Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
Collins-Schwestern gesehen. Ich habe es nicht gelesen, aber ich glaube, es muß sich um mich handeln, meinen Sie nicht auch? Wenn ich zum Dinner noch nicht zurück bin, komme ich wahrscheinlich bald danach, und wenn Sie noch da sind, dürfen Sie mir einen Brandy spendieren. Schließlich kosten diese Zeitungen ehrlich verdientes Geld!

    Für Morse war diese unschuldige Botschaft Balsam auf die Seele. Es war, als habe er auf einer Dinner-Party versucht, die Aufmerksamkeit eines hinreißenden Mädchens auf sich zu lenken, das ihn offensichtlich nicht beachtete, sich dann aber plötzlich vorbeugte und die Lippen in einem mehr als flüchtigen Kuß an seine Wange preßte.
    Merkwürdigerweise jedoch nahm Morse den Hörer vom Telefon neben seinem Bett auf und wählte das Polizeipräsidium in Kidlington, bevor er den Artikel in der Times las.

Kapitel sieben

    Ich bin ein leidenschaftlicher Zeitungsleser. Zeitungen sind für mich die einzige Form von fortlaufender Dichtung

    (Aneurin Bevan im Observer vom 3. April 1960)

    Polizei reicht unheimliche Verse an Literaturkritiker der Times weiter

    Der Literaturkritiker der Times, Mr. Howard Phillipson, ist von der Oxfordshire Police gebeten worden, bei der Lösung eines komplizierten Rate-mal-Rätsels zu helfen. Von der Lösung verspricht man sich einen Hinweis auf die Stelle, wo vielleicht die Leiche einer jungen Frau vergraben worden ist.
    Das Rätsel wurde in Form eines fünfstrophigen Gedichts anonym von einer Person geschickt, die (so vermutet die Polizei) den Schlüssel zu einem Verbrechen hat, das seit zwölf Monaten zu den ungelösten Fällen des Thames Valley Polizeipräsidiums in Kidlington, Oxfordshire, gehört.
    «Es ist ein faszinierendes Gedicht», sagte Mr. Phillipson, «und ich werde versuchen, mich während des Wochenendes ernsthaft damit zu beschäftigen. Nach einem kurzen Überfliegen des Textes halte ich es fast für denkbar, daß die innere Logik des Rätsels es möglich machen müßte, es aus seinem eigenen Kontext heraus zu lösen. Aber man muß abwarten.»
    Nach Angaben von Detective Chief Inspector Harold Johnson vom Thames Valley CID scheint das Gedicht mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auf das Verschwinden einer schwedischen Studentin hinzuweisen, deren Rucksack auf einem Parkplatz an der nach Norden führenden Fahrbahn der A3400 etwa eine Meile südlich von Woodstock im Juli 1991 gefunden wurde.
    Mit Hilfe von Papieren in den Seitentaschen des Rucksacks konnte dessen Besitzerin als Karin Eriksson identifiziert werden, eine Studentin aus Uppsala, die vermutlich per Anhalter von London nach Oxford gefahren war, einen oder zwei Tage in der Universitätsstadt verbrachte — und dann? Wer weiß?
    «Der Fall war von Anfang an vertrackt», gab DCI Johnson zu. «Es wurde nie eine Leiche gefunden, keine verdächtigen Umstände wurden aufgedeckt. Es ist nicht ungewöhnlich, daß Studenten bestohlen werden oder ihre Sachen verlieren. Und es gibt natürlich auch welche, die türmen. Aber wir haben diesen Fall immer als potentiellen Mordfall betrachtet.»
    Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens hatte Miss Erikssons Mutter der Polizei mitgeteilt, daß Karin sie vor etwa einer Woche aus London angerufen und sich munter und unternehmungslustig angehört habe, wenn sie auch etwas knapp bei Kasse gewesen sei. Und die Leiterin der Sekretärinnenschule, auf der Karin Kurse belegt hatte, beschrieb sie als eine . Seit Auffinden des Rucksacks fehlt jede Spur, aber ranghohe Polizeibeamte vertraten gestern abend die Ansicht, daß diese neue Entwicklung ein oder zwei Anhaltspunkte aus der ersten Untersuchung in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten,
    Das ganze Gedicht lautet wie folgt:

    Findet mich, findet das Schwedenkind —
    Taut meine eisige Welt!
    Trocknet das azurblaue Wasser,
    Öffnet mein ewiges Zelt.

    Wer fand, wer fand den schrecklichen Ort?
    O findet mich, findet des Försters Kind!
    Fragt den Bach: Gib doch endlich Wort,
    Die Wahrheit, du kennst sie — den tragischen Mord?

    Fragt den Tiger, fragt die Sonne
    Wohin es geht, warum meine Not
    Bis der Tag vergangen ist,
    Bis die Nacht brennet so rot.

    Thymian sah ich, als ich auf der Pirsch,
    Ein weißes Wesen in einer Falle,
    Keuchend wie ein gejagter Hirsch,
    Noch leckend die blutende Kralle.

    Mit Spuren, die führen wundersam weit,
    Jagt den Grund unter Eurem Fuß!
    Findet mich, findet jetzt Eure Maid,
    Ich küß Euch, wenn wir uns sehn.
    A. Austin (1853 —
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher