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Finns Welt - 01 - Finn released

Finns Welt - 01 - Finn released

Titel: Finns Welt - 01 - Finn released
Autoren: Oliver Uschmann
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ist nichts«, lüge ich.
    »Mir kannst du es doch verraten, Finn«, sagt Lukas. Herr Broich pfeift die nächste Runde an und wir springen, rennen und klettern. Es fällt uns diese Woche unglaublich leicht, über diese paar Kisten, Barren, Matten und Seile zu huschen, denn vorgestern haben wir Bäche, Gleise, Garagendächer und Mauern überwunden. Gestern gab es zu Hause wieder das gute Sonntagsfrühstück, sogar mit Old Amsterdam. Meine Eltern haben einfach so getan, als wäre nichts gewesen. Vielleicht auch, weil Papa sehr hart zu mir war. Zu Lukas’ Sonntagsspiel bin ich danach nicht gegangen, aber es war ohnehin eine Auswärtspartie.
    Als der Unterricht vorbei ist und wir uns schwitzend auflösen, ruft Herr Broich Lukas, Flo und mich zu sich. »Jungs, was ist denn mit euch passiert?«, fragt er.
    »Wieso?«
    »Na, weil ihr plötzlich so wendig seid wie die Kletteraffen. Neulich habt ihr euch am Stufenbarren noch fast den Hals gebrochen und jetzt saust ihr hier rum, als hättet ihr noch nie etwas anderes getan.«
    »Wir haben geübt«, sage ich.
    »Indirekt«, sagt Flo.
    »Wo?«, fragt Herr Broich.
    »Im Wald.«
    Herr Broich nickt und lässt seinen Zeigefinger auf und ab sausen. »Seht ihr, sag ich’s doch. Wir Menschen müssen zu unserem Ursprung zurück. In die Natur. Wisst ihr was? Ich verrate euch jetzt mal was.« Er setzt sich auf eine Holzbank und klopft auf die Fläche, damit wir uns auch hinsetzen. »Ich habe keinen Fernseher. Und einen Computer benutze ich nur hier in der Schule für den Job.« Flo entfährt ein lautes »Oh!«. Es klingt unglaublich bekloppt. Aber er kann nicht anders. Kein Fernseher und kein Computer. So was hat er noch nie gehört, noch nicht mal bei meinem Vater. Herr Broich fährt fort: »Ich mache alles, was ich kann, zu Fuß. Oder höchstens mit dem Rad. Ich esse, wenn ich Hunger habe, und zwar nur Sachen, die man so auch finden oder jagen könnte, wenn man ein Urmensch wäre. Das heißt, es gibt schon Steaks bei mir, aber keine Fertigpizza. Ich schlafe immer ohne Rollo, denn ich stehe auf, wenn die Sonne aufgeht, und ich gehe schlafen, wenn es dunkel wird.«
    Wir hören Herrn Broich fasziniert zu. Was er da von sich preisgibt, ist nicht nur spannend, sondern es beruhigt mich auch. Es gibt also noch Menschen, die bekloppter sind als ich. Das ist schön.
    »Heißt das, dass Sie im Sommer um halb fünf aufstehen und im Winter erst um zehn?«, fragt Flo.
    »Im Hochsommer kann es halb fünf morgens sein, ja. Im Winter erst um zehn geht nur in den Ferien.«
    »Haben Sie das schon gemacht, als Sie Fußballprofi waren?«, fragt Lukas.
    »Da habe ich damit angefangen«, antwortet Herr Broich. »Auch um diesem verrückten Leben entgegenzuwirken, das man als Profi hat. Immer im Hotel oder im Flugzeug. Das macht krank. Früher konnten die Leute auch nicht fliegen.«
    »Früher war es wie bei Herr der Ringe« ,sagt Flo. »Da hat man auf einen Berg am Horizont gezeigt und gesagt: ›Es sind noch drei Tagesmärsche bis zum Ziel!‹«
    »Genau«, sagt Herr Broich, »drei Tagesmärsche, für die ein Auto heute eine halbe Stunde braucht. Wir leben viel zu schnell. Das glaube ich wirklich. Habt ihr mal ein Feuer ohne Feuerzeug gemacht? Oder eine Suppe aus Brennnesseln und Pilzen? Es dauert, aber es gibt kaum was, das mehr Freude macht.«
    »Sie kennen sich aus«, sage ich.
    »Ja, und ich verrate euch noch was, aber ihr müsst es erst mal für euch behalten, ja?«
    Wir nicken gespannt.
    »Ich schreibe gerade ein Buch darüber. Es soll heißen: Zurück nach vorn – Leben wie in der Steinzeit. «
    »Bücher gab es aber in der Steinzeit nicht«, wirft Lukas ein.
    »Nein«, lacht Herr Broich. »Aber ich möchte es dafür auch ganz alleine machen. Also ohne Verlag und so. Einfach drucken und persönlich verkaufen.«
    Meine Ohren werden so spitz wie die von Mr. Spock. Lukas sagt, was ich denke: »Eine gute Idee, Herr Broich. Ich wüsste da auch schon eine Druckerei!«
     
    Nach der Schule stürme ich aufgeregt ins Haus. Meine Mutter macht einen Auflauf in der Küche. Es riecht nach Zwiebeln, Spinat und Käse, der im Ofen knusprig wird. Im Flur steht ein Berg neuer Produkte, über die sie schreiben muss. Mit tiefen Furchen auf der Stirn wälzt Papa Papiere.
    »Papa!«, rufe ich lautstark. »Ich habe fantastische Neuigkeiten!«
    Mein Vater sieht mich an, eine Hand am Locher. »Was denn für Neuigkeiten?«
    »Für dich und die Druckerei!«
    »Ach, Finn«, seufzt er.
    »Mein Sportlehrer schreibt gerade ein
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