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Feentod

Feentod

Titel: Feentod
Autoren: Juliane Breinl
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alle Songtexte im Geiste durchging, erfasste sie erneut dieses prickelnde Gefühl. Sie musste sich sanft in die Faust beißen, um nicht laut aufzuschreien – so sehr machte sich die Vorfreude auf einmal in ihr breit. In Gedanken stand sie schon auf der großen Freilichtbühne, ließ ihren Blick über das versammelte Publikum schweifen und setzte zum ersten Song an. Noch 19 Stunden und 25 Minuten. Dann ging ihr Traum endlich in Erfüllung.

4.
    N oraya war offensichtlich nicht die Einzige, die aufs Konzert wollte. Am Fuße des Festivalplatzes drängelte sich eine ganze Horde junger Leute, mit riesigen Rucksäcken auf dem Rücken und Isomatten unterm Arm. Noraya zwängte sich mit all ihrem Gepäck durch die Menschenmenge, stellte sich etwas abseits der Haltestelle und legte den Kopf in den Nacken. Sie schaute hinauf zu der Erhöhung, wo die alte Zitadelle über der Stadt thronte. An diesem geschichtsträchtigen Ort, dessen weitläufiges Gelände von einer mächtigen Mauer umschlossen war, hatten einst schon die Römer ihre Zelte aufgeschlagen. Heute fand hier mehr oder weniger mitten in der Stadt und schon seit einigen Jahren dieses einzigartige Festival statt. Von Freitag bis Pfingstmontag campten auf dem teilweise parkähnlichem Gelände junge Leute aus der ganzen Republik und hatten, neben lockerem Dauerfeiern und vielen kulinarischen Angeboten, die Wahl zwischen dem Besuch von Theatervorstellungen, Kabarett, Gespächsforen, Workshops oder Livekonzerten.
    Auf dem Weg den Berg hinauf schnappte Noraya zufällig ein Gespräch zwischen zwei Festivalbesucherinnen auf. Als sie den Namen Engelhauch hörte, blieb sie wie angewurzelt stehen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Nicht schon wieder aufregen!, schwor sie sich ein, als plötzlich eine bekannte Stimme hinter ihr ertönte: »Nora!« Gott sei Dank, Alina war da und legte ihr freundschaftlich den Arm um die Schulter.
    Feierlich deutete sie auf die alte Wehranlage und sagte: »Nora. Von jetzt an wird nur noch gelacht und durchgefeiert. Ohne Sperrstunde und ohne deinen tunesischen Bluthund!« Dann griff sie in ihre beutelartige Handtasche und holte eine kleine Flasche Sekt heraus.
    Â»Die köpfen wir, sobald wir am Zelt sind.«
    Â»Wo ist das ganze Zeug überhaupt?«, wunderte sich Noraya, weil sie sah, dass Alina nur einen kleinen Rucksack und ihre Handtasche dabeihatte.
    Â»Mein Paps bringt alles zum Zeltplatz. Er meinte, dann müssen wir nicht so viel schleppen. Er hat das Zelt auch schon aufgebaut.«
    Â»Super«, freute sich Noraya und wieder einmal wurde ihr schmerzlich bewusst, in welch unterschiedlichen Welten Alina und sie doch lebten. Ihr eigener Vater wäre niemals auf so eine Idee gekommen!
    Alina schnappte sich Norayas Schlafsack und die beiden Mädchen schritten weiter den steilen Fußweg zum Festivalgelände hinauf. Alina lotste Noraya auf direktem Wege zum Zeltplatz. Gleich unterhalb des hohen Walls, auf dem das Festivalgelände war, befand sich eine Grünanlage der Stadt, die für das verlängerte Wochenende zu einem Zeltplatz umfunktioniert worden war.
    Zielstrebig marschierte Alina voran, nachdem sie das Kassenhäuschen des Zeltplatzes passiert hatten. Sie schien genau zu wissen, wo sie ihr Zelt aufschlagen würden. Und tatsächlich. Nicht weit vom Eingang, unter einer großen Kastanie, winkte ihnen Alinas Vater zu. Ein hochgewachsener sportlicher Mann, der auch optisch das genaue Gegenteil von Norayas Vater war. Matthias Jordan war groß und schlank und trug eigentlich immer coole Klamotten, während Eliah Al Ibi mehr rund als groß war und immer in braunen Anzughosen rumlief. Wie immer war er bestens gelaunt und voller Eifer, seiner Tochter jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
    Â»Ich hoffe, euch gefällt das Plätzchen hier?«, fragte er und deutete auf das kleine Dreimannzelt, das schon fix und fertig aufgebaut vor ihm stand und auf seine neuen Bewohnerinnen wartete. »Von hier habt ihr es nicht weit zum seitlichen Festivaleingang.« Dann fiel sein Blick auf Norayas Schaumstoff-Isomatte und eine Sorgenfalte bildete sich auf seiner Stirn. »Willst du darauf etwa drei Nächte schlafen? Soll ich dir nicht auch lieber noch eine Luftmatratze bringen?«
    Â»Das ist ganz lieb von Ihnen. Aber ich kann auf der Matte gut schlafen. Außerdem bleibe ich nur zwei Nächte hier.«
    Â»Ach nö«, maulte Alina und Noraya
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