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Fennelly, Tony

Fennelly, Tony

Titel: Fennelly, Tony
Autoren: Mord auf der Klappe
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ihm zu zeigen.“ Rico blickte auf die Leiche, ohne mit der Wimper zu zucken. In den pseudo- kannibalistischen Pornos, die er nach Feierabend privaten Gästen zeigte, hatte er wahrscheinlich Schlimmeres gesehen.
    „Der Mann hatte wirklich was für Menschen übrig, wissen Sie. H. R. erkundigte sich immer nach meiner Mutter. Und als ich ihm erzählte, dass sie sich die Hüfte gebrochen hatte, schickte er ihr Blumen. Ist das nicht nett?“ Rico bekreuzigte sich. „Das muss ein Verrückter gewesen sein, was anderes kann ich mir nicht vorstellen. Einer, der ihn nicht kannte.“
    Officer Duffy tippte auf Washingtons Schulter, kam aber nicht in die Todeszelle hinein. „Der Arzt ist da.“
    „Er kann ihn haben.“
    Der Inspektor trat in den dumpfig stinkenden Flur.
    „Wie habt ihr ihn identifiziert?“
    „Hier, mit seinem Führerschein.“
    Washington hielt ihn an eine 4o-Watt-Birne und betrachtete das Foto unter der Folie. Die hübschen, selbstbewussten Züge dort bildeten einen unheimlichen Kontrast zu dem grotesken Anblick in der Toilettenkabine.
    „Schwer gestorben.“
    „Schwer, Sir?“
    „Ich meine ... Das war ein übler Tod. Loomis war doch ein ziemlich großer Kerl. Gesund und athletisch. Warum hat er den Angreifer nicht abgeschüttelt und ist geflohen?“
    „Das konnte er nicht ... Oh, den Teil haben Sie noch gar nicht gesehen.“ Duffy öffnete die Tür der Nachbarzelle.
    „Sehen Sie selbst.“
    Er deutete auf ein blasses, verschrumpeltes Röhrchen, das etwa in Hüfthöhe an der Wand befestigt war. Das Beweisstück verwirrte Washington zunächst, und er musste mehrere Sekunden lang seine Augen darauf einstellen. Dann dämmerte es ihm, dass dieses zerfetzte Stück Müll Hubert Loomis Penis gewesen war, und es drehte ihm den Magen um. Washington schlug eine Hand über den Mund und taumelte aus der Klozelle , um eine freie Toilette zu suchen. Fast hätte er es geschafft.

ERSTES KAPITEL
    SAMSTAGNACHMITTAG
     
    Ich fühle mich nicht als Teil der schwulen Subkultur von New Orleans. Irgendwann zwischen Herpes und AIDS hörte ich auf, in die Bars und Saunas zu gehen. Seit einiger Zeit scheint es mir auch angebracht, meine Körperkontakte auf einen Partner zu beschränken und ihn wie ein Habicht im Auge zu behalten.
    Natürlich bin ich schwul. Und das ganz und gar nicht verschämt.
    Aber das macht bei Gott nicht meine gesamte Identität aus. Wenn da also eine Hinterzimmertunte mausetot, den Schwanz in einem Klappenloch, aufgefunden wird, dann ist das kein Problem, mit dem ich mich identifizieren könnte.
    Ich heiße Matthew Arthur Sinclair. Matty für meine Freunde. Ich habe und hatte nie einen schwulen Künstlernamen. Während ich dies schreibe, bin ich 37 Jahre alt, aber ich habe noch alle Haare. Und ich halte meinen Körper mithilfe dreier selbstquälerischer Stunden pro Woche auf Nautilus-Geräten in anständiger (wenn nicht sogar überwältigender) Kondition. Im Solarium würde man mich nicht gerade mit Conan, dem Barbaren, verwechseln, aber ich bin das, was man attraktiv nennt. Besonders für Frauen (was manchmal verdammt lästig ist), obwohl ich auch bei Männern ganz gut dastehe. So gut sogar, dass ich selten auf mich selbst angewiesen bin. Mein Laden, New Traditions , hat in den zehn Jahren, die wir im Geschäft sind, jedes Jahr Gewinn abgeworfen. Das verdankt er meinem Geschmack und Scharfsinn. Seit fast zwanzig Jahren gehe ich regelmäßig in alle Konzerte in New Orleans und habe eine Dauerkarte fürs Museum.
    Diese faszinierenden Daten teile ich nur mit, um klarzustellen, dass ich ein Mann von einiger Urteilskraft bin, der nichts für grelle Sensationen übrig hat. Und deshalb war ich höchst ungehalten, als Inspektor Frank Washington von mir erwartete, ich solle mich für seine scheußliche tote Tunte interessieren.
    Robin hätte ihn erst gar nicht in mein Privatbüro lassen sollen.
    Ich hatte dem Jungen lang und breit erklärt, dass wir nicht verpflichtet sind, ohne Durchsuchungsbefehl irgendwelche Beamten hereinzulassen. Aber er lässt sich von Autoritätsfiguren leicht einschüchtern (oder animieren).
    Robin Fearing wohnt bei mir, aber es würde die Sache romantisieren, ihn als meinen Liebhaber zu bezeichnen. Der Begriff „Liebhaber“ unterstellt, dass man Gefühle erlebt und eine Wahl getroffen hat. Was bei uns nicht der Fall ist.
    Es ist erst vier Monate her, dass der Junge auf meiner Schwelle aufkreuzte und erklärte, er brauche einen Job. Meine Putzfrau war mir eine Woche zuvor weggelaufen
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