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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman
Autoren: Steffi von Wolff
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Auto schieben. Und ich hab ja gesagt. Und dann kamen zwei von der Baustelle vorbei, haben angehalten und uns gesehen, und was glaubst du, was da los ist seitdem bei mir in der Firma!!!« Ich kann es mir lebhaft vorstellen. »Ich werde gemobbt!«, weint er. »Letztens haben die mir einen Dildo hingestellt und eine
    Ölflasche daneben, und alle haben gelacht. Dann haben sie auch mal versucht, mir die Hose runterzuziehen!«
    Er heult immer lauter. Ich bin entsetzt. Das ist ja furchtbar. »Deswegen hast du so oft krankgemacht in letzter Zeit, stimmt’s?« Gero nickt. Gott, wie tut er mir Leid. »Jetzt geh erst mal schlafen und kurier dich aus. Ich muss in die Redaktion. Heute Abend reden wir weiter.« Ich lege Gero in mein Bett und decke ihn zu. »Kussi!«, sagt er. »Zwei Kussis!«
    Ich küsse ihn rechts und links auf die Backen und gehe wieder in die Küche.
     
    Frau Eichner ist auch wieder aufgetaucht und legt Wäsche zusammen. Sie verspricht mir, Gero was Leckeres zum Essen zu kochen, wenn er wach wird. Jetzt muss ich mich total beeilen. Natürlich komme ich trotzdem zu spät.
    Ich arbeite beim Radio. Hört sich toll an, was? Soll ich Ihnen was sagen? Es ist auch toll. Meistens jedenfalls. Wir sind ein tolles Team, wer bei uns arbeiten darf, bestimmen wir alle zusammen, und wir unternehmen auch alle miteinander privat ziemlich viel. Dann trinken wir alle miteinander ziemlich viel. Manchmal habe ich Angst, schon eine Halbalkoholikerin zu sein, und sehe mich in einer Selbsthilfegruppe mit lauter rotnasigen Mittfünfzigern mit karierten Hemden und gelben Augäpfeln sitzen, um dann aufzustehen und zu sagen: »Ich heiße Carolin und bin Alkoholikerin!« Aber ich tröste mich immer wieder damit, dass ich mir sage, dass es auch Tage gibt, an denen ich überhaupt keinen Alkohol zu mir nehme. Und richtige Alkoholiker trinken ja angeblich schon morgens Parfümflaschen leer, wenn nichts Trinkbares mehr im Hause ist. Das ist mir noch nie passiert.
     
    Der Hauptpförtner scheint eine schlechte Nacht gehabt zu haben; er blickt extra nicht von der Bildzeitung auf, als ich vor der Tür stehe. Mein Klopfen und Rufen ignoriert er. Schließlich werde ich böse und kratze mit meinem Autoschlüssel an die Scheibe, woraufhin er »Ei, sehn Se dann net, dass die Dür offe is?« durch den kleinen Lautsprecher brüllt.
    Entschuldigungen murmelnd haste ich durch die Eingangshalle. Alle sind schon da. Hoffentlich sieht mich keiner, was aber quasi unmöglich ist, da alle Büros verglast sind. Natürlich erblickt Henning mich sofort und kommt mir schnurstracks entgegen.
    »Mit wem hast du geschlafen?«, fragt er gierig.
    »Wie kommst du denn darauf?«, frage ich zurück.
    »A warst du gestern krank und b hat der Ben vor einer Viertelstunde bei dir zu Hause angerufen und DA GING EIN TYP ANS TELEFON !!!« Ben schießt um die Ecke. »Der war noch ganz verpennt!«, ruft er.
    Ja, ist denn das zu fassen! Hat man denn in diesem Saftladen
    überhaupt keine Privatsphäre mehr? Müssen alle darüber informiert werden, dass man seit einer Woche auf seine Tage wartet, wann wo ein Muttermal wegoperiert wird und wie der letzte One-Night-Stand sich angestellt hat (»Stellt euch vor, Gaby hat im ›Living‹ einen abgeschleppt und hat die ganze Nacht mit ihm gebumst. Der konnte zwölf Mal hintereinander! Gaby hat gesagt, so gut hat es ihr lange keiner mehr besorgt!« »Nein, wer war das denn?« »Irgendein Christoph. Von Klöthe und Schramm, so ein Werbefuzzi!« »Mit dem hatte Ina auch schon was!« »Was? Du erzählst mir SOFORT , wann das war!«)? Und so weiter. Ich gebe es auf. Es ist sowieso sinnlos. Ben und Henning stehen vor mir wie Schießhunde. »Kann ich mich vielleicht erst mal setzen?«
    Sie nicken gnädig.
    »Ohne Kaffee kann ich gar nichts erzählen«, sage ich entnervt. Sofort stürzt Ben zur Kaffeemaschine. »Wehe, du fängst an zu erzählen, bevor ich wieder da bin!«, droht er mir im Laufen. »Carolin hatte Sex!«, brüllt er durch die Redaktion. Alles schießt von seinen Sitzen hoch. Ich bin verzweifelt. Sie erwarten natürlich jetzt alle die Riesenstory. Und wenn ich was von Richard und Transvestit und einem vermeintlichen Toten und dem schwulen Gero und Höbau Müller erzähle, glaubt es mir eh keiner. Ich entschließe mich, etwas von einer heißen Nacht zu schwafeln. So was wird immer gerne gehört und geglaubt. (» 48 Zentimeter. Ich werde verrückt!« »Er hat tatsächlich deine Beine an der Küchenlampe festgebunden und dann
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