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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition)
Autoren: Rhoda Janzen
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wäre es nicht der Rede wert!
    Doch hier ist es wieder, das kosmische Achselzucken, das den Loewens in den Genen liegt. Das Leben gestattet uns nicht den Luxus, unseren eigenen Fragebogen auszufüllen.
     
Ja, ich möchte, dass mein Ehemann mich vor dem Urinbeutel verlässt.
Nein, es wäre mir lieber, wenn er mich nach dem Urinbeutel verlassen würde.
    Wie dem auch sei. In derselben Woche, in der mich mein Mann verließ, fuhr ich nach einer Vorstandssitzung auf einer zweispurigen Landstraße zurück zu dem Haus, das ich mir nicht mehr leisten konnte. Es war neun Uhr abends und es schneite zum ersten Mal in diesem Winter. Die meisten Autofahrer waren extra langsam unterwegs, um dem ersten Schnee den Respekt zu zollen, den er verdiente. Doch plötzlich verlor ein angetrunkener Jugendlicher die Kontrolle über sein Fahrzeug, schlitterte in meine Spur und prallte frontal gegen meinen kleinen VW Käfer. Als seine Scheinwerfer auf mich zukamen, hatte ich gerade noch Zeit laut auszurufen: »Oh Gott, ich sterbe.«
    Ich hörte das Knirschen, und ich erinnere mich, dass es mir zischender und lang gezogener vorkam als die großen Knalle aus dem Kino. Die ganze Kollision dauerte länger, als sie sollte. Allmählich wurde mir bewusst, dass ich die Windschutzscheibe im Mund hatte. Ich fing an zu spucken und saß eine gefühlte Ewigkeit da, während ich mit der Zunge die Glasscherben in meinem Mund betastete.
    Jemand sagte: »Nicht bewegen, Ma’am. Bewegen Sie sich nicht.«
    Schnee rieselte ins Auto. »Ma’am, Sie hatten einen Unfall!«
    Mit ätzendem Spott wollte ich antworten: »Ach nee!« Doch was als schwaches Flüstern aus meinem Mund kam, war: »Nick.«
    »Wer ist Nick?« Ich wurde an irgendetwas festgeschnallt.
    »Mein Mann.« Schnee schmolz in meinen Augen und lief in Rinnsalen über meine Wangen.
    »Ma’am, wir holen Nick, sobald wir Sie ins Krankenhaus gebracht haben.«
    Tja, leider war dies ein Versprechen, das die Sanitäter nicht würden erfüllen können.
    Der Neunzehnjährige, der in mich reingerauscht war, wurde gerade in den Krankenwagen geschoben. Anscheinend hatte der gute Junge den Sanitätern gestanden, dass der Unfall seine Schuld war. Er sah sogar noch zu mir herüber und sagte: »Tut mir leid, Lady«, bevor er das Bewusstsein verlor. Herzzerreißend, das arme Ding! Er war blutüberströmt, und sein Oberkörper lag frei.
    Ich überlebte den Unfall mit verschiedenen Knochenbrüchen und Frankenstein-artigen Prellungen in der Größe meines Kopfes. Zwei Tage lang musste ich zwanghaft spucken. Als die Ärzte mich heimschickten, sah mein Körper so aus, wie er sich anfühlte: Hüften, Schenkel und Brüste leuchteten so stahlblau wie der See. Ich hatte eine Kniescheibenfraktur, doch ich konnte keine Krücken benutzen, weil ich mir außerdem zwei Rippen und das Schlüsselbein gebrochen hatte, also rollte ich mich mit meinem linken Arm auf einem Bürostuhl durchs Haus.
    In den Tagen nach meiner Entlassung hatte ich reichlich Zeit darüber nachzudenken, ob ich es vielleicht unbewusst auf den Unfall angelegt hatte. Curtis, der junge Mann, der in mich reingefahren war, lag immer noch auf der Intensivstation; mit ihm konnte ich nicht über den Unfall sprechen. Und mein erschüttertes Hirn war keine verlässliche Quelle. Die Ärzte sagten mir, ich hätte beim Aufprall das Bewusstsein verloren. Hatte ich Zeit gehabt auszuweichen und es nicht getan? Hatte mein Selbstmitleid Curtis’ Jeep Cherokee auf mich zugelenkt? War ich ein Unglücksmagnet? Nachdenklich schob ich mich im Bürostuhl durchs Haus und roch an den Kerzen, Lotionen und Blumensträußen, mit denen mich meine Freundinnen aus gegebenem Anlass überschüttet hatten. »Tu etwas für DICH, Liebes!«, forderten sie in ihren Karten mit der Inbrunst einer Oprah Winfrey. Und ich gehorchte. Nie in meinem Leben fühlte ich mich so pedikürt/gepeelt/aromatisiert/sitzen gelassen wegen eines Kerls namens Bob.
    Nick war fort. Meine Ehe war zu Ende. Was tat ein dreiundvierzigjähriges Mädchen unter solchen Umständen?
    Ich sage Ihnen, was ich tat. Ich ging nach Hause zu den Mennoniten. Oh, gelegentlich besuchte ich meine Eltern an den Feiertagen in Kalifornien, und ich war auch zur riesigen Ruhestandsfeier meines Vaters vor fünf Jahren eingeflogen. Doch seit fünfundzwanzig Jahren hatte ich in der mennonitischen Gemeinde, in der ich aufgewachsen war, nie wieder längere Zeit am Stück verbracht. Nachdem Nick mit Bob durchgebrannt war, konnte ich mir mein geplantes
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