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Faust: Der Tragödie erster Teil

Faust: Der Tragödie erster Teil

Titel: Faust: Der Tragödie erster Teil
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Liebeslust,
  Sich an die Welt mit klammernden Organen;
  Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
  Zu den Gefilden hoher Ahnen.
  O gibt es Geister in der Luft,
  Die zwischen Erd und Himmel herrschend weben
  So steiget nieder aus dem goldnen Duft
  Und führt mich weg zu neuem, buntem Leben!
  Ja, wäre nur ein Zaubermantel mein,
  Und trüg er mich in fremde Länder!
  Mir sollt er um die köstlichsten Gewänder,
  Nicht feil um einen Königsmantel sein.
      WAGNER:
  Berufe nicht die wohlbekannte Schar,
  Die strömend sich im Dunstkreis überbreitet,
  Dem Menschen tausendfältige Gefahr,
  Von allen Enden her, bereitet.
  Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn
  Auf dich herbei, mit pfeilgespitzten Zungen;
  Von Morgen ziehn, vertrocknend, sie heran,
  Und nähren sich von deinen Lungen;
  Wenn sie der Mittag aus der Wüste schickt,
  Die Glut auf Glut um deinen Scheitel häufen
  So bringt der West den Schwarm, der erst erquickt,
  Um dich und Feld und Aue zu ersäufen.
  Sie hören gern, zum Schaden froh gewandt,
  Gehorchen gern, weil sie uns gern betrügen;
  Sie stellen wie vom Himmel sich gesandt,
  Und lispeln englisch, wenn sie lügen.
  Doch gehen wir! Ergraut ist schon die Welt,
  Die Luft gekühlt, der Nebel fällt!
  Am Abend schätzt man erst das Haus.-
  Was stehst du so und blickst erstaunt hinaus?
  Was kann dich in der Dämmrung so ergreifen?
      FAUST:
  Siehst du den schwarzen Hund durch Saat und Stoppel streifen?
      WAGNER:
  Ich sah ihn lange schon, nicht wichtig schien er mir.
      FAUST:
  Betracht ihn recht! für was hältst du das Tier?
      WAGNER:
  Für einen Pudel, der auf seine Weise
  Sich auf der Spur des Herren plagt.
      FAUST:
  Bemerkst du, wie in weitem Schneckenkreise
  Er um uns her und immer näher jagt?
  Und irr ich nicht, so zieht ein Feuerstrudel
  Auf seinen Pfaden hinterdrein.
      WAGNER:
  Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel;
  Es mag bei Euch wohl Augentäuschung sein.
      FAUST:
  Mir scheint es, daß er magisch leise Schlingen
  Zu künft'gem Band um unsre Füße zieht.
      WAGNER:
  Ich seh ihn ungewiß und furchtsam uns umspringen,
  Weil er, statt seines Herrn, zwei Unbekannte sieht.
      FAUST:
  Der Kreis wird eng, schon ist er nah!
      WAGNER:
  Du siehst! ein Hund, und kein Gespenst ist da.
  Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch,
  Er wedelt. Alles Hundebrauch.
      FAUST:
  Geselle dich zu uns! Komm hier!
      WAGNER:
  Es ist ein pudelnärrisch Tier.
  Du stehest still, er wartet auf;
  Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf;
  Verliere was, er wird es bringen,
  Nach deinem Stock ins Wasser springen.
      FAUST:
  Du hast wohl recht; ich finde nicht die Spur
  Von einem Geist, und alles ist Dressur.
      WAGNER:
  Dem Hunde, wenn er gut gezogen,
  Wird selbst ein weiser Mann gewogen.
  Ja, deine Gunst verdient er ganz und gar,
  Er, der Studenten trefflicher Skolar.
  (Sie gehen in das Stadttor.)
    Studierzimmer
    Faust mit dem Pudel hereintretend.
      FAUST:
  Verlassen hab ich Feld und Auen,
  Die eine tiefe Nacht bedeckt,
  Mit ahnungsvollem, heil'gem Grauen
  In uns die beßre Seele weckt.
  Entschlafen sind nun wilde Triebe
  Mit jedem ungestümen Tun;
  Es reget sich die Menschenliebe,
  Die Liebe Gottes regt sich nun. Sei ruhig, Pudel! renne nicht hin und
  wider!
  An der Schwelle was schnoperst du hier?
  Lege dich hinter den Ofen nieder,
  Mein bestes Kissen geb ich dir.
  Wie du draußen auf dem bergigen Wege
  Durch Rennen und Springen ergetzt uns hast,
  So nimm nun auch von mir die Pflege,
  Als ein willkommner stiller Gast. Ach wenn in unsrer engen Zelle
  Die Lampe freundlich wieder brennt,
  Dann wird's in unserm Busen helle,
  Im Herzen, das sich selber kennt.
  Vernunft fängt wieder an zu sprechen,
  Und Hoffnung wieder an zu blühn,
  Man sehnt sich nach des Lebens Bächen,
  Ach! nach des Lebens Quelle hin. Knurre nicht, Pudel! Zu den heiligen
  Tönen,
  Die jetzt meine ganze Seel umfassen,
  Will der tierische Laut nicht passen.
  Wir sind gewohnt, daß die Menschen verhöhnen,
  Was sie nicht verstehn,
  Daß sie vor dem Guten und Schönen,
  Das ihnen oft beschwerlich ist, murren;
  Will es der Hund, wie sie, beknurren?
      Aber ach! schon fühl ich, bei dem besten Willen,
  Befriedigung nicht mehr aus
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