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Fischland-Rache

Fischland-Rache

Titel: Fischland-Rache
Autoren: Corinna Kastner
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keine karrierefördernden Eigenschaften. Dann war dieser Kunstgutachter in einer Pension in Wustrow ermordet aufgefunden worden, und Dietrich hatte sich dummerweise in die Theorie verbissen, dass die Pensionsbesitzerin Kassandra Voß mit drinhing, was sich bald als fataler Irrtum erwiesen hatte. Im Zuge der Ermittlungen war es zu dem Unfall gekommen, der ihn ein paar Tage ins Koma versetzt und ihm diverse Narben und einen Haufen Schrauben in seinem linken Bein eingebracht hatte. Dabei konnte er von Glück sagen, dass er überhaupt noch lebte. Anfangs hätten die Ärzte nicht darauf gewettet.
    Als Folge dieses Ereignisses hatte die Aufklärung des Mordfalls ausgerechnet bei Kassandra Voß und ihren Freunden gelegen, die zwar keine Polizisten, dafür aber mit gesundem Menschenverstand, guter Kombinationsgabe – und leider auch einer großen Portion Leichtsinn gesegnet gewesen waren. Trotzdem war alles gut ausgegangen, und Dietrich bedauerte noch heute, dass er das Finale zwangsweise verpasst hatte.
    Sozusagen als Ausgleich für das, was ihm widerfahren war, hatte man ihn schließlich doch noch befördert – jedenfalls konnte er sich keinen anderen Grund vorstellen.
    Kriminaloberkommissar mit dreiundvierzig. Reife Leistung. Das und mehr waren die meisten anderen schon sehr viel früher.
    Die Fahrstuhltür glitt auf, und Dietrich trat hinaus auf den Gang, auf dem es von irgendwoher zog. Auf der Straße beeilte er sich, durch den Regen zum Wagen zu kommen, aus dem Tobias Harms gerade ausstieg. Harms, der denselben Rang bekleidete wie er, war vor zwei Monaten von Hannover nach Anklam versetzt und vermutlich von den Kollegen recht gut über ihn informiert worden. Er hatte ihn jedoch nie persönlich gelöchert, obwohl dazu in den vergangenen drei Wochen seit Dietrichs Rückkehr in den Dienst genug Zeit gewesen wäre. Sie arbeiteten heute nicht zum ersten Mal zusammen.
    Â»Morgen, Kay«, grüßte Harms und warf ihm den Autoschlüssel zu. »Fährst du?« Die Frage war rhetorisch, er hastete schon zur Beifahrerseite, und auch Dietrich stieg ein, so schnell sein Bein es ihm erlaubte. Er hatte sich nach dem Unfall bei der ersten Gelegenheit wieder hinters Steuer gesetzt, und es hatte ihm erstaunlicherweise nichts ausgemacht.
    Â»Also«, forderte er Harms auf, der zehn Jahre jünger war als er und ungefähr das Doppelte wog, »was ist da los auf dem Fischland?«
    Harms bedachte ihn mit einem vorsichtigen Blick, der Dietrich auf die Nerven ging. Er konnte nicht behaupten, allzu wild darauf zu sein, das Fischland wiederzusehen, aber er hasste es, mit Glacéhandschuhen angefasst zu werden.
    Â»Brauchst du eine Extraeinladung, oder erzählst du von selbst, was ich wissen muss?«, fragte er.
    Â»Okay, okay, schon gut. Die Kollegen von der Schutzpolizei, die die Fundstelle gesichert haben, sagen, dass ein verstörter Jogger um halb sechs die Notrufzentrale angerufen hat.« Harms hielt kurz inne. »Werde nie verstehen, wie man freiwillig bei jedem Wetter Sport treiben kann, und das noch vorm Aufstehen. Jedenfalls musste der Typ mal und hat dabei unweit des Steilufers zwischen Wustrow und Ahrenshoop in einem kleinen Waldstück den Toten entdeckt. Offenbar erschossen, zumindest deutet das Loch in seiner Stirn darauf hin, aber natürlich muss noch von der Rechtsmedizin verifiziert werden, ob das de facto die Todesursache war.«
    Dietrich nickte und wiederholte die Frage, die er Geldorf schon gestellt hatte: »Wissen wir, wer der Tote ist?«
    Â»Ein Mann namens Freese. Er hatte …«
    Dietrich verriss das Steuer, der Wagen geriet ins Schlingern.
    Â»Verdammt, Kay!«, brüllte Harms erschrocken, obwohl sie längst wieder sicher auf der Straße fuhren. Was er sonst noch sagte, hörte Dietrich nicht.
    Es war grundsätzlich nicht seine Art, spontan Sympathie für jemanden zu empfinden. Paul Freese war die berühmte Ausnahme von der Regel gewesen, auch wenn er Kassandra Voß bei besagtem Fischland-Fall von Anfang an unterstützt hatte. Letztlich war es Freeses Persönlichkeit und seiner Überzeugungskraft zu verdanken gewesen, dass Dietrich sich entgegen jeder Polizeidienstvorschrift zur Zusammenarbeit mit den beiden entschlossen hatte. Kassandra Voß wiederum hatte sich Freeses Ausstrahlung wohl auch nicht entziehen können. Als die beiden ihn damals im Krankenhaus besuchten – gleich nachdem die
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