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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels
Autoren: Iny Lorentz
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hat recht, Frauke! Thaddäus Sterken wird seiner Tochter schon den Mund verbieten. Immerhin arbeiten Vater und ich für ihn. Bessere Gürtelschneider als uns findet er nicht.«
    Frauke fand Haugs Worte allzu angeberisch. Zwar fertigten ihr Vater und er tatsächlich Gürtel für Sterken an. Doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Kaufherr ihre Familie gegen seine Tochter oder gar den Inquisitor in Schutz nehmen würde. Da ihre Worte jedoch kein Gehör fanden, presste sie die Lippen zusammen und betete im Stillen, dass Gott und der Herr Jesus Christus im Himmel auch weiterhin ihre schützenden Hände über ihre Eltern, ihre Geschwister und sie selbst halten würden.

2.
    I m Dominikanerkloster suchte Jacobus von Gerwardsborn als Erstes die Zimmerflucht auf, die der Prior ihm überlassen hatte. Neben einer Schlafkammer verfügte er über ein privates Speisezimmer sowie einen Raum mit Schreibpult, Tisch und sechs Stühlen, in dem er seinem Sekretär Briefe und Berichte diktieren und Gäste empfangen konnte.
    Nun aber wollte er allein sein und hatte seine Begleiter hinausgeschickt. Er ließ sich auf einen bequemen Stuhl sinken und rieb sich die Schläfen. Nach dem langen Ritt litt er unter Kopfschmerzen, sagte sich aber, dass er dieser Schwäche nicht nachgeben durfte. Immerhin war er das Schwert Gottes auf Erden, die es von Ketzern zu reinigen galt.
    Gelegentlich erschien ihm seine Aufgabe wie eine Herkulesarbeit. So viele Ketzer er auch entdeckte und auf den Scheiterhaufen schickte, es wuchsen ständig mehr nach, und zwar schneller als die Köpfe der Hydra.
    »Ich wollte, die Ketzer hätten alle einen einzigen Leib, auf dass man diesen verbrennen und damit der Häresie ein für alle Mal ein Ende setzen könnte«, murmelte er vor sich hin.
    Unwillkürlich wandten sich seine Gedanken dem jungen Mädchen zu, das von einer Bürgerstochter eine Wiedertäuferin genannt worden war. Hatte dieses unverschämte Ding ihm nicht den ihm zustehenden Knicks verweigert? Das war ein deutliches Zeichen, denn immerhin vertrat er an diesem Ort Seine Heiligkeit Papst Clemens VII. und dieser den heiligen Petrus, der von Jesus Christus selbst zu seinem Stellvertreter ernannt worden war. Wenn er in eine Stadt kam, war es daher fast so, als erschiene Christus selbst, und die Menschen hatten ihre Ehrfurcht vor ihm und Gott zu bezeugen.
    Mit einem Mal sehnte sich Jacobus von Gerwardsborn nach Gesellschaft. Er griff nach einer kleinen silbernen Glocke und läutete heftig. Kurz darauf trat sein Sekretär, Magister Rübsam, ein. Ihm folgte Bruder Cosmas, einer der beiden Mönche, die ihn begleiteten. Zusammen mit seinem Foltermeister Dionys bildeten diese drei seine engere Gefolgschaft. Dazu kamen ein dienender Mönch und mehrere Knechte. Im Grunde hätte es gereicht, mit diesen Männern zu reisen. Da er aber als Vertreter des Oberhaupts der Christenheit auftreten musste, hatte er Magnus Gardner, den Abgesandten des neuen Fürstbischofs von Münster, sowie mehrere Herren mitgenommen, die ihm je nach Bedürfnis als Kuriere, Spione oder einfach nur als Gesprächspartner dienten.
    Da der Inquisitor Lust auf ein Schachspiel hatte, befahl er Bruder Cosmas, die Figuren aufzustellen.
    »Rufe den jungen Gardner! Er ist der Einzige, der richtig Schach spielen kann«, sagte er dann. »Ach ja! Wenn ein Vertreter der Stadt erschienen ist, kann er ebenfalls eintreten. Am Tor haben sich die Herren Bürgermeister und Stadträte sehr rar gemacht. Es sind wohl alles Anhänger dieses verfluchten Luther!«
    Der Tonfall des Inquisitors verhieß nichts Gutes für die saumseligen Räte und die beiden Bürgermeister von Stillenbeck, obwohl diese Männer lediglich zu spät von seiner Ankunft erfahren hatten.
    Der Mönch verließ den Raum, und kurze Zeit später traten zwei Männer ein, ein großer, stattlich wirkender Edelmann um die fünfzig und jener Jüngling, der Frauke am Tor aufgefallen war. Der Ältere verbeugte sich vor dem Inquisitor, warf einen Blick auf das Schachbrett und legte die Hand auf die Schulter des Jungen.
    »Wage ja nicht zu gewinnen, sonst wird die Laune Seiner Exzellenz noch übler, als sie bereits ist«, wisperte er dem Jungen ins Ohr.
    »Ja, Herr Vater!« Lothar Gardner verbeugte sich nun ebenfalls vor dem Inquisitor und nahm auf dessen Anweisung auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz.
    »Wählst du Schwarz oder Weiß?«, fragte Jacobus von Gerwardsborn.
    »Wenn es erlaubt ist, nehme ich die Weißen, Eure Exzellenz.«
    Die Frage war
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