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FKK im Streichelzoo - Roman

FKK im Streichelzoo - Roman

Titel: FKK im Streichelzoo - Roman
Autoren: Bjoern Berenz
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werden.
    Auch er trägt einen Anzug. Jedoch berufsbedingt. Und drei Nummern zu groß. Als einer der Sicherheitsbeauftragten des Flughafens gehört dies zu seiner Uniform. Ebenso die signalgelbe Warnweste.
    »Ihr seid spät dran«, motzt er uns zur Begrüßung an.
    Im nächsten Augenblick gibt das Funkgerät an seinem Gürtel ein knarzendes Geräusch von sich und spuckt eine verzerrtklingende Stimme aus: »Echo sieben, bitte melden. Echo sieben, bitte melden.«
    »Wer ist das?«, frage ich.
    »Ein Kollege, der uns bei der Observierung hilft.«
    »Observierung?«
    Doch anstatt zu antworten, hält er das Funkgerät vor den Mund und sagt: »Hier Echo sieben. Roger.«
    »Das Zielobjekt hat soeben eingecheckt und ist nun auf dem Weg zu Gate … äh, Moment …« Es knarzt wieder in der Leitung. »Gate zwo. Over.«
    »Echo sieben hat verstanden. Over and out.«
    »Roger.«
    »Roger. Roger.«
    Das Funkgerät findet wieder seinen angestammten Platz in der Gürtelschnalle. »Es geht los!« Nils blinzelt mir verschwörerisch zu.
    »Jetzt gibt es kein Zurück mehr, Compagno«, sagt Jean und klopft mir Mut machend auf die Schulter.
    Ich lächele gequält zurück. Mir geht das alles viel zu schnell.
    »Einen spitzenmäßigen Zeitpunkt haben wir uns für die Aktion ausgesucht. Hier herrscht ohnehin schon Ausnahmezustand wegen der FedCon, die heute in Düsseldorf stattfindet«, erklärt Nils. Er deutet auf vereinzelte Grüppchen in eigentümlicher Verkleidung.
    Irritiert schaue ich kurz hinterher. »Sind die Jungs denn schon da?«
    Nils nickt. »Sind bereits auf ihrem Posten. Aber wir haben jetzt keine Zeit zum Reden, wir müssen los«, sagt er und schwingt sich auf einen bereitstehenden Elektrowagen, der in seinem früheren Leben vermutlich seine Bahnen auf dem saftigen Grün eines Golfplatzes hat drehen dürfen. Mit einem Kopfnicken ermutigt er uns zum Aufsteigen.
    Ich nehme neben ihm Platz, Jean hinter uns. Als hätte Nilssein Leben lang nichts anderes getan, fährt er durch das Terminal, umschifft das Kofferwagen vor sich herschiebende Fußvolk und nickt jedem Flughafenbediensteten zu, als würde ihm der Flughafen gehören.
    »Echo sieben, bitte kommen. Echo sieben, bitte kommen. Roger«, kommt es dumpf aus dem Funkgerät.
    »Hier Echo sieben. Was gibt es denn?«
    »Wir haben Sichtkontakt, over! Zielobjekt befindet sich jetzt am Gate. Over and out!«
    »Das ist jetzt nicht so gut«, meint Jean, dessen Kopf sich zwischen uns geschoben hat. »Oder?«
    »Shit! Shit! Shit!«, schreit mein Mitbewohner seine Wut ins Terminal hinaus, was dazu führt, dass die Passanten einen großen Bogen um das mittlerweile Schlangenlinien fahrende Golfcaddy machen.
    Dem kann ich mich nur anschließen. Denn was das bedeutet, weiß ich nur zu gut. Sobald Cassandra mit ihrem Hagen die Kontrolle passiert, ist alles verloren. Ohne gültiges Flugticket werden sie mich nie und nimmer durch das Gate lassen. Daran werden auch Nils’ Beziehungen nichts ändern können.
    »Festhalten«, befiehlt Nils mit einer nie da gewesenen autoritären Stimme, die nach einem handfesten Plan klingt. Eine Stimme, die genau weiß, was zu tun ist.
    Wie der Steuermann auf der Titanic beim Anblick des Eisbergs reißt er das Lenkrad herum und prescht mit gefühlten fünfzehn Stundenkilometern an einem Pfeiler entlang, um einen U-Turn hinzulegen, der Formel-1-tauglich gewesen wäre. »Ich kenne da ’ne Abkürzung«, erklärt er keuchend.
    Die kreischend grelle Caddy-Hupe scheucht Scharen von Menschen vor uns her. Manche geben sogar ihre Trolleys und Reisetaschen auf, um ihre eigene Haut zu retten. Nils hat eine Mission zu erfüllen, und da zählt ein Menschenleben allem Anschein nach nichts.
    Ich schließe die Augen und kralle mich am Sitz fest. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Flughafenpolizei unser Himmelfahrtskommando beenden wird. Vermutlich mit Maschinenpistolengewalt und kläffenden Schäferhunden. Mir ist unerträglich heiß, und ich schwitze.
    Als wir die Sicherheitskontrolle mit quietschenden Reifen erreichen, ziehen wir automatisch alle Blicke auf uns. Wir parken direkt vor einem gelben Absperrband, das von zwei Warnhinweisschildern (»Vorsicht, frisch gebohnert«) fixiert wird. Sofort springt Nils vom Wagen und geht unbeirrt auf den abgesperrten Bereich zu. Seine Hände versinken in der dort stehenden Mülltonne und bringen Mikrofonständer und kleinere Lautsprecher zum Vorschein, die er mit routinierten Handgriffen – als hätte er sein Leben lang
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