geschenkt. Melrose engagierte sich nämlich für die Schwachen und Benachteiligten, in der Hauptsache mittels starker Getränke.
    Agatha kam in einer Schneewolke durch die Tür, ignorierte Mrs. Withersby und orderte ein großes Glas Sherry bei Dick Scroggs, der die Teller mit den Häppchen unter dem Tresen hatte verschwinden lassen, sobald er ihrer ansichtig geworden war.
    In der Zwischenzeit war Melrose zum Tisch zurückgekommen. Er sah zufrieden mit sich aus und nickte True-blood zu. Agatha hatte das Vergnügen, Neuigkeiten zu überbringen.
    »Sie ziehen in Watermeadows ein!« verkündete sie.
    Jury fragte, wer »sie« seien.
    »Ach Gott«, sagte Marshall Trueblood. »Die WEMs.«
    Jury zog die Stirn in Falten. Wer zum Teufel war das?
    »Die Wochenendmenschen. Hat Ihnen Melrose nicht erzählt, daß sie auch den Man with a Load of Mischief gepachtet haben? Mir wäre lieber, er zerfiele in Schutt und Asche. Woher wissen Sie es, Agatha? Das von Watermea-dows?«
    »Mr. Tutwith hat es mir selbst erzählt. Der Makler. Sie nehmen Watermeadows anstelle des Gasthofs.«
    »Das glaube ich nicht, Tante«, sagte Melrose. »Ich weiß aus sicherer Quelle, daß sie den Pub renovieren wollen.«
    »Na, dann hast du eben unrecht.«
    Damit war die Sache geklärt, und Jury fragte: »Was ist mit Lady Summerston?« Er hatte die alte Dame, der Wa-termeadows gehörte, immer gemocht. Er schaute aus dem Fenster, dachte an jenen Sommer vor vielen Jahren und fragte sich, ob es ein Lebensalter gab, in dem Erinnerungen ein Trost und keine Qual waren.
    »Ach, sie behält es ja. Sie vermietet es nur.«
    »Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß jemand Water-meadows als Wochenendrefugium mietet«, sagte Melrose.
    »Mein lieber alter Knabe, Sie verstehen die psychische Disposition der WEMS nicht. Die finden solche Häuser absolut göttlich. Am Freitag reist man aus London an; am Samstag schlüpft man in die Gummistiefel, holt die Hunde und knipst ein Foto vor dem Range Rover, dann braust man am Sonntag nach London zurück, und nur darum geht’s. Zeig deinen Freunden die Fotos, und sie werden gelb vor Neid.«
    Agatha sagte: »Sie möchte ein großes Eßzimmer und er will gärtnern -«
    »Uach«, sagte Trueblood und tat so, als werde ihm speiübel. »Mein Gott, ich verabscheue Männer, die gern gärtnern. Sie wandern in Ölhäuten und derben Schuhen durchs Gelände, reden über nichts anderes als über richtiges Kompostieren und bezeichnen die Blumen nur mit ihren lateinischen Namen.«
    »Ich kann mir aber idiotischere Freizeitbeschäftigungen vorstellen«, sagte Jury mit kühlem Blick auf Trueblood, der eine wohlgeformte Braue hob. »Gegen Lady Summerston und Hannah Lean hatten Sie doch nicht das geringste einzuwenden. Ich kann mich sogar erinnern, daß Sie eine hübsche Stange Geld an ihnen verdient haben.«
    »Sie scheinen nicht zu verstehen. Da lag die Sache ganz anders. Das waren keine Wochenendmenschen. Wissen Sie denn nicht, in welchem Umfang die WEMS in die Provinzen einfallen? Bringen ganze Dörfer in ihren Besitz -«
    »Bei Ihnen klingt das ja gerade so,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher