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Feuerherz

Feuerherz

Titel: Feuerherz
Autoren: Jennifer Wolf
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das Beste an ihm waren seine Augen. Warme, haselnussbraune Augen. Leider war er vergeben und sprach nie auch nur ein Wort mit mir.
    »ICH FAHRE OHNE DICH!«, drohte Carmen von unten. Das würde sie sich eh nicht trauen, aber ich wollte sie auch nicht auf die Probe stellen, also sprühte ich mir schnell etwas CK One Summer in die Haare (da hält Parfum am besten!) und rannte die Treppe herunter. In der Hand hielt ich mein Smartphone und tippte eine SMS an Leon, dass er mir bitte mein Mathebuch mitbringen sollte. Stiefmama erwartete mich unten schon in einem knallengen schwarzen Overall aus Chiffon. Gruselig, wo hatte sie den denn gefunden?
    »Wegen dir komme ich zu spät ins Atelier!« Carmen war Künstlerin. Sie machte Figuren von dicken Frauen, also so Steinzeugs. Ganz nach ihrem Ebenbild. Sie wollte damit das Figurbewusstsein der Frau stärken. Mut zum Dicksein und so weiter. Aber zu Hause hockte sie dann auf dem Heimtrainer und knabberte Möhren, statt mit ihrer neuen Familie zu essen. Mein Vater schien schon immer ein Gespür für Frauen mit ausgefallenen Berufen zu haben. Meine leibliche Mutter – ich hatte sie nicht sehr gut gekannt, da sie immer unterwegs gewesen war – war Archäologin gewesen. Wenn sie mal daheim gewesen war, hatte sie immer in Büchern über alte Waffen geblättert. Ihr Fachgebiet.
    »Wir können!«, teilte ich Carmen mit, nachdem ich Leons SMS-Antwort gelesen hatte. Mein Mathebuch war tatsächlich noch bei ihm.
    »Das wurde ja auch Zeit.« Prinzessin, Stiefmonsters schwarzer Pudel, kläffte hektisch, weil er wusste, dass er nun Auto fahren durfte. Ich nahm ihn auf den Arm und trug ihn zu dem alten Käfer. Das war das einzig richtig Coole an Carmen. Ihr alter grüner Käfer. Ob ich ihn jemals würde fahren dürfen? Ich vermutete, dass meine Chancen recht schlecht standen, weil sie ihn mehr pflegte als sich selbst (was etwas heißen will, denn Carmen wäre nicht mal die Zeitung aus dem Briefkasten holen gegangen, ohne perfekt geschminkt zu sein).
    Kurze Zeit später fuhren wir knatternd vor der Schule vor und ich schob Prinzessin nach hinten auf die Rückbank.
    »Viel Spaß, Elisabeth«, wünschte mir meine Stiefmutter.
    Ich schnappte mir meine Tasche, wich gekonnt ihrem Versuch aus, mir ihren Lippenstiftmund auf die Wange zu drücken, erinnerte sie zum zehntausendsten Mal daran, dass ich Lissy hieß und stieg aus.
    Erste Stunde: Spanisch. Mein Herzschlag verdoppelte sich.
    Jedes Mal wenn ich Ilian sah oder auch nur an ihn dachte, begann mein Herz zu rasen und meine Handflächen wurden schweißnass. Allein der Gedanke, ihm im Schulflur über den Weg laufen zu können, ließ mich selbst die furchtbarsten Tage überstehen. Die Vorstellung, er könne jeden Moment um die Ecke biegen, pumpte meinen Körper voll mit Glückshormonen und wenn es dann wirklich passierte, war es magisch. Natürlich sah er mich nie an, aber alleine seine Nähe machte mich für wenige Sekunden unheimlich glücklich. Ich erinnerte mich noch gut an den letzten Sommer, als er eine Woche lang gefehlt hatte. Am zweiten Tag seiner Abwesenheit erfuhr ich, dass er den Rest der Woche krankgeschrieben war, und von da an zogen sich die Schultage ins Unermessliche. Es war ein unglaubliches Gefühl gewesen, ihn am darauffolgenden Montag mit Gipsarm wiederzusehen. Ich bin vor Erleichterung innerlich fast zerflossen. Das Wochenende davor war wirklich kein Zuckerschlecken gewesen. Ich hatte ja nicht gewusst, warum er krankgeschrieben war, und die Sorge, dass er eine weitere Woche würde fehlen können, hatte mich vollkommen zerrissen. Übrigens hatte er noch heute eine kleine, blasse Narbe am Arm. Manchmal, wenn alle um mich herum beschäftigt schienen, starrte ich sie im Spanischunterricht an und fühlte wieder den Knoten in meinem Bauch, den seine Abwesenheit in meinem Magen geschnürt hatte. Fragt mich bitte nicht, wie es mir in den Ferien ging … Das Schlimme war ja, dass ich mit keinem über meine Gefühle für ihn reden konnte. Nicht mal mit Conny. Meine Freunde hätten es einfach nicht verstanden, denn für sie waren er und seine Clique: DER FEIND! Warum? Keine Ahnung, … vielleicht aus Neid? Von so etwas kann sich niemand freisprechen.
    Ich ging durch den großen Torbogen der Schule und überquerte den Schulhof. Verdammt, hier war es viel zu leer. Ein Blick auf meine weiße Armbanduhr verriet mir, dass ich zu spät war.
    »Mist!«, fluchte ich und beschleunigte meinen Gang. Zu spät zu kommen war schon peinlich genug, doch
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