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Freiheit

Freiheit

Titel: Freiheit
Autoren: Joachim Gauck
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diesen Entwürfen weniger Freiheit, weniger Lebensfreude, weniger Rechtssicherheit und weniger Wohlstand erlebt. Und deshalb gibt es keinen Grund für den alt-neuen Versuch, eine neue Variante von Antikapitalismus in die politische Debatte zu bringen.
    Freilich möchte ich gerne, dass wir den kapitalistischen Wirtschaftssystemen so kritisch gegenübertreten wie den verschiedenen politischen Richtungen. Es soll und muss debattiert werden, ob konservative, liberale oder linke Vorstellungen einer sozialen Marktwirtschaft eher gerecht werden oder bessere Lösungen für künftige Krisen anbieten. Aber wer meint, dass Entfremdung einzig in den kapitalistischen Ländern auftrete, der ist blind oder ideologisch. Wir haben ganze Erdteile erlebt, in denen fast keiner über Kapital verfügte, aber die Entfremdung viel größer war als in Ländern und Gesellschaften mit Kapital. Denn eines ist klar: Wir sind nicht allein und nicht primär durch unsere Rolle im Wirtschaftsleben bestimmt. Entscheidend ist die Teilhabe an der Macht oder die Unterwerfung unter die Macht, die uns zu Bürgern oder zu Nichtbürgern macht.
    60 Jahre, nachdem diese Republik sich zu einer demokratischen Republik erklärt hat, können wir daran glauben, dass sie es vermag, eine demokratische Gesellschaft zu sein. Nun müssen wir dieser Gesellschaft dabei helfen, daran zu glauben, dass sie den neuen Herausforderungen gewachsen sein wird.
    Denn nur, wenn wir an die Potenzen glauben, die in uns verborgen sind, wenn wir sie nutzen und anwenden, werden wir mit uns selbst zufrieden und anderen ein Segen sein können. Die Bewusstheit darüber, wozu wir in der Zukunftsgestaltung imstande sind, muss deutlicher neben die Bewusstheit darüber treten, welche Fehler und Verbrechen wir oder unsere Vorfahren in der Vergangenheit begangen haben.
    Ich wünschte mir, dass sich unsere Gesellschaft tolerant, wertbewusst und vor allen Dingen in Liebe zur Freiheit entwickelt und nicht vergisst, dass die Freiheit der Erwachsenen Verantwortung heißt.
     
    Dieser Text geht auf eine Rede zurück, die der Autor im Januar 2011 anlässlich des Neujahrsempfangs der Evangelischen Akademie Tutzing gehalten hat.
     
     
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