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Flug des Adlers

Titel: Flug des Adlers
Autoren: E. E. Knight
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Mais.
    Der Maisgeruch kam von dem Stoff, der über seinem Gesicht lag, vermutlich ein Futtersack. Klebrige, feuchte Schweinerei in seiner Hose. Er versuchte, sich zu erheben, aber seine Hände wurden hinter seinem Rücken mit Handfesseln festgehalten. Kämpf, kämpf, kämpf.
    »Hey, der kommt schon wieder zu sich«, sagte eine heisere Stimme. Die Worte klangen verdreht in seinen Ohren, in denen eine donnernde Brandung gegen ein tiefes Brummen kämpfte, eine Reminiszenz an die Maschinen der alten Thunderbolt bei hoher Drehzahl.
    Ein etwas höheres Jaulen: »Der Doc hat gesagt, er wäre bestimmt zwölf Stunden lang weg. Von so etwas hat er nichts gesagt, nicht ansatzweise.«
    »Bei seiner Konstitution war das für ihn vermutlich nur ein kleines Nickerchen«, fügte eine weibliche Stimme hinzu. Dann räusperte sie sich. »Bringen Sie ihn rein, und setzen Sie ihn aufrecht hin. Ich hole die anderen.«

    Ein kleines Nickerchen, natürlich. Valentine spannte und dehnte die Muskeln, versuchte, etwas von dem Teer zu lösen, gegen den jemand das Blut in seinen Adern ausgetauscht hatte. Sie setzten ihn auf einen Stuhl, und er fühlte ein widerwärtiges Glitschen in der Unterwäsche.
    Eine Nadel stach in seinen Arm. Dieses Mal blieb er wach.
    Mehr oder weniger.
    Schwer zu sagen, ob die Zeit weiterlief. Er fluchte, aber über seine Lippen kam nur ein trockenes Ächzen. Das Vokabular jenes arbeitswilligen Teils seines Gehirns, der gerade versuchte, seinen Mund zu steuern, schien auf profane Äußerungen beschränkt zu sein.
    Mehr Worte, aber sie ergaben keinen Sinn.
    Dann war er wach, aber jetzt war der Stoff auf seinem Gesicht nass; ebenso wie seine Brust und seine Schultern.
    »Bewegung, Valentine«, sagte die heisere Stimme. Nun vernahm er sie deutlicher als zuvor.
    Sie kennen meinen Namen. Das kann nichts Gutes bedeuten.
    Die heisere Stimme wieder: »Verstehst du mich?«
    Valentine brauchte Zeit zum Nachdenken, doch da war noch mehr Wasser.
    »Kann ihn mal jemand mit einem Stück Seife waschen? Er könnte es wirklich brauchen«, sagte eine weit entfernte weibliche Stimme. Schwer zu sagen, ob es die war, die er schon vorher gehört hatte; die vorangegangene Unterhaltung war ihm so vage in Erinnerung wie ein Traum.
    Eine andere Stimme, weiblich, näher: »David S. Valentine, ehemaliger Major des Kommandos Süd, schön, dass wir uns endlich kennenlernen.«
    »Miftfau«, krächzte Valentine.

    »Ich nehme an, Ihnen ist bewusst, dass Sie sich eine Menge mächtige Feinde gemacht haben. Wer sich als Dorn erweist, wird rausgezogen und zertreten.« Räuspern, gefolgt von leisem Husten. Das war die Stimme, die er im Wagen gehört hatte.
    »Kopfjägerteams, Mann«, sagte die heisere Stimme. »Du hast Kopfjägerteams an deinem Arsch. Genau wie das, das deine Leute geholt hat. Genau wie das, das jetzt dich hat.«
    »Er ist jetzt wach. Ich habe gesehen, wie sein Kopf gezuckt hat.«
    Darum geht es also, dachte Valentine. Ob sie mich wohl aufhängen wie F.A. James in Iowa? Nein, irgendein Kur wird mich kriegen.
    Die heisere Stimme: »Es gibt eine fette Belohnung. Wir müssen dich nur auf die Nordseite des Missouri bringen, und wir werden alle reich sein.«
    »Dann gebt den Reichtum nur schnell aus, ihr Arschlöcher«, sagte Valentine. Er nuschelte, aber die Worte klangen in seinen Ohren verständlich genug. »Da gibt es ein paar Bären und eine Katze, die sich euch im Gegenzug schnappen werden.«
    Valentine hörte leichtfüßige Schritte, und der Sack löste sich von seinem Gesicht - ein wenig schmerzhaft, er nahm eine Blutkruste an seinem Kinn mit.
    Alessa Duvalier stand vor ihm und hielt den Futtersack in Händen. Ihre Sommersprossen waren mit dem Lauf der Jahreszeiten verblasst, und sie trug einen frischen Verband an der Hand. Ein langer, zerfetzter Mantel hing über ihren schmalen Schultern. »Falls ich die Katze bin, von der du sprichst, dann wäre ich da nicht so sicher, Val«, sagte sie. »Ich erinnere mich immer noch gut an den Klaps, den du mir in St. Louis versetzt hast. Es hat ewig gedauert, bis die Wunde in meinem Mund verheilt ist.«

    Verwirrte Erleichterung durchflutete Valentine. Er versuchte, Worte zu formulieren, aber sie wollten nicht über seine Lippen. Seine Augen wurden feucht.
    »Holen Sie ihm etwas Wasser, Roberts«, sagte eine uniformierte Frau auf der anderen Seite des Raums. Der Geruch von Moder und Termiten lag in der Luft. Sie kehrte ihm den Rücken zu und studierte eine Reihe Hochzeitsfotos an der Wand. Auf der
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