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Fluch der Hestande

Fluch der Hestande

Titel: Fluch der Hestande
Autoren: Hugh Walker
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sie stirnrunzelnd.
    »Was hast du?« Sie errötete weder, noch war sie verlegen.
    »Zieh das aus«, verlangte Mythor und half ihr mit dem Unterhemd.
    Als sie mit nacktem Oberkörper vor ihm stand, gab es keine Zweifel mehr. Sie hatte kleine Brüste, die unter einem losen Gewand nicht auffielen, und sie besaß kaum gerundete Hüften.
    Ihr Körper glich in der Tat sehr dem eines Jungen. Und ihre Art zu reden und zu handeln verriet ihr Geschlecht ebensowenig.
    Sie schlüpfte unbefangen aus den Kniehosen und beseitigte die letzten Zweifel, die da noch sein mochten. Dann wurde sie Mythors verwunderten Lächelns gewahr und seines Kopfschüttelns.
    »He, was ist mit dir? Siehst du etwas, das ich nicht sehe?«
    »Ein Mädchen«, sagte er nachsichtig.
    Sie wandte sich um, doch da waren nur die leichten Wellen des Sees.
    »Erinnerungen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es freut mich, daß du mir nun genug Vertrauen schenkst. Dein Vater hat einen guten Jungen aus dir gemacht, Ilfa. Er war ein sehr vorsichtiger Mann…«
    Sie starrte ihn an. Verwirrt nahm er den Unglauben in ihrem Gesicht wahr.
    »Du denkst, ich bin ein… ein… Mädchen?« fragte sie heftig.
    Seine Verwirrung wuchs. »Und ob du das bist! Weißt du es nicht…?«
    »Ich weiß, was ich bin!« erwiderte sie wütend. »Vater sagte, daß ich ein Mann bin! Weshalb sollte er lügen?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht, um dich zu schützen. Du hast zu kämpfen gelernt wie ein Mann. Du weißt dich zu wehren…«
    »Schützen? Vor wem?«
    »Ich nehme an, vor den Männern…«
    »Vor den Männern?« entfuhr es ihr. »Damit ich eine Jungfrau bleibe?«
    Mythor ließ hilflos die Schultern sinken. »Warum regst du dich so auf? Was gefällt dir nicht daran…?« Seine abschätzenden Blicke und seine veränderte Haltung weckten solchen Grimm in ihr, daß sie mit dem Fuß aufstampfte und rief: »Ich bin, was ich immer gewesen bin. Und das ist ein Mann!«
    Damit stieß sie wütend die Kleider beiseite und sprang in die Fluten. Mythor sah ihr nach und versuchte, Ordnung in seine aufgewühlten Gedanken zu bringen. Er ging zum Feuer zurück. Er sah sich wachsam um, entdeckte aber nichts Verdächtiges. Dann kehrten seine Blicke zu Ilfa zurück, die tropfnaß aus dem Wasser kam, und er wurde sich der Tatsache bewußt, daß sie ihm gefiel.
    Sie bückte sich, nicht ohne Anmut, wie er feststellte, zog ihr Schwert blank, kam auf ihn zu und hielt ihm die Klinge an die Kehle. Ihre Stimme zitterte vor unterdrückter Erregung.
    »Ich nehme an, daß du dich für einen Mann hältst?«
    »Allerdings!«
    »Und du bist anders als ich?«
    »Der Unterschied könnte nicht größer sein.«
    Sie nickte zu sich und deutete auffordernd mit der Klinge. »Ich will es sehen!«
    »Hast du deinen Vater nie ohne Kleider gesehen?«
    »Niemals.«
    »Du meinst, er hat nie sein Hemd ausgezogen?«
    »Manchmal.«
    »Und dir fiel kein Unterschied auf?« fragte Mythor ungläubig.
    »Zieh dich aus«, verlangte sie ungeduldig.
    Er kam ihrem Wunsch nach und fühlte sich nicht so unbefangen wie sie.
    Sie betrachtete ihn eingehend und nickte. »Wir sind verschieden.« Ihrem Blick war nicht zu entnehmen, was sie dachte. »Du hast keine Erinnerungen. Woher willst du wissen, daß du ein Mann bist?«
    Er starrte sie verblüfft an. »Das zu wissen, hat wohl nichts mit Erinnerungen zu tun. Ich weiß auch, daß ich essen muß, ich weiß mit dem Schwert umzugehen. Ich weiß eben, daß ich ein Mann bin, so wie ich weiß, wie eine Frau aussieht. Es ist das Natürlichste der Welt…«
    »Weshalb weiß ich es dann nicht, wenn es so natürlich ist?«
    »Weil du getäuscht worden bist. Aus gutem Grund. In einer rauhen Welt wie dieser muß ein junges Mädchen wohlbehütet aufwachsen, oder wehrhaft wie ein Mann. Sei deinem Vater dankbar, daß er über seinen Tod hinaus dachte, und daß du stark und selbständig geworden bist.«
    »Es ist nicht leicht…« Sie senkte ihre Klinge.
    »Weshalb? Es hat sich nichts geändert. Du bist kein anderer Mensch als zuvor, nur daß man dich anders nennt.«
    Sie dachte eine Weile nach, mit gerunzelter Stirn und gesenkten Augen, und Mythor bemerkte verwundert, daß sie plötzlich sehr mädchenhaft aussah und daß ihm gefiel, was er sah.
    »Ich bin eine Jungfrau, nicht wahr?« fragte sie leise.
    »Es spricht alles dafür.«
    »Yorne hat es wohl erkannt.«
    »Es gibt wenig, das Hexen nicht wissen.«
    Nach einer kurzen Pause. »Ich sehe dich jetzt mit anderen Augen…«
    Mythor lächelte. »Ich dich
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