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Felix, der Wirbelwind

Felix, der Wirbelwind

Titel: Felix, der Wirbelwind
Autoren: Joachim Masannek
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zieht euch aus oder ihr werdet euer
    Leben lang denken, dass ihr Feiglinge seid. Leon, das gilt auch für dich!"
    Ich blickte Leon direkt in die Augen und wenn er sich auch vor Angst und Wut die Unterlippe zerbiss, nickte er.
    „Felix hat Recht!"
    Zwei Minuten später standen wir alle auf dem Brückengeländer und starrten in die schwarze Tiefe hinab. Ich konnte die Angst der anderen fühlen und Raban, der neben mir stand, ergriff meine Hand.
    „Alles ist gut", sagte ich.
    „Ja, solange du wild bist!", gab Raban leise, aber entschlossen zurück.
    Dann sprangen wir alle, und jeder mit seinem eigenen Fluch gegen die Angst, in die Tiefe hinab.
    Das Wasser des Kanals schlug über unseren Köpfen zusammen und tauchte alles in Schwarz. Doch Schwarz, das wisst ihr, ist unsere Farbe, und ohne Angst wird man leicht.
    Wir schwebten durch das Wasser wie majestätische Rochen und als wir die Wasseroberfläche durchstießen, schrien wir unser Glück zu den Sternen hinauf.

Der Tag der Entscheidung
    Der nächste Tag begann gelassen und ruhig. Es war Sonntag und der große Tag der Entscheidung, aber trotzdem waren wir kein bisschen nervös. Um neun trafen wir Willi vor dem Holztor zum Bolzplatz. Obwohl wir nichts über die Mutprobe auf der Brücke erzählten, schien er zu wissen, was passiert war. Er sah es an unseren strahlenden Augen.
    „Gut gemacht!", sagte er nur. Dann fuhr er mit seinem Mofa voran und wir folgten ihm auf unseren Rädern.
    In der Säbener Straße betraten wir das Trainingsgelände der Bayern. Es war riesengroß und, weil es Sonntagmorgen war, natürlich verlassen und leer. Anfangs wussten wir gar nicht wohin, doch dann entdeckten wir unseren Gegner.
    Die U9 der Bayern erwartete uns vor der Kabine. Schweigend hockten sie auf ihren Taschen und musterten uns. Sie sagten kein Wort, selbst als wir an ihnen vorbei in unsere Umkleide gingen. Doch ihre Blicke sprachen für sich. Der Artikel in der Zeitung hatte ihren Stolz und ihre Ehre verletzt und sie waren fest entschlossen, das zu korrigieren. Nur Rocce wich unseren Blicken aus und schaute verlegen auf seine Füße.
    In der Kabine war es mucksmäuschenstill. Man hörte nur das Rascheln der Kleider, als wir unsere Trikots anzogen, und auch das taten wir so, als wäre es schon tausendmal vorher passiert. Dann rief uns Willi zusammen und gab die Mannschaftsaufstellung bekannt.
    Markus, der Unbezwingbare, ging natürlich ins Tor. Davor stand im Zentrum der Abwehr Juli „Huckleberry" Fort Knox. Links und rechts neben ihm spielten Maxi und Marlon, der Mann mit dem härtesten Schuss auf der Welt und die Nummer 10. Vorn stürmten Fabi, der schnellste Rechtsaußen der Welt, Jojo, der mit der Sonne tanzt, erhielt den Vorzug auf links und Leon kam natürlich als Vollstrecker in ihre Mitte.
    Dann wandte sich Willi an Raban und mich.
    „Habt keine Angst", sagte er. „Heute kommt keiner zu kurz. Sobald Fabi und Jojo die Puste ausgeht, ist die Reihe an euch."
    „Und ich?", fragte Joschka enttäuscht.
    Willi sah ihn überrascht an. Joschka war drei Jahre jünger als wir und zwei Köpfe kleiner. Er hatte gegen die Bayern überhaupt keine Chance. Trotzdem war er zu allem entschlossen. Willi schob die Mütze in seinen Nacken und kratzte sich an der Stirn:
    „Du bist mein Assistent", sagte er, doch dass konnte Joschka nicht trösten. Deshalb fügte Willi schmunzelnd hinzu: „Ja, und wer weiß, vielleicht bist du auch unser Joker."
    „Was ist das, ein Joker?", wollte Joschka jetzt wissen.
    „So was wie die siebte Kavallerie", schmunzelte Willi und damit gab sich Joschka nicht nur zufrieden, sondern er marschierte stolz an unserer Spitze auf das Spielfeld hinaus.
    Dort hatte sich die Welt inzwischen verändert. Das Trainingsgelände der Bayern war längst nicht mehr leer. Alle unsere Eltern waren gekommen. Ja, selbst Jojos Mutter war da und Edgar, der Pinguin. Aber das war noch nicht alles. Markus rieb sich die Augen und bat mich darum, ihn zu kneifen: neben dem Butler stand seine Mutter und neben ihr stand, was für ein Wunder, sein Fußball verachtender Vater.
    „Verflixt!", zischte Markus. „Wenn wir heute verlieren, komme ich an einer Golfprofikarriere nicht mehr vorbei."
    Maxi spürte den Blick seines Vaters. Er stand zwischen all den Sponsoren, den Autoverkäufern, Tankstellenbesitzern und Computerfachleuten, und passte auf sein Geld auf. Das Geld, das wir uns von seiner Bank geliehen und mit dem wir unsere Trikots bezahlt hatten.
    Doch Leon interessierte das nicht.
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