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Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Daniel Dersch
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Für mich sieht es aus wie ein durch Stress bedingter Nervenzusammenbruch. Das ist auch der Grund, warum ich einen stationären Aufenthalt derzeit für angemessen halte. “
    „Glauben Sie denn , Amanda würde sich etwas antun?“, fragte Claire. Das Bild ihrer Schwester hatte sich auf ihrer Netzhaut eingebrannt. Immer wenn sie die Augen s chloss, konnte sie Amanda sehen. Sie konnte sehen, wie Amanda sie mit wirrem Blick anstarrte , während sie an den Fesseln zerrte, mit den en sie am Bett fixiert war . Ihre Stimme geisterte immer noch durch Claires Gehirnwindungen, wie durch einen verwunschenen Irrgarten:
    Bitte Claire, hol mich hier raus. Ich bin hier nicht sicher! ER wird mich finden! Oh mein Gott, er wird mich finden!
    „Ich glaube nicht, dass Amanda derzeit akut selbstmordgefährdet ist “, fuhr Dr. Harris fort , „ a llerdings hat mich die Erfahrung mit solchen Patienten gelehrt, vorsichtig zu sein. Sie haben selbst erlebt, wie schnell die Stimmung I hrer Schwester zwischen Angstphantasien und Normalität wechselt. Deswegen habe ich mich entschieden, sie vorläufig am Bett zu fixieren. Ich versichere Ihnen, dass es sich dabei nur um eine vorübergehende Maßnahme handelt. Sie wird nur so lange fortdauern, bis wir mit der gezielten Medikation beginnen.“
    Dr. Harris ‘ Worte verschafften Claire keine Linderung. Seitdem sie die Nachricht von Amandas Einli eferung erhalten hatte, konnte sie keinen klaren Gedanken mehr fassen. Stattdessen schwirrten Vorwürfe durch ihren Verstand, wie buntes Laub in einem Herbststurm.
    Obwohl sie seit über einem Monat nichts von Amanda gehört hatte, war es der Instinkt der großen Schwester, der ihr einredete, dass sie für ihren Zustand verantwortlich war. Sie und nur sie allein!
    Es war fast genau wie damals, als Amanda als D reijährige von der Wippe auf dem Spielplatz gefallen war und sich den Arm gebrochen hatte. Claire kam es in diesem Augenblick beinahe so vor, als könnte sie wieder die aufgebrachte Stimme ihres Vaters hören, der ihr damals die Schuld an Amandas Unfall gegeben hatte:
    Du bist schuld, dass das passiert ist. Niemand sonst! Du bist ihre ältere Schwester und du warst dazu verpflichtet auf sie aufzupassen!
    Die se scharfen Worte hatten tiefe Wunden in die Psyche eines zehn jährigen Mädchens geschlagen , wie in die Rinde eines jungen Baumes. In diesem Augenblick merkte Claire, dass sie sich auch nach fast zwanzig Jahren noch nicht davon erholt hatte. Die Erinnerung an den Unfall umschloss noch immer ihr Herz, wie eine eiserne Faust und es dauerte einen Augenblick, bis sie sich davon erholte.
    Sie atmete tief durch und stellte sich dann wieder der Realität, die ihr immer mehr vorzukommen schien, wie ein verworrener Traum.
    „Wird Mandy wieder normal ?“, fragte Claire und wunderte sich im gleichen Augenblick darüber, wie kalt diese Frage in den Ohren von Dr. Harris klingen musste.
    Der Arzt nahm die Brille ab und legte sie auf die Tischplatte. Dann rieb er sich den feuerroten Abdruck, den der Nasenbügel in seinem Gesicht hinterlassen hatte.
    „Ich will ehrlich sein“, sagte er und schaute Claire tief in die Augen, „wenn es sich um einen stressbedingten Nervenzusammenbruch handelt, dann sind die Heilungschancen mindestens so gut, wie bei einer leichten Erkältung. Falls Ihre Schwester jedoch weiterhin derart psychotische Symptome zeigt, dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine schizoide Störung handelt . D ie se würde natürlich eine gänzlich andere Therapie erfordern .“
    „Sie meinen Schizophrenie?“
    „Ja. Die nervliche Angespanntheit und das seelische Durcheinander ihrer Schwester sind in vielerlei Hinsicht typisch für einen Nervenzusammenbruch. Beide Symptome können wir mithilfe von Medikamenten und einer Entspannungstherapie problemlos behandeln.“
    Dr. Harris hielt einen Augenblick inne, dann verschränkte er die Arme vor der B rust. Es war eine Abwehrhaltung. Claire kannte sie von all den kritischen Interviews, die sie als Reporterin für die New York News Review geführt hatte. Sie ahnte , dass Dr. Harris gerade im Begriff war, ihr die ganze Wahrheit über den Zustand ihrer Schwester zu erzählen. Während sie überlegte, fuhr Harris fort und riss sie aus ihren Gedanken .
    „Was mir jedoch die größten Sorgen macht, ist die fortgeschrittene Manifestation ihrer Ängste. Psychose hin oder her, ich habe den Eindruck, dass die Erkrankung ihrer Schwester nicht über Nacht gekommen ist. Vielmehr nehme ich an, dass sie
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