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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit
Autoren: Roger Zelazny
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Erzulie ist gütig gewesen.«
    Ich nickte.
    »Sie mag dich, Nomikos. Du lebst lang, du reist viel, und du kommst immer zurück.«
    »Immer«, sagte ich.
    »Diese Leute …?«
    Sie wies auf meine Begleiter.
    »Freunde. Man braucht sich um sie nicht zu kümmern …«
    Sie lachte, als ich das sagte.
    »Ich werde sie dir vom Leib halten, wenn wir bleiben dürfen. Wir werden im Dunkeln bleiben, drüben an der Wand. Wenn du mir sagst, ich soll mit ihnen weggehen, werde ich das tun.«
    »Bleibe«, sagte sie. »Aber komm und sprich mit mir am Tag, bald einmal, ja?«
    »Ich werde kommen.«
    Sie ging weg, und der Kreis der Tänzer machte Platz für sie. Sie war eine ziemlich üppige Frau. Ihre Bewegungen waren die einer Gummipuppe, nicht ohne Grazie, als sie ihre Schritte zu dem Donnergrollen der Trommeln von Papa Joe tanzte. Nach einer Weile füllte dieser Klang alles aus: meinen Kopf, die Erde, die Luft. Ich schaute den Tänzern zu. Und ich betrachtete die, die den Tänzern zuschauten.
    Ich trank Rum. Myshtigo nahm Schlucke aus seiner Colaflasche, die er mitgebracht hatte. Keiner merkte, daß er blau aussah, aber schließlich waren wir auch ziemlich spät erschienen und der Laden war ganz schön in Schwung.
    Rotperücke stand in einer Ecke und sah hochmütig und zugleich verängstigt aus. Myshtigo hielt Ellen neben sich fest, und dort blieb sie auch. Dos Santos stand an der Tür und beobachtete alle. Hasan, in der Hocke an der rechten Wand, rauchte eine langstielige Pfeife mit winzigem Kopf.
    Dann begann Mama Julie zu singen. Andere Stimmen nahmen den Gesang auf:
     
    Papa Legba, ouvri Bayê!
    Papa Legba, Attibon Legba, ouvri bayê pou pou passé!
    Papa Legba …
     
    Und das ging weiter und weiter und weiter. Ich begann mich schläfrig zu fühlen. Ich trank mehr Rum, wurde durstiger und trank noch mehr Rum.
    Ich weiß nicht, wie lange wir schon da waren, als es passierte. Die Tänzer hatten den Pfahl geküßt, gesungen und mit ihren Flaschenkürbissen gerasselt, sie hatten Wasser ausgegossen, und ein paar von den Hounis taten, als wären sie besessen, und redeten wirr, und das Mehlzeichen am Boden war ganz verwischt, viel Rauch hing in der Luft, ich lehnte mich an die Wand zurück, und ich fürchte, ich muß wohl ein oder zwei Minuten lang die Augen zugemacht haben.
    Der Lärm kam aus einer unerwarteten Richtung.
    Hasan schrie.
    Ein langgezogener Klageschrei ließ mich vorwärts springen. Benommen, wie ich war, verlor ich das Gleichgewicht und fiel mit einem Plumps gegen die Wand zurück.
    Das Trommeln hörte nicht auf, kein Schlag setzte aus. Aber ein paar Tänzer blieben stehen und stierten herüber.
    Hasan war aufgesprungen. Er fletschte die Zähne, die Augen waren zu Schlitzen zusammengezogen.
    Die Hände erwürgten in einer hypnotisch verlangsamten Bewegung einen nichtvorhandenen Mann.
    Tierische Laute quollen aus seiner Kehle.
    Schließlich begann er zu kichern, die Hände öffneten sich zuckend.
    Mama Julie löste sich aus dem Kreis und kam zu mir herüber – und gerade in diesem Moment begann Hasan die ganze Sache von neuem, diesmal noch besser gespielt.
    Papa Joe blickte nicht einmal auf.
    »Ein böses Zeichen«, sagte Mama Julie. »Was weißt du über diesen Mann?«
    »Allerhand«, sagte ich und zwang durch pure Willensanstrengung meinen Kopf zur Klarheit.
    »Angelsou«, sagte sie.
    »Was?«
    »Angelsou«, wiederholte sie. »Er ist ein dunkler Gott – einer, vor dem man sich in acht nehmen muß. Dein Freund ist von ihm besessen. Von wem er Besitz ergreift, der wird zum Mörder.«
    »Ich glaube, Hasan hat eine neue Pfeifenmischung ausprobiert.«
    »Angelsou«, sagte sie wieder. »Dein Freund wird ein Mörder werden, denn Angelsou ist ein Totengott, und er läßt sich nur mit den Seinen ein.«
    »Mama Julie«, sagte ich, »Hasan ist ein Killer. Er ist Berufskiller – innerhalb der gesetzlichen Grenzen natürlich. Meistens jedenfalls. Da auf dem Festland immer noch der Code Duello gilt, erledigt er die meisten seiner Jobs dort.
    … Also erklär mir«, sagte ich abschließend, »ist Angelsou der Gott der Killer oder der Mörder? Es sollte doch einen Unterschied geben zwischen den beiden Kategorien, oder?«
    »Nicht für Angelsou«, sagte sie. » Angelsou macht keinen Unterschied.«
    Dann versuchte Dos Santos das Schauspiel zu beenden und packte Hasan an beiden Handgelenken.
    Ich ging quer durch den Raum, und ein paar andere Männer kamen mir nach. Das sollte sich als glücklicher Zufall erweisen, denn Hasan schien
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