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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen
Autoren: Jeanine Krock
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vollständig beherrschen, denn sie stellte eine Macht für sich dar.
    Doch obwohl es keine Anzeichen dafür gab, hatte er sofort das Gefühl gehabt, in diesem Fall könnte mehr dahinterstecken. Ein Gefühl, das ihn offenbar nicht trog. Anderenfalls hätte man nicht auch im Diesseits Auswirkungen spüren können, selbst wenn sie noch so unauffällig daherkamen.
    Mit grimmiger Zufriedenheit beobachtete er, wie die übrig gebliebene Glut der Sonne im Meer zerschmolz. Erfolg war auch immer eine Sache des richtigen Timings. Loszuschlagen, wenn sich der Gegner schon am Ziel wähnte, gehörte zu seinen Spezialitäten, und der Spieler in ihm liebte es, bis zum letzten Augenblick verdeckt zu agieren.
    Als sich mit der Dunkelheit ein kühler Wind erhob, zog er die Lackschachtel aus der Tasche und öffnete sie. Wie vermutet befand sich im Inneren eine weitaus erotischere Malerei, als die äußere Verzierung vermuten ließ. Sie passte gut in seine Sammlung. Zufrieden schloss er den Deckel und verzog das Gesicht. Die Erinnerung an das feenhafte Wesen, dem er die erlesene Beute abgenommen hatte, hätte er gern mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseitegewischt. Vergeblich versuchte er, sich an ihre Augen zu erinnern, bis ihm einfiel, dass sie eine Sonnenbrille getragen hatte. In dem dunklen Laden nicht ganz ohne Exzentrik. Irgendetwas Unerklärliches reizte ihn an der Kleinen. Vielleicht sollte er ihr einen nächtlichen Besuch abstatten?
    Wenn er sich recht erinnerte, war ihre Figur reizvoll genug, um sogar den Anforderungen eines Connaisseurs wie ihm zu genügen. Sie hatte sich unerwartet spröde gezeigt und ihren wertvollen Fund nur widerwillig aufgegeben. Frauen, die über ausreichend Entschlossenheit verfügten, um dem leichtfertigen Charme eines geborenen Verführers zu widerstehen, gehörten seit Anbeginn der Zeit zu seinen Schwächen.
    Mit geschlossenen Augen berührte er den Deckel der Schatulle und versuchte, die Spur zu finden, die ihre schlanken Finger darauf hinterlassen hatten. Nichts.
    »Bemerkenswert!« Seine Fingerspitzen prickelten, doch es gab keinerlei Hinweise auf ihre Identität. Jedes Lebewesen, sogar die vermeintlich untoten Vampire, besaßen eine individuelle Signatur. Sobald diese fehlte, war garantiert Magie im Spiel. Bei ihrer flüchtigen Begegnung in Ivycombe hatte er nichts davon bemerkt. In einer solchen Situation gab es keine Alternative: Lucian musste der Sache nachgehen.
    Behutsam öffnete er ein magisches Fenster der Erinnerung. Was war geschehen? Rote Haare leuchteten in der Dunkelheit. Sie hatte ihn nicht kommen hören, was für eine Sterbliche nicht weiter überraschend gewesen wäre. Für jemanden, der seine Identität so meisterhaft zu verbergen wusste, allerdings schon. Florence. Der Name ihrer Freundin, die sie an seiner Stelle zu sehen erwartete.
    »Aha!« Magische Funken, so winzig und schwach, dass er sie übersehen hatte, waren geflogen. Nur sein Unterbewusstsein hatte wie immer zuverlässig funktioniert und die hauchzarte Energie wahrgenommen, die diese irritierende Antiquitätenliebhaberin umgab.
    Sie hatte sich ihm entzogen, war am Ende regelrecht geflohen. Nicht verwunderlich – sensible Menschen spürten seine dunkle Seite.
    Ein Lächeln schlich sich in seine Mundwinkel. Lucian liebte Rätsel dieser Art, und merkwürdigerweise hoffte er, dass diese Begegnung nichts mit seiner derzeitigen Mission zu tun hatte. Es wäre schade um sie.
    Wie auch immer, ihm blieb nichts anderes übrig, als dem Antiquitätenhändler in Ivycombe morgen einen zweiten Besuch abzustatten, wollte er die Spur dieser aparten Schönheit wieder aufnehmen.
    Ah, die Versuchung . Sie hatte sich schon so oft als seine beste Gefährtin und gleichzeitig gefährlichste Verbündete erwiesen.

3
    T räume sind überbewertet. Das galt vor allem für jene, die einen in der ersten Nacht in einem neuen Zuhause heimsuchten. Von Flitterwochen auf der italienischen Insel Volcano hatte Mila geträumt, von einem nächtlichen Ausflug auf den Kraterrand des Stromboli, dem Fauchen windgetriebener Glut und von rot glühenden Lavafontänen. Und immer an ihrer Seite ein dunkler Schatten, halb Erretter halb Verführer. Von wegen prophetisch! Alles Humbug.
    So leise wie möglich schlug sie die Bettdecke zurück und warf einen Blick auf Florence. Die Freundin lag eingerollt wie ein kleines Kätzchen in dem riesigen Bett, ihr Atem ging unüberhörbar regelmäßig.
    Der Morgen gehörte Mila ganz allein. Sofort hob sich ihre Laune. Die
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