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Frauenversteher

Frauenversteher

Titel: Frauenversteher
Autoren: Carsten Hoefer
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Beinkleid, welches anzuziehen mir aufgetragen wurde. Das kann sich heutzutage wahrscheinlich kaum noch ein Mensch vorstellen, aber damals haben Mütter die Kleidungsstücke der Familie tatsächlich in zeitraubender Handarbeit geflickt. Geflickt! Wer flickt denn heutzutage bitte noch Strumpfhosen? Egal, meine Mutter bestand darauf, dass ich im Winter die ollen Kratzstrumpfhosen meiner Schwester anziehen sollte. »Damit dir nicht so kalt wird.«
    Diese manifestierten Hautreizungen waren mir natürlich auch noch viel zu groß. Meine Mutter hat mich da quasi so reingeschüttelt. Kennen Sie das, wenn Sie den Müll im Gelben Sack noch mal so nach unten schlackern wollen? Dann heben Sie den Sack an zwei Seiten ruckartig in die Höhe, und der schwerere Müll rutscht nach unten durch. Genau so hat es meine Mutter mit mir und den hundekotbraunen Kratzwollstrumpfhosen meiner Schwester gemacht. Das hat manchmal schon einen Moment gedauert. Entweder bis meine Füße unten in der Strumpfhose angekommen waren oder,
je nach Schnitt im Schritt, bis mein Skrotum die Schüttelei auf schmerzliche Weise beendete. Dann musste ich auf diese überaus eingeklemmte Weise in die Schule gehen! Spätestens wenn ich mit diesem Ding in der Schule angekommen war, wurde es mit Hose und darunterliegender Strumpfhose viel zu warm.
    Was passiert wohl, wenn Kratzwolle mit Schweiß durchtränkt auf empfindliche Kinderhaut trifft und bei jedem Schritt scheuernd darüberschabt? Es juckt höllisch. Mein Gott, hat das gejuckt! Aber viel schlimmer war es, wenn wir Sportunterricht hatten. Dann stand ich da in den Jungsumkleiden (immerhin!) mit der hundekotbraunen, viel zu großen, verschwitzten und geflickten Wollstrumpfhose meiner Schwester. So weit habe ich es nur einmal kommen lassen. Danach war ich immer der Letzte, der in die Umkleide hineinging, und der Letzte, der sie wieder verließ.
    Zu jener Zeit wurde ich der arglistigen Täuschung meiner Schwester gewahr, und ich entschied mich, von nun an ein Junge und später ein Mann zu sein. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer Sprung für mich. Sie kennen vielleicht den berühmten Satz von Neil Armstrong bei seinen ersten Schritten auf dem Mond: »Dies ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit.« Da ich genau an dem Tag geboren wurde, als Neil Armstrong diesen Satz in die Welt entließ, hat er für mich irgendwie eine besondere Bedeutung.
    Ich verbrachte also große Teile meiner Kindheit als Mädchen, bis ich mich aufgrund semitraumatischer Strumpfhosenerfahrungen dazu entschloss, ein Mann zu sein. So gesehen hatte meine Schwester dann doch wieder irgendwie recht. Ich war lange Zeit (fast) ein Mädchen und habe mich dann selbst dazu entschieden, ein Mann zu werden.

Mann und Frau treffen aufeinander
    Als ich an diesem Abend noch ein wenig mit Claudia und Peter in der gemütlichen Lounge des Theaters saß und wir über Frauen, Männer und die großen Verständnisprobleme der Geschlechter sprachen, fragte ich die beiden, wie sie sich kennengelernt hatten. Wie sich zeigen sollte, ähnelte ihre Geschichte der Geschichte von vielen anderen Paaren.

Mann trifft Frau
    Vor Peter war Claudia fast zwei Jahre Single gewesen. Nicht dass sie keine Möglichkeiten oder Chancen bei Männern gehabt hätte, im Gegenteil. Auf den allerersten und zweiten Blick bot sie Männern vieles, was diese als attraktiv und anziehend bezeichnen würden. Beim ersten Hingucken sahen viele Männer in Claudia eine attraktive, latent sportliche, schlanke Frau Mitte dreißig.
     
    Signalwirkung bei den Männern: »Prima, diese Ü30-Kandidatin hat mit großer Wahrscheinlichkeit bereits alle für mich wichtigen Erfahrungen mit Männern gemacht. Sie weiß, dass der Prinz auf dem weißen Pferd Kinderblödsinn ist, hat vielleicht auch schon die eine oder andere Enttäuschung überlebt, und sie weiß, wie der Hase läuft. Sehr schön, sie sieht gut genug aus, um sich in der Öffentlichkeit an meiner Seite zeigen zu können. Vielleicht kann ich mit ihr sogar ein bisschen angeben. Es passt, dass sie besser aussieht als der Durchschnitt, aber nicht so gut, dass ich als Mann neben ihr schlecht aussehe.«
    Viel mehr interessiert die meisten Männer auf den allerersten Blick nicht.
    Auf den zweiten Blick stellten diese Männer dann fest, dass Claudia selbstbewusst war, ohne arrogant oder überheblich zu wirken. Sie war intelligent und gebildet, ohne besserwisserisch zu sein. Sie verdiente ihr
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