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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition)
Autoren: Liz Gallaga
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Land gibt es keine Sklaven mehr.»
    «Ah, ich verstehe. Du denkst, dass die teuren und eleganten Kleider etwas aus dir machen. Aber du bist immer noch ein Nichts. Du bist nur ein Sklave mit den Allüren eines Herrn.»
    «Bitte, Noah, lass uns fahren. Kümmere dich nicht um ihn», bat ihn Velvet.
    «Nein, Mutter. Warum sollten wir zulassen, dass dieser Mann uns weiter demütigt?», erklärte Noah. «Was glaubt er denn, wer er ist? Wo sind seine Freunde? Seine Familie? Er soll sich doch nur einmal ansehen. Er kann einem leidtun. Nichts weiter als ein einsamer Tyrann ist aus ihm geworden. Alle, die ihn einmal geliebt haben, haben ihn verlassen.»
    Davids Augen funkelten vor Zorn.
    «Verdammter Neger!»
    Aber Noah ließ sich nicht mehr einschüchtern.
    «Sieh ihn dir gut an, Mutter. Er hat niemanden. Wer wird bei seinem Begräbnis weinen? Wo hat sein Stolz ihn hingeführt?»
    «Es ist genug, Noah!», bat ihn seine Mutter. «Vergiss nicht, dass er dein Vater ist.»
    «Das vergesse ich keineswegs. Ich habe es nie vergessen können. Mein ganzes Leben lang habe ich eine freundliche Geste von ihm erwartet, irgendein Zeichen der Anerkennung. Erst jetzt begreife ich, dass ich das nie bekommen werde. Niemals. Ob ich ein reicher Mann bin oder Arzt, er wird mich nicht akzeptieren.»
    «Noah …», sagte seine Mutter sanft.
    «So ist es doch, Vater?», stieß er voller Schmerz aus.
    David antwortete nicht. Aber sein hasserfüllter Blick bestätigte jedes einzelne von Noahs Worten.
    Noah hielt Davids Blick stand. Er ließ sich nicht mehr einschüchtern. Auf einmal fühlte er weder Trauer noch Angst. Endlich hatte dieser Mann die Macht über ihn verloren.
    Noah kehrte ihm den Rücken zu und stieg auf den Kutschbock. Er war frei und hatte die Fesseln seiner Vergangenheit zerrissen. Ihm blieb nur noch die Zukunft. Eine neue, offene Zukunft an der Seite seiner Mutter und seiner Schwestern.
    ***
    Velvet zog zu Noah und Charlotte in die Arch Street. Obwohl sie es nicht erwartet hätte, fiel es ihr schwer, frei zu sein. Noch immer kam es ihr komisch vor, das Haus zu verlassen, ohne vorher um Erlaubnis zu bitten. Auch konnte sie sich nicht daran gewöhnen, dass Charlotte und Hortensia plötzlich Mitglieder ihrer Familie waren, nicht mehr ihre jungen Herrinnen. Sie fühlte sich unwohl bei den gemeinsamen Mahlzeiten oder wenn sie im gleichen Raum saßen. Aber alle schienen sie gern zu haben, und Noahs Anwesenheit machte alles einfacher. Eines Tages ging Charlotte mit ihr einkaufen. Schließlich brauchte die Mutter des besten Chirurgen der Stadt eine angemessene Garderobe. Noch dazu wo Beatriz O’Flanagan in Kürze ein großes Fest geben würde, um das Ende des Krieges und die Heimkehr ihrer Söhne zu feiern. Auch Gaston Lacroix würde aus New Orleans anreisen und sogar den Rest der Familie mitbringen.
    Nachdem sie mehr Kleider in Auftrag gegeben hatten, als Velvet glaubte, je anziehen zu können, kauften sie ein paar Krapfen und aßen sie auf dem Weg nach Hause. Charlotte hörte keine Sekunde auf zu reden. Eigentlich war Velvet an gesellschaftlichem Klatsch über Leute, die sie nicht kannte, nicht interessiert, nun aber nickte sie zu jedem Wort. Sie mochte die Lebendigkeit, mit der Charlotte alles in ihrem Leben anging. Charlotte schwieg einen Moment, biss ein Stück von ihrem Krapfen ab und lächelte Velvet an. Auch Noahs Mutter lächelte. Sie war glücklich.
    ***
    Das Fest bei den O’Flanagans sollte das herausragendste gesellschaftliche Ereignis des Jahres werden. Es wurde bis ins letzte Detail geplant. Die Einladungen mit Goldrand und schönster Schrift waren zwei Wochen vorher verschickt worden. Nur die beste Bostoner Gesellschaft würde kommen.
    Am Abend vor dem Fest wusste Charlotte noch immer nicht, was sie anziehen wollte. Auf dem Fußboden ihres Zimmers war ein Haufen Schuhe verstreut, und auf dem Bett lagen mindestens vier Kleider.
    Sie hielt sich ein Kleid vor den Körper und betrachtete sich prüfend im Spiegel. Obwohl es ihr gut stand, war es nicht spektakulär. Darin könnte sie vielleicht zu den Nachbarn zum Tee gehen, aber nicht auf ein Fest, auf dem die Juwelen der Damen selbst die Mittagssonne überstrahlen würden.
    Charlotte warf ihrem Spiegelbild einen letzten Blick zu und verzog das Gesicht. Dann ließ sie das Kleid auf den Boden fallen und wollte gerade das nächste probieren, als es klopfte.
    «Verdammt!», schimpfte sie ärgerlich, als ihr einfiel, dass Noah und Velvet spazieren gegangen waren. «Ich komme
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