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Feind

Feind

Titel: Feind
Autoren: Robert Corvus
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schwächer wurde. Hinter ihr trat Lióla
heran, einen erfreuten, wenn auch etwas unsicheren Ausdruck auf dem Gesicht.
    Lisanne hatte gesiegt. Sie war zu weit entfernt für seinen rächenden
Arm. Er überlegte, ob er das Schwert schleudern sollte, aber wahrscheinlich
hätte er sie nicht getroffen, und selbst wenn, hätte die Klinge kaum ihren Kopf
abgetrennt. Er mochte ihr eine Schnittwunde zufügen, und die würde sie ein paar
Jahre an ihre Begegnung erinnern, aber dann würde die Macht der
Schattenherzogin sie ausheilen. Lisanne war außerhalb seiner Reichweite.
    Aber Liólas Herz war es nicht. Es zuckte noch immer in der
Goldschale neben ihm. Mit all seinem Willen und seiner letzten Kraft spießte er
das Mondsilberschwert hinein, riss es hoch und hielt das Herz auf der Spitze
der blutroten Klinge Vejatas blauem Licht entgegen.
    Vejata hatte ihn zurück ins Leben geholt, als Winena ihn gerufen
hatte, und jetzt setzte Vejata Liólas unheiliger, dem Willen der Götter
spottenden Existenz ein Ende.
    Bevor ihm schwarz vor Augen wurde, sah Helion das Herz zu einem
unansehnlichen Klumpen zusammenschrumpeln. Liólas Todesschrei begleitete ihn in
die Dunkelheit.

EPILOG

    SEHNSUCHT
    » W as willst du mit ihm machen,
Lisanne?«, fragte SCHATTENKÖNIG ELIEN VITAN , Herr
über Ondrien, Meister aller Osadroi, Wahrer der Unendlichkeit, Wissender der
letzten Geheimnisse, Zerstörer der Schleier, Gebieter der Schatten.
    »Lasst ihn mir, MAJESTÄT . Er hat meine
Baroness zerstört.«
    ELIEN grinste, als sei er ein
Menschenjunge. »Ja, er war nicht schlecht.«
    Lisanne unterdrückte ein Zittern, als ER mit den Krallen über Helions nackten Körper streichelte. In diesem Raum tief
unter dem Palast des Fayékönigs hatte sie einen schwarzen Steinblock gefunden,
dessen dunkler Glanz mit dem reglosen Körper harmonierte.
    »Du hast ihn in Stasis versetzt«, erkannte ELIEN .
»Beeindruckend. Das wird ihn zwischen Leben und Tod halten, bis du entschieden
hast, welche Qualen ihn aus dieser Welt begleiten sollen.«
    Sie presste die Lippen aufeinander und nickte ergeben.
    »Hast du schon in Erwägung gezogen, ihn den Fayé zu geben? Mir
gefällt, was sie mit ihren Bäumen machen.«
    »Ist das ein Befehl, MAJESTÄT ?«
    ER lachte. »Lisanne, ich werde nicht
über dein Spielzeug verfügen. Es ist nur ein Vorschlag.«
    »Ich werde darüber nachdenken.«
    ER trat an sie heran, legte sanft die
flache Hand an ihre Wange, sah ihr tief in die Augen. In den SEINEN erahnte sie eine Unendlichkeit, an der gemessen
die Spanne ihres eigenen Unlebens bedeutungslos erschien. »Tu das. Und dann
schaffe Ordnung in deinem Herzogtum. Mir gefällt nicht, dass die Menschen noch
immer im Besitz der Silberminen sind und sogar noch welche dazugewonnen haben.«
    »Hören heißt gehorchen, MAJESTÄT .«
    Noch immer sah ER sie an.
    Sie wagte nicht, zu blinzeln.
    »Lisanne, diese Erlebnisse haben dich mitgenommen. Das ist
verständlich. Deine Existenz wäre beinahe zu einem Ende gekommen. Ich bin
geduldig, das weißt du. Aber auf Dauer kann ich Schwäche nicht dulden. Du musst
die Ordnung wiederherstellen. Die Osadroi sind in Panik verfallen während der
Ereignisse in Guardaja. Das ist ihre Schuld, nicht deine. Aber du musst sie
büßen lassen. Und dann musst du dafür sorgen, dass die Silberminen in die
Schatten fallen. Dies ist mein Wille.«
    »Ja, MAJESTÄT .«
    ER nickte. Dann zog ER seine Hand fort. »Ich habe hier getan, wozu ich
hergekommen bin. Der Bund mit den Fayé sollte dir dabei helfen, zu erreichen,
was ich dir aufgetragen habe.«
    »Ich danke EUCH , MAJESTÄT .«
    ER nickte. »Ich werde nun nach Orgait
zurückkehren. Es wird interessant sein, zu sehen, welche meiner Höflinge meine
Abwesenheit genutzt haben, um ihre Rivalen aus dem Weg zu räumen.« ER lachte, als ER den
Raum verließ.
    Lisanne trat an den schwarzen Stein heran. Helion war mehr tot als
lebendig, man hätte ihm einen Finger abschneiden können, ohne dass er es
bemerkt hätte. Dennoch sorgte sich Lisanne darum, ob sein Lager ihm zu hart
werden könne. Sie nahm sich vor, ein anderes herrichten zu lassen.
    Sie schloss die Augen und spürte der neu erwachten Verbindung zu ihm
nach. Sie war jetzt so zerbrechlich wie eine Brücke aus Schneekristallen.
Zärtlich, so vorsichtig sie konnte, strich sie darüber, betrachtete das, was
Priester wohl Helions Seele genannt hätten. Sie verstand ihn. So gut, wie sie
seit Jahrhunderten niemanden mehr verstanden hatte.
    In Guardaja, als sie beinahe unter
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