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Feuertochter: Roman (German Edition)

Feuertochter: Roman (German Edition)

Titel: Feuertochter: Roman (German Edition)
Autoren: Iny Lorentz
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erklärte Eibhlín Ní Corra Saraid am Ende des Gangs und gebot ihr zu warten, während sie die Ausfallpforte öffnete und hinausblickte.
    »Es ist niemand zu sehen«, sagte sie leise und schlich hinaus. Von der Burg her erklangen immer noch Waffenlärm und wilde Schreie. Die Krieger der Ui’Corra wehrten sich bis zum Äußersten, um der Frau ihres Anführers, deren Tochter und den übrigen Frauen die Flucht zu ermöglichen.
    Obwohl Eibhlín Ní Corras Herz blutete, dankte sie den Männern für diesen letzten Dienst. Für sie und ihre Schutzbefohlenen hieß es nun, schnell zu sein.
    »Lauft!«, befahl sie. »Wir müssen das Moor erreichen, bevor uns Verfolger im Nacken sitzen. Nur dort können wir ihnen entkommen.«
    »Was ist mit den anderen?«, fragte Saraids Mutter besorgt.
    »Wer bis jetzt noch nicht aufgewacht ist, ist entweder taub oder tot«, antwortete Eibhlín Ní Corra schroff. »Alle werden nun wissen, dass wir verraten worden sind und fliehen müssen. Zudem kennt jeder den Platz, an dem wir uns sammeln wollen. Wir werden unsere Clanangehörigen entweder dort treffen oder beweinen.«
    »Und wo sollen wir hingehen?«, fragte eine Magd, deren vorgewölbter Bauch auf ihre baldige Niederkunft hinwies.
    »Uns bleibt vorerst nur ein Weg, nämlich der nach Tir Chonaill. Dort steht ein Wehrturm, der von alters her meiner Sippe gehört. Er liegt so verborgen, dass ihn weder die verräterischen Ui’Néill noch der dreimal verfluchte Richard Haresgill finden werden. Ich werde meinem Gemahl Botschaft nach Frankreich schicken, damit er mit Oisin und den anderen Kriegern zurückkehrt. Dann wird die gerechte Strafe unsere Feinde ereilen!«
    Eibhlín Ní Corra klang so überzeugt, dass Saraid und die meisten Frauen ihr uneingeschränkt Glauben schenkten. Nur wenige begriffen, dass die Macht des eigenen Clans niemals ausreichen würde, sich ohne Unterstützer sowohl gegen die mächtigen Ui’Néill wie auch gegen dessen englische Verbündete zu behaupten. Zu dieser Stunde ging es allein darum, das eigene Leben zu retten, und das würde ihnen schwer genug fallen.
    Nach wenigen hundert Schritten stießen sie auf die ersten Clanangehörigen, die ihr Dorf in der Nähe der Burg fluchtartig verlassen hatten. Jeder Mann und jede Frau schleppte so viel, wie sie tragen konnten. Unter ihnen waren mehrere Jungen, die anstelle von Spielzeugwaffen echte Schwerter in Händen hielten und ihren Mienen nach gewillt waren, sich und die anderen gegen jeden Feind zu verteidigen.
    Saraids Vettern Aithil und Buirre gesellten sich sofort zur Frau des Clanführers.
    »Wie konnte das geschehen?«, fragte Aithil.
    »Die Ui’Néill haben uns an Richard Haresgill verraten. Möge Gott es ihnen heimzahlen!«, antwortete Eibhlín Ní Corra mit hasserfüllter Stimme. Sie musterte die kleine Gruppe. »Bewegt euch! Der Kampflärm verebbt, bald werden uns die Ui’Néill und die Männer dieses englischen Bluthunds im Nacken sitzen.«
    »Wir sollten die Fackeln löschen«, schlug Saraids Mutter vor, doch Eibhlín schüttelte den Kopf.
    »Dann kommen wir in der Dunkelheit nicht rasch genug voran. Uns rettet nur das Moor, denn wir sind die Einzigen, die die Wege hindurch kennen. Bis die Verfolger es umgangen haben, sind wir über alle Berge.«
    Es waren die letzten Worte, die in der nächsten Stunde zwischen den beiden Frauen fielen. Eibhlín Ní Corra strebte so energisch voran, dass die anderen kaum mithalten konnten. Nach einer Weile blieb die schwangere Magd stehen und schüttelte den Kopf. »Geht ihr allein weiter. Ich kann nicht mehr!«
    »Du kannst!«, fuhr Eibhlín Ní Corra sie an und befahl Aithil, der Frau beizustehen.
    Weitere Ui’Corra kamen aus den Dörfern und schlossen sich dem Flüchtlingszug an. Einige trieben Schafe, andere sogar ein paar Kühe vor sich her. In der Hinsicht konnte Eibhlín zufrieden sein. Sie hatte ihren Leuten unermüdlich erklärt, was geschehen müsse, wenn ein fremder Clan oder gar die Soldaten dieser Engländerin Elisabeth die Burg stürmen würden, und viele hatten sich offenbar daran gehalten.
    Trotzdem machte sie sich Sorgen. Um voranzukommen, brauchten sie die Fackeln, und deren Licht konnte der Feind auf etliche hundert Schritt Entfernung sehen.
    »Nur das Moor bietet uns Schutz«, wiederholte sie wie ein Gebet, während sie weiterlief. Kurz wandte sie sich zu ihrer Tochter um und sah deren kindliche Trägerin mit entschlossenen Schritten hinter ihr herstapfen. Ciara hatte die Augen offen, gab aber keinen Laut
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