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Femme Fatales

Femme Fatales

Titel: Femme Fatales
Autoren: David Gray
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während er darauf wartete, dass irgendwo, irgendwann, irgendetwas passierte war der Teil, den sie in den Kriminalfilmen immer übergingen. Nolde wusste weshalb. Es war schlichtweg stinklangweilig.
    Natürlich kam es nicht jeden Tag vor, dass sich Nolde in einen Observationsvan quetschte. Aber das Wild, hinter dem sie her waren, rechtfertigte die Ausnahme von der Regel: Ein Entwicklungsingenieur bei einem großen Softwareunternehmen, der seit geraumer Zeit Spitzentechnologie seiner Firma an einen von deren russischen Konkurrenten verkaufte.
    Noldes Firma war nicht die erste, welche die Geschäftsführung des Technologieunternehmens auf den Fall dieses Ingenieurs ansetzte.
    Aber Nolde war sicher seine Firma würde die letzte sein, die man mit diesem Fall betraute, weil er – anders als seine Vorgänger – nicht vorhatte, den Ingenieur davon kommen zu lassen.
    Da der Mann als eine führende Koryphäe in Kommunikationstechnologie galt, waren Noldes Vorgänger wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass er die Betriebsgeheimnisse auf elektronischem Wege an seine Auftraggeber übermittelte. Man hatte daher Telefone, Computer und Wohnungen des Mannes mal mit Wanzen versehen oder mit Überwachungstrojanern verseucht. Nachdem das nichts fruchtete, tat man dasselbe mit Telefonen, Computern und Appartements von dessen Familie und engen Freunden. Das Ergebnis sah jedes Mal gleich aus: Null.
    Nolde näherte sich dem Fall jedoch von einem anderen Ansatz her. Seine Prämisse bestand darin, dass der Mann, gerade weil er ein solcher Spezialist in seinem Fach war, sich für die Kommunikation mit seinen mysteriösen Auftraggebern eben der altmodischeren Mittel bediente, als Computern und Telefonen.
    Noldes Leute hatten deswegen von Anfang an auf ganz altmodische Observationsmethoden gesetzt.
    Im Laufe der Zeit gelang es anhand der Beobachtungsergebnisse die wahrscheinlichsten Übergabemöglichkeiten auf zwei herunterzureduzieren. Die erste der beiden hatte sich bereits als Schlag ins Wasser erwiesen. Die zweite erschien Nolde allerdings nach wie vor viel versprechend. Er hatte volle dreitausend Euro darauf gewettet, dass Möglichkeit zwei die richtige sei. Deswegen – und weil im Büro sonst weiter nichts anlag, was seine Anwesenheit erfordert hätte – hockte er nun hier zusammen mit zwei seiner Detektive in dem engen blauen Van und starrte durch ein winziges Loch auf den Eingang des Bistros, in dem der Ingenieur gewöhnlich seinen Lunch einzunehmen pflegte.
    Nolde ging davon aus, dass eine der Kellnerinnen dort, vielleicht ja auch der Wirt oder eben einer der Stammgäste den Kontakt des Ingenieurs zu seinen Auftraggebern darstellte. Deswegen saßen Hammer und drei weitere Männer schon seit dem Vormittag in dem Bistro und taten so, als hätten sie dort einen dicken Geschäftsabschluss zu feiern.
    Außerdem hatte ein Team von Nolde Securities letzte Nacht das Bistro mit einer Anzahl von gut verborgenen Kameras und Wanzen versehen, die die Umgebung des Stammplatzes des Ingenieurs überwachten. Und um die ganze Affäre zu beschleunigen, hatte die Geschäftsleitung des Unternehmens dem Mann gestern Abend in Form eines Gutachtens über eine vermeintliche umwälzende Neuentwicklung einen dicken Köder untergeschoben.
    Mittlerweile hielt der Mann sich seit zwanzig Minuten in dem Bistro auf, aber hatte dort bislang noch nichts unternommen, was irgendwie verdächtig gewesen wäre. Und zehn weitere Minuten später sahen Nolde und seine Leute dabei zu, wie er seine Rechnung zahlte und sich aufmachte das Bistro zu verlassen, ohne irgendwem dort interne Betriebsgeheimnisse zugespielt zu haben.
    Der Ingenieur trat auf die Straße und schlenderte sichtlich gut gelaunt in Richtung seines Büros.
    „Scheiße“, flüsterte einer der Männer neben Nolde enttäuscht.
    Da erschien Hammer auf der Straße, bei ihm die drei Detektive, mit denen er den halben Vormittag in dem Bistro seine Komödie von dem dicken Geschäftsabschluss vorgeführt hatte.
    Die vier umringten einen Bettler, der einige Meter vom Eingang des Bistros auf seinem Schlafsack saß. Auf dem Pappschild neben ihm stand in drei Sprachen „Ein paar Cents zu geben ist einfach. Der harte Part ist darum bitten zu müssen …“
    Nolde war das Pappschild zuvor schon aufgefallen, dessen Besitzer aber keinerlei weitere Bedeutung beigemessen.
    Plötzlich verstand er jedoch.
    Dieser Bettler war nicht den ersten Tag hier. Und was war schon unauffälliger als ein Bettler in einer belebten
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