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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus
Autoren: Sahra Wagenknecht
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seiner Idee Profit.
    Lieber fünf falsche Ideen finanzieren als eine gute sterben lassen
    Diesen zentralen Punkt muss eine innovative Wirtschaftsordnung ändern: Eigenkapitalhilfen und Investitionskredite gerade für kleine Unternehmen und Neugründungen zur Verfügung zu stellen muss zu einem zentralen Bestandteil des Versorgungsauftrags öffentlicher Banken werden. Und zwar zu Konditionen, die Luft zum Atmen lassen. Es gibt öffentliche Förderprogramme natürlich auch heute schon. Aber es sind viel zu wenige und oft sind sie mit viel zu vielen bürokratischen Hürden verbunden.
    Dass nicht alles finanziert werden kann, versteht sich. Jede Bank steht vor der Schwierigkeit, tragfähige Geschäftsideen von versponnenen Träumereien zu unterscheiden. Nur: Nicht wenige Erfindungen, die später die Wirtschaft umgewälzt haben, sahen am Anfang wie versponnene Träumereien aus. Die Grenzlinie zwischen Sinn und Unsinn ist vorab schwer zu ziehen.
     
    Heute verfahren Banken nach der Maxime, lieber zehn gute Ideen sterben zu lassen, als eine schlechte zu kreditieren. Dieses Prinzip muss umgekehrt werden: Es ist volkswirtschaftlich besser, zehnmal Unfug zu finanzieren und später abzuschreiben, wenn dadurch wenigstens sichergestellt ist, dass der eine Geniestreich, den es im Ideenangebot auch gibt, nicht durch den Rost fällt.
     
    Im Vergleich zur Billionenvernichtung durch Subprime-Hypotheken oder Private-Equity-Kredite wäre die Umsetzung dieses Prinzips in jedem Falle auch noch sparsamer.
    Allerdings braucht es auch neuer Rechtsformen, die einen wesentlich größeren Eigentümerkreis ermöglichen als das traditionelle Personenunternehmen oder die GmbH. Es muss möglich sein, Mitarbeitergesellschaften oder Belegschaftsbetriebe zu gründen, dafür braucht es einen vorteilhaften und passenden rechtlichen Rahmen. Das heutige Genossenschaftsrecht ist zu diesem Zweck kaum zu gebrauchen. Es ist steuerlich unvorteilhaft und nicht auf Gewinnerzielung angelegt, denein Unternehmen aber zur Investitionsfinanzierung braucht. Es gibt zwar erfolgreiche Genossenschaften im Bereich Wohnungsbau, in der Landwirtschaft, in der Kreditwirtschaft und in einigen anderen Dienstleistungsbereichen, aber aus gutem Grund kaum Produktivgenossenschaften. Hier besteht rechtlicher Anpassungsbedarf, zumal auch das Problem von fehlendem Eigenkapital und Sicherheiten sich bei vielen Eigentümern leichter lösen lässt.
    Das schließt ein, dass Belegschaftsunternehmen in Zukunft ebenso guten Zugang zu Finanzierungen haben müssen wie traditionelle Firmen. Das ist heute nicht der Fall. Genossenschaften etwa haben es normalerweise schwer, von den Banken Kredit zu bekommen, noch schwerer als »normale« Kleinbetriebe. Nicht wenige sind an diesem Problem zugrunde gegangen.
    Über Vermögenssteuern zur Mitarbeiterbeteiligung
    Wer ein Unternehmen gründet, dem gehört es zunächst mit vollem Recht. Denn ohne seine Initiative gäbe es das Unternehmen nicht. Je mehr ein Unternehmen wächst, desto mehr verdankt es seine Existenz allerdings nicht mehr nur dem Gründer und Geschäftsführer, sondern auch der wachsenden Zahl der Mitarbeiter. Daher sollte ab einer gewissen Unternehmensgröße die von Ota Šik angeregte »Neutralisierung des Kapitals« beginnen. Nicht nur um der Mitarbeiter, sondern auch um des Unternehmens willen.
    Ein Instrument dafür wäre die Wiedereinführung einer allgemeinen Vermögenssteuer, die bei Finanz- und Immobilienvermögen an den Staat zu zahlen, bei Betriebsvermögen dagegen in unveräußerliche Belegschaftsanteile umzuwandeln ist. Diese Anteile könnten wie eine Art Stiftung verwaltet werden, deren Treuhänder von der Belegschaft bestimmt werden. Das Geld bliebe also im Unternehmen, würde aber allmählich den Entscheidungsspielraum des ursprünglichen Eigentümers zugunsten realer (mit Eigentum unterlegter) Mitbestimmungsrechte der Belegschaft zurückdrängen. Im Ergebnis könnte der Eigentümer in Unternehmen oberhalb einer gewissen Größe nicht mehr allein über die Unternehmensstrategie entscheiden. Frau Schaeffler etwa hätte ihre Belegschaft fragen müssen, ehe sie das Conti-Abenteuer wagen durfte.
    Außerdem kann sich der Eigentümer dann auch nur noch maximal den Teil des Gewinns ausschütten, der auf seinen Kapitalanteil entfällt, während der auf das Mitarbeitereigentum entfallende in jedem Fall im Unternehmen verbleibt. Je mehr der ursprüngliche Eigentümer dem Unternehmen auf diese Weise entzieht, desto schneller sinkt
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