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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn
Autoren: Laura Bickle
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musste sie feststellen, dass sie die Ermittlungsarbeit sogar als befriedigender empfand. Hinter den Kulissen setzte sie das Puzzle aus forensischen und psychologischen Teilen zusammen, das verschiedene Motive für eine Brandstiftung offenlegte: die Vertuschung eines Verbrechens, Versicherungsbetrug, Rache oder ein pathologisches Vergnügen. Das genaue Motiv einer Brandstiftung war immer einzigartig - so einzigartig, wie die Flammen und Rauchschäden eines jeden Brands.
    Durch den Wechsel in die Ermittlungsabteilung hatte sie das Aquarium hinter sich gelassen; nun stand sie draußen und schaute von dort aus zu. Ermittler erfreuten sich regelmäßiger Arbeitszeiten, und nach Feierabend gingen sie nach Hause zu ihren Familien. Unter ihnen war nicht viel von der Kameradschaft zu spüren, die auf den Wachen herrschte. Und je mehr Zeit verging, desto breiter wurde der Graben zwischen Anya und ihren Kollegen.
    Anya ging zur Leitstelle des Einsatzortes. Diese war gut erkennbar an dem Gewirr aus Feuerwehrleuten und Mitarbeitern der Energieversorger, die sich über einige Baupläne beugten. Sie sah einen hünenhaften Mann, der einen Schutzanzug trug und auf ein Klemmbrett kritzelte: Captain Marsh. Er war deutlich größer als die Arbeiter der Versorgungsunternehmen, und an seinem Hals baumelte eine Atemschutzmaske. Der Anzug war ihm an den Ärmeln etwas zu klein. Auf seiner haselnussbraunen Stirn glitzerten Schweißperlen und sein grau meliertes Haar klebte ihm am Kopf. Dort prangte eine Narbe, die er wie ein Ehrenabzeichen trug. Er gab sich nicht die Mühe die Wunde zu verbergen, die er sich vor Jahren zugezogen hatte, als er auf einem Leiterwagen mitgefahren und ein Haus explodiert war. Marsh war ein sachlicher Typ und hielt nichts davon, die Wahrheit zu beschönigen.
    »Captain«, begrüßte sie ihn. »Was haben wir hier?«
    Marsh blickte von seinem Klemmbrett auf. »Kalinczyk. Wir haben ein Lagerhaus, das in mehrere Bereiche aufgeteilt war. Es wurde mit Wänden aus verschiedenem Material gearbeitet, die nicht den Vorschriften entsprechen.« Marsh machte es wütend, wenn sich Leute nicht an Vorschriften hielten und dadurch etwas Schlimmes passierte.
    »Haben Sie schon Kontakt zum Eigentümer aufgenommen?«
    »Den haben wir noch nicht erreicht, also wissen wir auch nicht, was alles drin war. Bisher fanden wir Möbel, Büroausstattungen, Dokumentenarchive und etwas, das aussieht wie ein privater Lagerraum. Wer weiß, was da noch ist? Alles, was wir gefunden haben, war leicht entflammbar und auf engem Raum dicht gepackt.« Marsh blätterte in den Papieren auf seinem Klemmbrett. »Das Feuer wurde um vier Uhr zwanzig von einem Wachmann gemeldet, der bei dem Gebrauchtwagenhändler einen halben Block von hier entfernt arbeitet.« Mit dem Daumen zeigte er auf einen Mann, der auf dem Rücksitz eines Streifenwagens saß. »Das ist er.«
    »Vorbestraft?«
    »Nein. Die Polizei hat ihn überprüft. Nichts.«
    Anyas Blick schweifte zu den Rettungsfahrzeugen, die immer noch am Brandort waren, und zu einem verkohlten Etwas in Form eines Menschen, das halb unter einer Decke versteckt lag. Sie runzelte die Stirn. »Sie sagten, einer unserer Leute sei verletzt worden.«
    »Ja.« Marsh seufzte. »Statt in Sicherheit zu investieren, haben die Eigentümer eine Schaufensterpuppe vor einem Fenster im ersten Stock platziert, damit es so aussieht, als würde hier jemand arbeiten.« Er zeigte auf die bäuchlings am Boden liegende Gestalt. »Die erste Leiterwagengruppe vor Ort hat gedacht, dort wäre eine Person eingeschlossen, und ist durch das Fenster rein, um sie zu retten. Neuman hat Verbrennungen erlitten, als er die Puppe rausgezogen hat. Den Jungen hat's schlimm erwischt.« Marshs Lippen zuckten vor Zorn. Anya wusste, dass er in Teilzeit an der Feuerwehrakademie unterrichtete und die meisten jungen Brandbekämpfer persönlich kannte.
    »Tut mir leid, Captain.«
    »Ja, mir auch.«
    Anya nickte. »Ich mache mich an die Arbeit.«
    Dann wandte sie sich dem einzigen Zeugen zu: dem Wachmann, einen Hispanier Anfang zwanzig mit abstehendem Haar, der immer noch im Wagen saß. Ihr fiel auf, dass er keine Waffe trug und dass seine braun-weiße Uniform so neu war, dass man noch die Bügelfalten erahnen konnte.
    Anya öffnete die Tür und setzte sich neben ihn. »Hi. Ich bin Lieutenant Kalinczyk vom Detroit Fire Department.«
    Der junge Mann schaute sie an. Anya fiel auf, dass er einen Rucksack unter dem Arm hielt. »Bin ich in Schwierigkeiten?«
    Anya
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