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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
Autoren: John Friedmann
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Sizilianer. Dass sie selbst Polin war, tat ihrer Expertise dabei keinen Abbruch. Tja, vielleicht hatte er ja irgendeinen römischen Feldherrn unter seinen Vorfahren oder einen charmanten Mafioso? Das würde auch erklären, warum ihm italienische Anzüge einfach besser standen als jedem anderen. Passten immer wie angegossen.
    Er gab Sandra einen Kuss auf die Wange. »Deswegen zeig ich dir ja jetzt mein Italien, Schatz!«
    Der spritzige Audi TT beschleunigte, und Heiko hatte, wie immer, alles im Griff.
    Weiter hinten auf der Autobahn stellte sich eine ganz andere Frage.
    »Bärlauchpesto und getrocknete Tomaten oder lieber Serranoschinken mit Oliven?«
    Selbstverständlich hatte Carlo am Morgen ein paar unwiderstehliche Tramezzini für sie alle zubereitet. Stolz hielt er sie nun Anna und Elli unter die Nase.
    Anna blickte nur kurz auf die Gourmet-Snacks, dann wieder auf die Straße. »Danke, nein. Aber wie wär’s mit ner Zigarette für mich?«
    Anna rauchte lieber, als zu snacken.
    Elli hingegen freute sich. »Oh, Picknick von meinem Lieblings-Sternekoch! Gibt’s auch Kekse?«
    »Wie Kekse?«
    »Na Kekse! Zum Knabbern.«
    »Ich dachte, so was ist Gift? Unnötige Kohlenhydrate oder so was?«
    »Ach Bruderherz, das war gestern. Ab sofort lass ich mich nicht mehr verrückt machen. Ende der Diskussion!«
    »Das sind ja ganz neue Töne?« Anna war nicht weniger erstaunt als Carlo.
    »Ich ess nur noch, was ich will, basta!«
    Carlo steckte seiner Anna wie gewünscht eine Zigarette in den Mund. »Soso. Auch die böse, böse Pasta?«
    »Von mir aus gerne. Her damit, am besten gleich mit einer satten Soße. Carbonara oder Lachs und Sahne.«
    Carlo war richtig happy. Endlich war Elli vernünftig geworden.
    »Mir gefällt meine neue Schwester viel besser. Ich werd euch Pasta kochen, dass ihr mit den Ohren schlackert.«
    »Ohne mich! Hab eh schon zwei Kilo zu viel.« Anna war da weniger begeistert. Eine Top-Figur war in ihrem Job eine Grundvoraussetzung, und sie war stolz darauf, so gut in Form zu sein.
    »Spatzl!« Carlo versuchte ihr zu schmeicheln, Liebe ginge doch durch den Magen.
    »Zum Glück nicht durch meinen«, entgegnete Anna trocken.
    Elli pflichtete ihr bei. »Glaub mir, Carlo, uns schmeckt es manchmal auch ohne Männer und Liebe.«
    »Aber die Damen! Ich bin doch harmlos. Ich möchte euch doch nur mit meinem Kochlöffel verführen.«
    »Deine eigene Schwester?«, frotzelte Elli.
    Anna ließ derweil den Blick nicht von der Straße und kramte gleichzeitig in ihrer raffiniert geschnittenen Designerhandtasche herum. Das gute Stück, weiß, mit dem richtigen Logo, dezent an der Seite unter das Leder gestickt, so dass es sich nur leicht abzeichnete, anstatt wie bei anderen Prunkstücken einem sofort ins Gesicht zu springen, nahm ihren ganzen Schoß ein und war randvoll gefüllt mit Notizzetteln, Lippenstiften, Kulis, Markern, Timern, Pillen und weiß Gott was noch allem. Aber eines fehlte mal wieder, wie bei jedem Raucher.
    »Hast du bitte Feuer für mich?«, fragte sie Carlo leicht nervös.
    Carlo schluckte den letzten Happen seines zweiten Tramezzini, lächelte, »Klar!«, und drückte feierlich den silbern schimmernden Knopf des Zigarettenanzünders. Das war ihm die größte Freude, dieses satte Klicken des handschmeichlerischen Chromknopfes beim Einrasten. Dieser Wagen hatte einfach noch eine Seele. Das spürte man an jedem Detail. An jedem Knopf, an all den elegant verlaufenden Metallleisten, dem edlen Wurzelholz, dem satten Leder, überall hatte sich vor über vierzig Jahren jemand verewigt. Der Designer und der Ingenieur ebenso wie der mit Sicherheit stolze Arbeiter am Montageband. Das war damals keine seelenlose Massenware, die einfach so vom Band rollte wie heutzutage irgendein Flachbildschirm oder eine Waschmaschine in irgendeinem gerade aufstrebenden asiatischen Land, das kurz davor war, vor lauter hysterischem Wachstum zu explodieren.
    Wie hatte er seinen Vater damals bewundert, als der, so wie ein Kapitän einen Ozeanriesen, den 502er mit ihm und seiner Mutter zu Ausflügen an den Starnberger See oder an den Tegernsee gesteuert hatte. Mit der Würde einer Queen Mary liefen sie ab ihrer großbürgerlichen Wohnung in der Schwabinger Franz-Joseph-Straße vom Stapel. Vor ihnen teilte sich alsbald bereitwillig ein Meer von kleinen unbedeutenden Autos, um seinem Vater und dem BMW den nötigen Respekt zu gebieten.
    Zu dieser Zeit war es für Carlo schier unvorstellbar gewesen, auch einmal so groß wie sein
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