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FEED - Viruszone

FEED - Viruszone

Titel: FEED - Viruszone
Autoren: Mira Grant
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spürt man, wie die Bewohner einen beobachten und auf eine falsche Bewegung warten.
    Die Wohngebiete der Mittelklasse neigen ebenfalls dazu, sich vollständig abzuschotten, wirken dabei allerdings nicht so offen abweisend: Manchmal werden Fenster offen gelassen, die zu klein oder zu hoch sind, als dass jemand hindurchkönnte, und nicht jede Glastür hat einen Stahlschutz davor. Man hat nach wie vor das Gefühl, dass dort Menschen leben, auch wenn sie einen nicht gerade wärmstens willkommen heißen. Diese Leute bringen einen genauso schnell um wie jeder andere auch, wenn man sich ihnen zu nähern versucht. Aber solange man das bleiben lässt, hat man nichts zu befürchten.
    Der Saal, in dem der Senator seine Rede gehalten hatte, war so weit weg vom Kongresszentrum, dass er sich offiziell außerhalb der Quarantänezone befand. Es herrschte praktisch kein Verkehr auf der Straße, aber andererseits waren die Fenster nicht mit ausfahrbaren Gitterstäben gesichert und die Türen nicht mit Stahlplatten geschützt. Die Geschäfte waren geöffnet, obwohl es keine Kunden gab. Während Steve an den ersten Checkpoint heranfuhr, schaute ich mich um. Ich hasste diese Leute dafür, dass sie einfach ignorieren konnten, was außerhalb ihres Stadtteils geschah. George war tot. Rick und Mahir behaupteten, dass die ganze Welt mit mir trauerte, aber das spielte keine Rolle, solange ihr Mörder – der Mann, den ich zur Rechenschaft ziehen würde – unbehelligt blieb.
    Wenn es dem Wachtposten seltsam vorkam, dass wir über eine Stunde nach der Abriegelung des Kongresszentrums in einem staubigen, verbeulten Geländewagen hier ankamen, dann behielt er es für sich. Unsere Blutproben waren sauber. Das war alles, was ihn in seinem Job zu interessieren hatte, und so winkte er uns durch. Ich biss die Kiefer so fest zusammen, dass ich beinahe Blut schmeckte.
    Beruhig dich , riet mir George. Es ist nicht seine Schuld. Er hat die Nachrichten nicht verfasst.
    »Dann wehe den Schreiberlingen«, brummte ich.
    Steve warf mir einen Blick zu. »Was hast du gesagt?«
    »Nichts.«
    Wir hielten neben einem Pressebus, der zweifellos voller Reporter gewesen war, die jetzt dem Himmel dafür dankten, dass sie zum Zeitpunkt des Ausbruchs einem Haufen wichtiger Politiker zugeteilt gewesen waren und deshalb keine Zeit hatten, rauszugehen und über die Quarantäne zu berichten. Irwins aus der Gegend würden am Zonenrand zusammenströmen und die Leute vom Seuchenschutz dabei filmen, wie sie den Bereich abriegelten und sicherten. Vor nicht allzu langer Zeit wäre ich ebenfalls dabei gewesen, glücklich und zufrieden. Jetzt … jetzt wäre ich glücklich, wenn ich nie wieder einen Ausbruch zu sehen kriegen würde. Irgendwo zwischen Eakly und George ist mir die Leidenschaft dafür abhandengekommen.
    Steve und ich betraten gemeinsam den Fahrstuhl. Ich warf ihm einen Blick zu, als er auf den Stockwerksknopf drückte. »Du hast keinen Presseausweis.«
    »Brauche ich auch nicht«, antwortete er. »Das Zentrum ist unter Quarantäne. Genau genommen bin ich sogar vertraglich dazu verpflichtet, alle Sicherheitssperren zwischen mir und dem Senator zu umgehen.«
    »Schlau«, sagte ich anerkennend.
    »Genau.«
    Der Fahrstuhl öffnete sich und gab den Blick auf eine widerwärtig normal wirkende Gesellschaft frei. Kellner in gestärkten Uniformen liefen mit Tabletts voller Drinks und Häppchen umher. Politiker, ihre Gattinnen und Gatten, Reporter und Angehörige der kalifornischen Elite schlenderten durch den Saal und plauderten über irgendwelchen Scheiß, der völlig unwichtig war, verglichen mit Georges Blut, das an der Wand trocknete. Der einzige wirkliche Unterschied war in ihren Augen zu sehen. Sie wussten von der Quarantäne – die Hälfte dieser Leute wohnten oder arbeiteten im Kongresszentrum oder waren von seinem fortgesetzten wirtschaftlichen Erfolg abhängig – , und sie hatten schreckliche Angst. Aber man muss den Schein wahren, insbesondere, wenn die Stadt wegen eines Ausbruchs finanziellen Einbußen in Millionenhöhe entgegensieht. Also ging die Party weiter.
    »Poe hatte recht«, murmelte ich. Der Mann mit den Bluttestgeräten wartete darauf, dass wir uns bei ihm anmeldeten. Ich steckte meine zunehmend wunde Hand in die Einheit, die er mir hinhielt, und beobachtete, wie die Lichter von Rot auf Gelb und schließlich auf Grün sprangen. Nachdem es mich nicht erwischt hatte, als ich mit Georges Leiche im Wagen eingeschlossen gewesen war, wäre eine Infektion auch
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